Auf den Spuren der Ur-Hattersheimer

Archäologische Grabungen an der Voltastraße haben in der vergangenen Woche begonnen

Auf der Baustelle an der Voltastraße finden aktuell bis voraussichtlich Mai archäologische Ausgrabungen statt.

Am Montag, 10. Januar ging es los: Im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens Nr. N100 „Vordere Voltastraße“ begannen die archäologischen Grabungen an der Voltastraße, die Stand jetzt voraussichtlich bis Mai andauern werden - je nach "Fundglück" der Archäologen können die Ausgrabungen jedoch auch darüber hinaus verlängert werden.

Im Vorfeld zur baulichen Erschließung wurden auf dem Areal an der Voltastraße eine geophysikalische Prospektion durchgeführt, bei der interessante Anomalien zu Tage traten. Diese Untersuchungsergebnisse legen nahe, dass sich an dieser Stelle möglicherweise archäologisch relevante Fundstücke verbergen könnten.

So kam es, dass das Landesamt für Denkmalpflege archäologische Grabungen und Suchschnitte in den entsprechenden Teilbereichen des Plangebiets anregte. Die seit dem 10. Januar laufenden Grabungen führt das Unternehmen AGDS (Archäologische Grabung und Dokumentation Sarnowski) durch.

Die aktuellen Grabungen sind längst nicht die ersten derartigen archäologischen Vorgänge im Hattersheimer Süden. 1999 wurden am Gärtnertor Teile eines keltischen Friedhofs entdeckt. Im Jahre 2011 führten archäologische Arbeiten auf dem Gelände des Wohngebiets „Schokoladenfabrik“ und vier Jahre später im heutigen Gewerbegebiet "Südlich der Voltastraße" zu weiteren aufschlussreichen Funden aus der Keltenzeit. Der Verdacht liegt nahe, dass man nun auch in der "Vorderen Voltastraße" ähnlich gelagerte Entdeckungen machen wird. Angesichts der baulichen Vorprägung als Gewerbestandort werden jedoch nur an vergleichsweise wenigen Stellen tatsächliche Fundstellen vermutet.

Entdeckungen im Jahre 2011

Schon vor der Bauplanung für das Gelände der "Schokoladenfabrik" vor etwa elf Jahren ließen Begehungsfunde den Schluss zu, dass dort archäologisch bedeutsame Gegenstände vergraben sind. Eine geomagnetische Untersuchung des Areals wies dann endgültig auf die dortige Existenz von Bodendenkmälern hin. So kam es zu umfangreichen Grabungen auf dem Gelände, die vom 18. April bis 4. November 2011 andauerten.

Ein Großteil der damaligen Fundstücke ging aus sogenannten Vorratsgruben hervor, die systematisch von oben nach unten abgetragen wurden. Die ältesten dieser Gruben können dank der dort gefundenen und für diese Zeit typischen Keramik der sogenannten Michelsberger Kultur zugeordnet werden; einer jungsteinzeitlichen Kultur in Mitteleuropa. Diese Funde stammen aus der Zeit zwischen 4400 und 3500 vor Christus und waren besonders bemerkenswert, weil es abseits von Echzell (Wetteraukreis) nur wenige Zeugnisse dieser Kultur in Hessen gibt. Ein besonders kurioser Fund war damals eine Grube, die für eine ungewöhnliche Art der Doppelbestattung genutzt worden war: Die Skelette wurden in "Hockerstellung" freigelegt.

Weitere Fundstücke wie ein Bronzedolch und eine Gewandspange stammen aus der Bronzezeit, also der Ära zwischen 2200 und 800 vor Christus. Auch in dieser Ära wurde das Areal sicher besiedelt.

Kuriose Skelettfunde

Aber vor allem die zahlreichen Funde aus der Keltenzeit auf dem Sarotti-Gelände weckten 2011 die Neugier der Fachleute, wurde doch zuvor bereits ein nahegelegenes Gräberfeld aus dem gleichen historischen Zeitraum entdeckt. Das Vorfinden einer vollständigen eisenzeitlichen Siedlungslandschaft, also bestehend aus einem Gräberfeld und des dazugehörigen Dorfes, entspricht einer archäologischen Sensation.

Als rätselhaft sind die Funde von mit Bronzeringen geschmückten Skeletten in Vorratsgruben - also nicht in Gräbern - zu bezeichnen. Es könnte sich dabei um Zugewanderte gehandelt haben, die nicht am regulären Bestattungsort der dort ansässigen Gemeinschaft beigesetzt werden durften.

Auch von Kelten in der Latènezeit zwischen 800 und 475 vor Christus stammende Silos und Vorratsgruben wurden gefunden, in denen ebenfalls Leichname bestattet worden waren, in einem Fall sogar zwei Erwachsene und ein Kleinkind übereinander.

Ein Highlight der Ausgrabungen von 2011 war zweifellos das Skelett eines jungen erwachsenen Menschen, verziert mit Bronzeschmuck auf dem Schädel. Fragen warf die Position auf, in der das Skelett gefunden wurde: Es lag kopfüber in der Grube - eine würdevolle, sorgfältige Beisetzung sah auch vor vielen Jahrhunderten schon anders aus.

Dass die Ausgrabungsfunde auf dem Sarotti-Gelände einem weiträumigeren Siedlungsgebiet zuzuordnen sind, ist nicht unwahrscheinlich. Fundstücke wie eine zum Trocknen von Getreide genutzte Darre und eine Lehmgrube stärken diesen Verdacht. Der nahegelegene Schwarzbach lieferte sauberes Quellwasser, der Main eignete sich für den Fischfang, der hier vorzufindende Löß-Ackerboden ist fruchtbar. Gute Voraussetzungen also, um sich in einer solchen Gegend niederzulassen.

In der nächsten Ausgabe des Hattersheimer Stadtanzeigers werden wir die Ergebnisse der hiesigen Ausgrabungen ab 2015 noch einmal näher beleuchten.

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