Eddy B. aus E.

Nächtliche Fotoaufnahmen beweisen es: Es gibt wieder einen Biber am Eddersheimer Mainufer.

Das ist er: In der Nacht zum 6. Januar gelang es endlich, ein Bild von dem Biber zu machen, der das Eddersheimer Mainufer seit dem letzten Sommer zu seinem Revier zählt.
(Foto: privat)

 

EDDERSHEIM (ak) – Vermutet hatte man es ja schon seit dem Sommer letzten Jahres: Da waren den Mitgliedern der Interessengemeinschaft (IG) Main-Eddersheim zum ersten Mal die großen Späne am Fuß offensichtlich angenagter Gehölze am Eddersheimer Mainufer aufgefallen. Aber richtig sicher ist man sich erst seit der Nacht zum 6. Januar dieses Jahres: Es gibt einen Biber in Eddersheim. Auf rund dreißig Fotos konnten die nächtlichen Aktivitäten des Bibers am Eddersheimer Ufer dokumentiert werden. „Die sanduhrförmig angenagten Baumstämme, zumeist Weiden, mit ihren hellen, noch nicht oxidierten Nagestellen, deuteten schon eine Weile ziemlich sicher auf einen aktiven Biber hin“, erzählt Urs Höhne von der IG Main-Eddersheim. „Wir haben auch mit dem Kajak vom Fluss aus hier auf der Eddersheimer Seite und auch auf der Vogelinsel diese Spuren an Bäumen, die vom Land aus nicht zu erreichen sind, bemerken können. Aber selbst gesehen hatten wir ihn noch nicht. Als wir letzte Woche wieder frische Nagespuren entdeckt haben, konnten wir ihn dann endlich doch mit einer geräuschlosen Nachtsichtkamera am Eddersheimer Mainufer vom Park aus fotografieren.“

Weitere Artgenossen könnten folgen
Auch Christine Dörr freut sich, dass es nun die ersten Bilder vom Biber am Mainufer gibt. „Das ist offenbar seit sehr langer Zeit der erste Biber, der hier am Untermain wieder gesichtet werden konnte“, erzählt sie. „Und wir haben uns sogar schon einen Namen für ihn ausgedacht: „Eddy B. aus E.“, ergänzt sie lachend. Weil „Biber-Mann“ und „Biber-Frau“ ein Leben lang monogam zusammen bleiben, vermutet sie, dass es sich bei „Eddy“ um einen Jungbiber handelt, der von seinen Eltern (vielleicht aus der Nidda?) „vertrieben“ wurde und nun eine Partnerin nach Eddersheim locken möchte, um eine Familie zu gründen. „Vom Kajak aus konnten wir sehen, dass direkt gegenüber dieser Fraßstelle drüben auf der Vogelinsel auch frische Nagestellen sind. Vielleicht hat der Biber sich ja dort drüben niedergelassen“, vermuten die beiden IG-Mitglieder.

Der europäische Biber (Castor fiber) ist in Deutschland als einheimisches Tier, welches nicht dem Jagdrecht nach dem Bundesjagdgesetz unterliegt, durch die Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt. Biber sind die zweitgrößten lebenden Nagetiere der Erde, sie erreichen eine Kopf-Rumpf-Länge von 80 bis 102 cm und eine Schwanzlänge von bis zu 35 cm. Ihr „platter“, unbehaarter Schwanz unterscheidet sie von der kleineren, ursprünglich aus Südamerika stammenden sogenannten „Biberratte“, der Nutria. Ausgewachsene europäische Biber wiegen zwischen 23 und 30 Kilogramm und sind reine Pflanzenfresser. Sie bevorzugen Kräuter, Sträucher, Wasserpflanzen und Laubbäume wie Espen, Erlen und Pappeln, ernähren sich aber auch von Gräsern und Schilf. Von den von ihnen gefällten Bäumen werden die Zweige, die Astrinde und die Blätter verzehrt. Der Biber ist dämmerungs- und nachtaktiv. Beim Abholzen verwendet er eine „Sanduhrtechnik“, die auch auf den Bildern gut zu erkennen ist. Dabei wird das Holz benagt, bis der Baum fällt. Je nach Härte des Holzes kann ein Biber in einer Nacht einen bis zu 50 Zentimeter dicken Baum fällen. Biber halten keinen Winterschlaf, sondern sind auch im Winter im Wasser und an Land aktiv und auf Nahrungssuche.

Kritik am Umfang der Abholzung
„Eigentlich sollte es dem Biber hier am Eddersheimer Mainufer sehr gut ergehen, schließlich ist – wie wir mittlerweile in den entsprechenden Unterlagen feststellen konnten – das gesamte Mainufer „Untermainschleusen“ parallel zur Eddersheimer Parkanlage ein ausgewiesenes Vogelschutzgebiet und auch ein Landschaftsschutzgebiet. Das Ufergehölz am Mainufer östlich von Eddersheim ist seit 1995 auch ein gesetzlich geschütztes Biotop“, stellt Urs Höhne fest, „aber nach unserer Auffassung wurde die letzte Gehölzpflege hier viel zu umfangreich durchgeführt, so dass man die Abholzung beinahe als Kahlschlag bezeichnen könnte. Dadurch wurde Vögeln, Wasservögeln, Nutrias, Bibern und sonstigen Lebewesen innerhalb des Biotopes und des Vogel- und Landschaftsschutzgebietes wertvoller Lebensraum genommen.“ Er wundert sich, dass die zuständige Naturschutzbehörde des MTK – obwohl ihr der Schutzstatus des Geländes und auch die Vermutung, dass es dort Biber gibt, bekannt war – diese weitreichenden Maßnahmen gutheißt. Geht man heute am Eddersheimer Mainufer entlang, fallen die großen Lücken in der Uferbewachsung auf. „Was noch dazu kommt: Mit dieser Abholzaktion hat man nun noch mehr Platz für die Angler, die in der Saison hier das Ufer belagern, geschaffen“, ergänzt Christine Dörr, die auch traurig über die Rodungen des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts Aschaffenburg ist. „Wir können ja durchaus verstehen, dass die Durchführung von Verkehrssicherungsmaßnahmen und Pflegemaßnahmen an beschädigten Gehölzen notwendig sind, auch dagegen, dass man ein ,Sichtfenster‘ auf den Main beim Pavillon etwa für das Fischerfest frei hält, haben wir gar nichts“, meint Urs Höhne, „aber hier muss doch keine ,Fahrrinne‘ für den Frachtverkehr freigehalten werden, die gibt es hier ja gar nicht – und es sind ganz offensichtlich hier nicht nur kranke Bäume sehr zurückgeschnitten oder entfernt worden.“

Irritiert zeigt sich die IG Main-Eddersheim auch von dem Hinweis der Unteren Naturschutzbehörde des MTK, dass andere, „dem Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt vergleichbare Institutionen wie Hessen Mobil oder die Deutsche Bahn bei Unterhaltungsmaßnahmen oft wesentlich rücksichtsloser und unsensibler mit Natur und Landschaft umgehen“, den sie auf eine E-Mail-Nachfrage von dort erhielt. „Offenbar ist es nicht unüblich, dass Regeln und Gesetze im Naturschutz nicht eingehalten werden. Es scheint auch fast so, dass diese Verstöße mehr oder weniger geduldet werden“, wundern sich Urs Höhne und Christine Dörr.
Glücklicherweise hat sich der Biber durch diese „großzügig“ durchgeführte Gehölzpflege vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Aschaffenburg am Eddersheimer Mainufer nicht vertreiben lassen. Ganz sicher freuen sich nicht nur die Mitglieder der IG Main-Eddersheim, sondern auch alle Eddersheimer und alle Naturschützer der Region über den „nagenden Neubürger“ am Eddersheimer Mainufer – vielleicht gibt es ja bald auch von einer Partnerin oder gar von der Familie von „Eddy B. aus E.“ zu berichten.

 

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