„Das ist eine sehr gute Nachricht für unsere Stadt“, freute sich die Bürgermeisterin. „Wenn ein renommiertes Unternehmen seinen Europa-Sitz nach Hattersheim verlegt, zeigt dies, dass wir in der Konkurrenz der Städte in der Rhein-Main-Region als attraktiver Wirtschaftsstandort Anerkennung finden.“
Als Ort für die Pressekonferenz habe man bewusst den Alten Posthof gewählt, erklärte die Bürgermeisterin. Denn der stehe als wichtige Station von Handels- und Reisewegen schon früh auch für so etwas wie die Internationalität Hattersheims.
Etwas Heimeliges
Das weltweit tätige japanische Unternehmen der Spezialchemie (siehe Kasten) hatte vor etwa zehn Jahren Geschäftsbereiche bei einem Nachfolgeunternehmen der ehemaligen Hoechst-AG erworben (Clariant) und wird im Frühjahr 2012 vom Industriepark Höchst in den Innovationspark Hattersheim wechseln. 120 Mitarbeiter werden auf zwei Etagen gut 4.000 Quadratmeter des Bürogebäudes an der Philipp-Reis-Straße 4 beziehen. Geschäftsführung, Verwaltung, Marketing und Vertrieb kommen nach Hattersheim. Produktion und Forschung bleiben in Höchst.
„Der Umzug nach Hattersheim ist für uns ein wichtiger Schritt zur Weiterentwicklung der Kuraray in Europa. In dem modernen Gebäude haben wir ausreichend Platz und können die interne Kommunikation und Zusammenarbeit verbessern. Das brauchen Sie in einem stark wachsenden Unternehmen“, begründete Geschäftsführer Dr. Gutweiler den Standortwechsel. In Höchst habe es da – in einem siloartigen Gebäude – erhebliche Defizite gegeben. In Hattersheim werde die gesamte Firma auf zwei Stockwerken untergebracht.
Zu den Hattersheimer Standortvorteilen zählte der Kuraray-Geschäftsführer die guten Verkehrsverbindungen und dabei auch die Nähe zum Flughafen. Man habe in den Markt in der Umgebung von Hoechst sondiert, weil man möglichst nah an der Produktionsstätte bleiben wollte. Eschborn und Gateway Gardens seien „total unpersönlich“, während Hattersheim „etwas Heimeliges“ biete. „Die emotionale Komponente muss stimmen“, war ein Kriterium bei der Standortentscheidung.
Solche Fürsorglichkeit äußerte sich auch in den Spenden, die die deutschen Mitarbeiter nach der Atomkatastrophe nach Japan schickten. Kuraray als Unternehmen war weniger betroffen. Die Fabrik in Tokio fiel einige Wochen aus. Doch viele Mitarbeiter verloren Angehörige oder Freunde.
Für den deutschen Standort galt, auch in der Wirtschaftskrise die Zahl der Auszubildenden nicht zu senken. Dr. Gutweiler: „Es wird immer schwieriger, qualifizierte junge Leute zu kriegen.“
Unternehmen und Stadt wollen gute Beziehungen pflegen. „Wir verstehen uns als Teil der Gesellschaft und wollen am Leben der Stadt teilhaben“, kündigte Gutweiler an. Am Standort Höchst habe man einige Beiträge zum kulturellen Leben geleistet, beispielweise beim Schlossfest. Köster ergänzte: „Wir wollen dafür sorgen, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kuraray in unserer Stadt wohlfühlen.“ Im Rathaus verstehe man sich als Serviceleister für die Unternehmen. Dann könnten die „uns eines Tages weiterempfehlen“, hofft die Bürgermeisterin. Das Angebot, vor allem bei der Suche nach Kindergartenplätzen zu helfen, wurde von Dr. Gutweiler vorab und ohne Einschränkung angenommen.
Hoffnung auf Sogwirkung
Mit Wohlgefallen hatte Antje Köster auch in der Pressekonferenz gehört, dass die Höhe des Gewerbesteuer-Hebesatzes keine entscheidende Rolle für die Standortwahl des Chemieunternehmens spielte. Umgekehrt gelte, dass eine solche Ansiedlung nicht nur wegen der Gewerbesteuereinnahmen eine gute Nachricht sei. „Das bereichert uns als Stadt“ – auch mit den Menschen, die dann in Hattersheim arbeiten.
Das zukünftige Domizil des Unternehmens war im Jahr 2005 als zweites Bürohaus nach der Eröffnung des Innovationsparks Hattersheim 2003 entstanden. Drei Jahre zuvor war als erstes die Spedition Interdean in den Südwesten von Hattersheim gezogen. Noch in diesem Jahr will die Firma PolyClip-System mit Geschäftsführung, Verwaltung und Produktion ihr neues Fabrikgebäude an der Phillip-Reis-Straße in Betrieb nehmen.
Eigentümer Penka (Pensionskasse der Hoechst-Mitarbeiter) erhofft sich von den aktuellen Ansiedlungen eine Art Sogwirkung auf andere Unternehmen. 40.000 von einst 100.000 Quadratmetern könnten im Innovationspark noch entwickelt werden, erläuterte Penka-Vorstandsmitglied Jörg Blaurock beim Pressegespräch. Er hofft auch darauf, vom aktuellen wirtschaftlichen Aufschwung zu profitieren. Die Penka werde aber erst in Hattersheim investieren, wenn sie Mieter gefunden habe. Möglich wäre auch, die Grundstücke zu verkaufen.
(pm) – Kuraray ist ein weltweit tätiges Unternehmen der Spezialchemie mit Hauptsitz in Tokio, Japan. 1926 gegründet erzielt Kuraray heute mit etwa 6.500 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von rund 3,2 Milliarden Euro. Kuraray zählt zu den größten Anbietern von Polymeren und synthetischen Mikrofasern und ist international führend in der Entwicklung und Anwendung innovativer Hochleistungsmaterialien.
Die hundertprozentige Tochtergesellschaft Kuraray Europe GmbH mit Sitz in Frankfurt am Main-Höchst beschäftigt rund 600 Mitarbeiter. Sie ist der europaweit führende Hersteller von Polyvinylalkohol (Mowiol®/Kuraray Poval/Exceval®) und Polyvinylbutyral (Mowital®/ Pioloform®). Diese Produkte werden in vielen Bereichen des täglichen Lebens eingesetzt: zur Herstellung von Papier, Textilien, Verpackungen, Druckfarben, Lacken, Klebstoffen, wasserlöslichen Folien und Keramiken. Unter dem Markennamen TROSIFOL® stellt Kuraray Folien her, die für Verbundsicherheitsglas in Fahrzeugen, Gebäuden und Solaranlagen verwendet werden.
Zum Produktangebot gehören außerdem chemische Spezialitäten, Aktivkohlefilter, thermoplastische Elastomere, Kunstfasern, Kunstleder und Dentalprodukte. Weitere Informationen unter www.kuraray.eu.
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