100 Jahre Caecilienverein Kriftel

Katholischer Kirchenchor feiert am 26. Juni in St. Vitus großes Jubiläum mit Festgottesdienst und Matinée

Das Orchester des Caecilienvereins 2014 beim Europäischen Friedenskonzert in Airaines.

Wenn man es ganz genau nehmen will, ist der Kirchenchor von St. Vitus schon seit etwa fünf Monaten 100 Jahre alt - doch erst jetzt rückt dieses bedeutsame Jubiläum so richtig in den Bereich der öffentlichen Wahrnehmung, wenn am Sonntag, 26. Juni, der Caecilienverein zum feierlichen Festgottesdienst samt Matinée nach St. Vitus einlädt.

Am Mittwoch 22. Januar 1922, wurde der Kirchenchor vom damaligen Pfarrverwalter Kaplan Hehl einst gegründet unter dem Namen „Caecilienverein Kriftel“. Der von Anfang an gemischte Chor konnte vom Fleck weg auf die stattliche Zahl von 81 aktiven und 60 passiven Mitgliedern blicken - eine beachtliche Resonanz seitens der Einwohnerschaft, wenn man bedenkt, dass Kriftel zum Ende des Ersten Weltkriegs 1918 gerade einmal von 1.946 Menschen bevölkert wurde. Der Kirchenchor sollte nicht nur seine typische chorische Aufgabe erfüllen, sondern wurde auch zur Führung des Gemeindegesangs verpflichtet.

Erste Jahrzehnte geprägt von Krieg und Krisen

Zum ersten Vorsitzenden des "Caecilienvereins Kriftel" wurde im Rahmen der Gründungsversammlung Josef Finger gewählt, der den Chor über mehr als ein Vierteljahrhundert hinweg leiten sollte. Erst 1948 wurde Stephan Vogel zu seinem Nachfolger gewählt, 1950 übernahm dann Martin Kaus den Vereinsvorsitz und zwei Jahre später Josef Dillmann.

In den Krifteler Nachrichten vom 15. April 1972 war im Artikel anlässlich des 50-jährigen Chorjubiläums zu lesen: "Sowohl in den wirtschaftlich schwierigen Jahren nach dem Ersten Weltkrieg wie auch in den Jahren des nationalsozialistischen Regimes gelang es dem Chor, seine ihm gestellten Aufgabe - wenn auch oft unter größten Schwierigkeiten - treu zu erfüllen." Auch in all diesen Jahren erfüllte der Caecilienverein seine Pflichten: Man kümmerte sich um die musikalische Gestaltung der Festtagsgottesdienste und beteiligte sich darüber hinaus regelmäßig an den Dekanatstagen der Kirchenchöre, die in einem fast jährlichen Turnus stattfanden. Auch in zahlreichen Theateraufführungen leistete der Kirchenchor bemerkenswerte Beiträge zum kulturellen Leben in der Gemeinde Kriftel.

Als erster Dirigent leitete Georg Schäfer von 1922 bis 1947 den Caecilienverein. Wegen unregelmäßiger Verkehrsverbindungen durch Kriegseinwirkungen konnte er zwischenzeitlich nicht immer den Übungsabenden des Chores beiwohnen, so dass Lehrer Schlemmer über einen längeren Zeitraum seine Vertretung übernahm. Es folgten kurze Amtszeiten von Peter Holler und Herrn Gräser als Chorleiter, bevor Georg Schäfer noch einmal bis Juni 1953 diese Funktion übernahm.

Die Ära Pabel

Durch den damaligen Präses des Chores, Pfarrer Kup, wurde am 10. Juni 1953 Franz Pabel als neuer Dirigent des Kirchenchores eingeführt. Fortan wurden der gregorianische Choral und die aus ihm hervorgegangene altklassische Mehrstimmigkeit in besonderer Weise gepflegt. Zum Kirchweihfest 1953 stellte sich der Cäcilienverein mit seinem neuen Dirigenten mit Bruckners C-Dur-Messe und den gregorianischen Tagesgesängen der Krifteler Bevölkerung eindrucksvoll vor, ebenso kurz darauf beim Dekanatstag der Kirchenchöre in Weilbach den übrigen Kirchenchören des Dekanates und dem Diözesanpräses Domkapellmeister Hans Pabst.

In den folgenden Jahren wurden Motetten und weitere kirchenmusikalische a capella-Werke der frühen Epochen erarbeitet. Auch Kompositionen der Wiener Klassik standen auf dem Probenplan, die dem Chor die neue Möglichkeit eröffneten, zusammen mit Orchester und Vokalsolisten aufzutreten. Sein erstes Chor- und Orchesterkonzert gab der Chor im Oktober 1954 mit der aus dem Caecilienverein hervorgegangenen Sopransolistin Elisabeth Stenmanns. Aus deren Feder stammt auch die inoffizielle Hymne der Gemeinde Kriftel „Seh' ich zwei Türme ragen“.

Der technische und mediale Fortschritt machte auch vor dem Caecilienverein nicht halt. Zusätzlich zur gewohnten Gestaltung der festtäglichen Gottesdienste bot sich dem katholischen Kirchenchor Kriftel bald eine weitere umfangreiche Aufgabe: Die musikalische Gestaltung katholischer Morgenfeiern im Hessischen Rundfunk. Alljährlich zwei- bis viermal war ab 1954 der katholische Kirchenchor Kriftel im Hessischen Rundfunk zu hören.

Zum 40-jährigen Chorjubiläum im Jahre 1962 wirkten die beiden Kirchenchöre von Hofheim und Frankfurt-Nied beim Festkonzert in der Krifteler Turnhalle mit. "In seiner Glückwunschansprache gab Domkapellmeister Hans Pabst dem Musizieren dieser Chorgemeinschaft - bestehend aus drei Kirchenchören unter dem gleichen Dirigenten - seiner großen Anerkennung Ausdruck", hieß es im Rückblick der Krifteler Nachrichten.

Besondere Erwähnung verdienen aus dieser Zeit auch die Festgottesdienste und Konzerte anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Kirche St. Vitus 1968 und der Einweihung des neu errichteten Gemeindehauses. Zwei von Pfarrer Leuninger zelebrierte Festgottesdienste – am Ostersonntag 1968 und am zweiten Weihnachtsfeiertag 1969 – wurden aus St. Vitus vom Hessischen Rundfunk übertragen.

Audienz beim Papst

Am 1. Dezember 1967 wurde Dirigent Franz Pabel vom Bischof Kempf zum Kirchenmusikdirektor ernannt. Ein Höhepunkt der "ersten Hälfte" der Geschichte des Caecilienvereins war das Jahr 1971 mit einer Reise in die italienische Hauptstadt Rom, gemeinsam mit den Kirchenchören Hofheim und Frankfurt-Nied. Anlass der Reise war die Priesterweihe und Primiz des Krifteler Theologen Albert Heil. Der Kirchenchor hatte die musikalische Gestaltung dieser beiden festlichen Gottesdienste in Rom - die Priesterweihe in Sant'Ignazio di Loyola in Campo Marzio und die Primiz in der altchristlichen Kirche Santi Cosma e Damiano - übernommen. Und dann folgte ein unvergesslicher Moment in der Geschichte des katholischen Kirchenchores: Die Audienz bei Papst Paul VI. im Petersdom, bei der der Papst der singenden Chorgemeinschaft seinen besonderen Segen spendete und dem Dirigenten eine Erinnerungsmedaille überreichen ließ.

Dr. Andreas Winckler übernimmt

Beachtliche 38 Jahre lang sollte das Engagement von Franz Pabel als Dirigent schließlich andauern. In dieser Zeit hat er sich um die Kirchenmusik in der Gemeinde Kriftel unschätzbar hohe Verdienste erworben.

1992 trat der Kirchenmusikstudent Andreas Petersen in die großen Fußstapfen Pabels, wurde jedoch schon drei Jahre später zum Ende seines Studiums nach Mannheim abberufen. Am 1. November 1995 trat Chorleiter Dr. Andreas Winckler an seine Stelle; am 19. November desselben Jahres begleitete er als Organist den Chor, der zum Abschied von seinem Vorgänger geleitet wurde. Erfreulich war, dass der Dirigent im Ruhestand Franz Pabel das Konzert besuchen konnte – drei Dirigenten haben sich zu diesem Anlass die Hand geschüttelt. Seitdem wirkt Dr. Winckler als Organist, Chorleiter und Dirigent in Kriftel.

1996 initiierte er zusammen mit Pfarrer Andreas Unfried die Kirchenmusikreihe „Vitus & Caecilia" - eine Erfolgsgeschichte und das kirchenmusikalische Markenzeichen der Gemeinde. Die große Bandbreite der Kirchenmusik spiegelt sich seither im Programm der Kirchenmusikreihe: Die Orgel ist darin als Soloinstrument ebenso zu hören wie als Begleitinstrument für Vokal- und Instrumentalsolisten, und natürlich ist der Caecilienverein mit klassischer Chormusik und mit modernen Arrangements ein wesentlicher Bestandteil der Kirchenmusikreihe. Unter dem Namen „Vitus Gospel Voices“ präsentiert der Caecilienverein seit 2000 seine Gospel-Programme. In dieser Zeit hat der Chor sein Repertoire auch um die oratorische Kirchenmusik erweitert: „Die Schöpfung“ von Joseph Haydn, das Oratorium „Elias“ und der „Lobgesang“ von Felix Mendelssohn Bartholdy, Bachs Weihnachtsoratorium und seine Johannespassion zeigen nur einige Höhepunkte der klassischen Chormusik aus den vergangenen 25 Jahren auf. Zugleich war und ist es Andreas Winckler ein Anliegen, neben den Klassikern auch zeitgenössische Musik und moderne Arrangements im Repertoire des Chores zu verankern, denn schließlich ändern sich Hörgewohnheiten, und neue Musik entsteht, die das Spektrum und die Ausdruckmöglichkeiten des Chores bereichert.

Vor eine besondere Herausforderung wurde der Chor durch die Corona-Pandemie gestellt und hat dabei eindrucksvoll gezeigt, wie vielfältig Kirchenmusik ist. Während die Gemeinde in den Sonntagsgottesdiensten nicht singen durfte, haben kleine Ensembles aus dem Chor den Gesang von der Empore übernommen. Änderungen in der Choraufstellung wurden durch die Abstandsregeln erforderlich. Dass die Sängerinnen und Sänger mit ihren Stimmen daran gewachsen sind, haben die mittlerweile vier Chorkonzerte seit Sommer 2021 eindrucksvoll hörbar gemacht.

Kein Jubiläum ohne Festkonzert

Große Jubiläen feiert der Kirchenchor von St. Vitus natürlich auch gerne mit besonderen Festkonzerten. So fand zum 50-jährigen Bestehen etwa am 16. April 1972 ein Festkonzert der Limburger Domsingknaben in Kriftel statt. 25 Jahre später, zum 75-Jahr-Jubiläum, standen große Lobgesänge der Kirche auf dem Konzertprogramm, das mit „Te Deum laudamus“ überschrieben war.

Und auch in diesem Jahr, zum 100. Geburtstag des katholischen Kirchenchors, wird musikalisch gefeiert mit einem Festgottesdienst samt Matinée. Am Sonntag, 26. Juni, gestaltet der Chor um 9 Uhr den Gottesdienst mit Mozarts Krönungsmesse zusammen mit Vokalsolisten und Orchester unter der Leitung von Dr. Andreas Winckler, gefolgt von einer Matinée-Stunde in der Kirche, in deren Rahmen der Chor Lieblingsstücke aus seinem aktuellen Repertoire vortragen wird. Und gegen 11.45 Uhr wird dann gemeinsam auf den Caecilienverein angestoßen.

Auf die nächsten 100 Jahre Chorgesang in St. Vitus!

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