Wie von einem unsichtbaren Magneten angezogen strömten am 17. Juli gut angezogene Menschen jedweden Alters in die Turnhalle der Krifteler Weingartenschule (WGS). Oper, Theater, Musical, ein klassisches Konzert? Mitnichten. An diesem Tag wurden die Abschlussklassen gefeiert.
Draußen standen auffällig viele Jungs mit einem Blumenstrauß in der Hand und einem breiten Grinsen im Gesicht. Dorian, 17, war einer von ihnen. Er gab bereitwillig Auskunft: „Die Blumen sind für meine Freundin Luciana, und ich bin stolz auf sie.“ Die Angesprochene stand daneben und strahlte. Ausgesprochen zufrieden sei sie mit ihrem Abschluss und werde anschließend eine Ausbildung als Pflegefachfrau anfangen. Die Schule fand sie zwar anstrengend, „aber ich fühle mich gut vorbereitet.“ Der Weg in die Halle führte durch einen Glitzervorhang, schwarz-silberne Luftballons, es herrschte eine lockere Atmosphäre. Emotionen lagen in der Luft.
Gut dagestanden
Ein Lebensabschnitt geht zu Ende. Oder besser, wurde absolviert. An diesem Tage erhielten insgesamt 154 Schülerinnen und Schüler im Rahmen einer festlichen Abschlussfeier ihre Abschluss- beziehungsweise Versetzungszeugnisse. Die meist eher wehmütig gestimmten Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer übergaben sie an ihre ehemaligen Schützlinge. Realschulzweigleiter Dr. Christoph Richter fasst die Stimmung in einem Satz prägnant zusammen: „Jetzt ist er da, der magische Moment!“
„Es war so schön, ein Riesengewinn“, fasste Janet aus der G10a ihre Zeit an der WGS zusammen. Mitschülerin Nour (R10a) ergänzte: “Wir wurden auf Augenhöhe behandelt.“ Sie hätten „viel vermittelt“ bekommen und fühlten sich jetzt gut vorbereitet für das weitere Leben - ob Abitur oder Ausbildung. Diese Einschätzung teilen sie mit Ismail aus der H9a. Er will erst einmal seinen „Real“ machen und dann eine Ausbildung als Fachinformatiker anfangen. An der WGS sei ihm etwas aufgefallen: „Alle Schulzweige sind gut miteinander ausgekommen“. Man gehe respektvoll miteinander um. Diese Einschätzung konnte auch die Schulleiterin Elke Wetterau-Bein in ihrer Ansprache teilen. Denn der vom sogenannten Abschlussstreich hinterlassene Müll zum Beispiel sei anstandslos beseitigt worden. Auch Elternbeirätin Helga Franken war voll des Lobes. Ihr Dank für Achtung, Energie und Unterstützung ging an die gesamte Schulgemeinde.
Unternehmen warten
Bürgermeister Christian Seitz - selbst Abgänger der Weingartenschule - zeigte sich ebenfalls erfreut in seinem Grußwort. „Ihr könnt stolz sein auf das, was ihr geleistet habt“, rief er in das Auditorium. Der Moment nach dem Schulabschluss sei einzigartig und unbedingt zu genießen. „Und vor allem nur keine Angst: Ihr habt eine gute Basis erhalten und Riesenchancen am Arbeitsmarkt“, so Seitz. Anders als früher warten heute alle Unternehmen dringend auf diese Jahrgänge.
Zum ersten Mal gab es diesmal für die Feier einen Moderator. Das junge Talent Levi Fröhlich (G6a), zwölf Jahre alt, zeigte lampenfieberfrei großes Talent. Er führte alleine oder zusammen mit Elke Wetterau-Bein fröhlich durch den Nachmittag, gekonnt musikalisch eingerahmt von der Schülerband unter der Leitung von Musiklehrerin Carolin Acker.
Großes Können bewiesen die besten Schülerinnen und Schüler in diesem Jahr. Das beindruckte auch die scheidende Schulleiterin. Zweimal wurde gar die Note 1,0 erreicht - etwas, was sie selbst nie geschafft habe in ihrer Schulzeit, bekannte sie freimütig. Aber eines verbinde sie mit den Abgängen dieses Jahres. Auch sie werde die Schule verlassen. „Ich gehe nach 23 Jahren von Bord“, verkündete sie. Am Ende setzte sie sich keck ein Matrosenschiffchen auf und hatte noch ein paar Tipps parat.
Seitz dankte Schulleiterin für „Riesenjob“
Wichtig sei es, das Leben in die eigenen Hände zu nehmen und verantwortlich zu handeln, betonte Elke Wetterau-Bein in ihrer Rede. „Ich will, ich kann, ich werde“, gibt sie ihren ehemaligen Schützlingen als Credo mit auf den Weg. Auch ihr Appell „Bestimmt euren eigenen Kurs“, erhielt Applaus, „die Zukunft gehört euch!“.
Bürgermeister Christian Seitz bedankte sich bei der Schulleiterin. Sie habe auch in schweren Zeiten, Corona und Ukraine-Krieg, einen „Riesenjob“ gemacht. „Sie hat die Schule auf Kurs gehalten“, betont Seitz, „die steigenden Schülerzahlen geben ihrer Leitung recht.“ Ihm als Bürgermeister sei besonders der Teilhabeaspekt an der Gemeinschaft wichtig. „Da hat sich die Schülervertretung besonders hervorgetan“, bedankte er sich für die gute Zusammenarbeit der jungen Leute mit dem Rathaus.
Die Ergebnisse des diesjährigen Abschlusses können sich sehen lassen: Von 32 Hauptschülern erhielten 27 den qualifizierenden Hauptschulabschluss. Die besten Hauptschul-Zeugnisse erhielten Reveka Staka (H9a) mit einem Durchschnitt von 1,5 sowie Eric Benjamin Dybus (H9b) mit einem Durchschnitt von 1,6.
Von den insgesamt 78 Realschülern haben 12 die Eignung für die Fachoberschule erhalten und 36 haben sich zusätzlich die Eignung für den Besuch einer gymnasialen Oberstufe erarbeitet. In diesem Schulzweig waren Aaron Dang (R10a, Durchschnitt: 1,3), Sara Lakehal (R10b, Durchschnitt: 1,2) und Mehrab Rahmani (R10c, Durchschnitt: 1,3) die Besten.
Als Beste von 44 Schülerinnen und Schülern aus dem Gymnasialzweig wurden Janet Kassa (G10a) und Mia Sturm (G10b) mit einem tollen Durchschnitt von 1,0 gefeiert.
Gute Beispiele
Carmen Jimenez vom Ausländerbeirat der Gemeinde Kriftel und die Sozialarbeiterin der Gemeinde, Semiha Eroglu-Buch, ehrten die besten ausländischen Schülerinnen und Schüler: Aaron Dang (1,3), Sara Lakehal (1,2), Mehrab Rahmani (1,3), Janet Kassa (1,0) und Reveka Staka (1,5) sowie die erst seit einem Jahr aus Syrien an die Schule gekommene Jana Turk (2,3). „Diese Leistungen sind besonders wertzuschätzen“, hebt Carmen Jimenez hervor. Denn viele Migrantenkinder könnten zu Hause nicht deutsch reden. „Und Deutsch ist und bleibt eine schwere Sprache.“ Aber Sprache sei eben auch Leben und müsse durch Sprechen lebendig werden. Riesenapplaus im Auditorium für die Bespiele für gelungene Teilhabe und Integration.
Auch der Johann-Georg-Schröder-Preis, ein Preis, den der gleichnamige ehemalige Schulleiter vor vielen Jahren ins Leben gerufen hatte, wurde wieder vergeben: Für ihre sehr guten schulischen Leistungen und ihr herausragendes soziales Engagement wurde Lena Tadic geehrt. Draußen, bei Häppchen und Drinks, standen viele noch länger zusammen. Die Stimmung fasste die Mutter einer Schülerin kurz und treffend zusammen: “Von unseren Kindern können wir uns manchmal alle ein Scheibchen abschneiden.“
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