Neue Wege zur politischen Beteiligung durch Demokratie-Jugendkonvent

Jugendliche sollen die gewünschte organisatorische Form des demokratischen Mitwirkens selbst erarbeiten

Bereits vor einigen Jahren wurde eine interfraktionelle Arbeitsgruppe der Gemeindevertretung gebildet, die sich mit der Frage beschäftigte, wie man Kinder und Jugendliche in demokratische Prozesse ernsthaft einbeziehen könnte. Negative Erfahrungsberichte aus benachbarten Kommunen sorgten leider dafür, dass diese Ideen zwischenzeitlich wieder ad acta gelegt wurden.

Der Kinderbeirat in Kriftel ist zwar seit Jahrzehnten eine fest verwurzelte Institution, dort sind jedoch nur Schülerinnen und Schüler aus den dritten und vierten Klassen der Lindenschule vertreten. Um Freiheit und Demokratie auch weiterhin zu festigen, muss auch die junge Generation das nötige Rüstzeug vermittelt bekommen. Demokratie kann überall gelernt werden - sei es in der Familie, in der Nachbarschaft, im Verein, in der Schule. Aber nicht zuletzt eben auch in einem Parlament oder einem ähnlichen Konstrukt. In einem solchen Rahmen kann demokratisches Handeln über die Theorie hinaus auch praktisch geübt werden. Und um das Schaffen solcher Gelegenheiten zum Üben ging es in einer Vorlage des Gemeindevorstandes unter dem Titel "Politische Bildung und Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Kriftel", mit dem sich die Krifteler Gemeindevertreter in der jüngsten Parlamentssitzung beschäftigt haben. Diese nimmt Bezug auf eine Initiative der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, die im Dezember 2019 einstimmig beschlossen worden war und den Gemeindevorstand zur Erörterung eben dieser Frage anhielt.

Bürgermeister Christian Seitz hatte bereits zusammen mit dem damaligen Vorsitzenden der Gemeindevertretung und des Kinderbeirates Bodo Knopf ehemalige Mitglieder des Kinderbeirats befragt, ob in deren Reihen denn Interesse an einem weiteren politischen Engagement bestünde. Mehrere Kinder und Jugendliche bejahten dies - dann kam jedoch die Corona-Pandemie in die Quere. Nun sollte die Gemeindevertretung auf den Vorschlag des Gemeindevorstandes hin beschließen, im kommenden Jahr einen sogenannten „Demokratie-Jugendkonvent“ durchzuführen, die Kosten hierfür zu ermitteln und diese im Haushaltsentwurf für 2022 zu berücksichtigen.

Idee des Demokratie-Jugendkonvents

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Frank Fichert bestätigte, dass dieses Thema die Krifteler Gemeindevertreter schon eine ganze Weile beschäftigt. Unterschiedliche Impulse kamen von mehreren Fraktionen, grundsätzlich sei man sich aber fraktionsübergreifend einig: "Es ist wichtig, Kinder und Jugendliche möglichst früh mit demokratischen Spielregeln vertraut zu machen und sie an politische Prozesse heranzuführen", so Dr. Fichert. Denn diese sollen sich später auch als erwachsene Bürgerinnen und Bürger politisch informieren und sich aktiv an der demokratischen Gesellschaft beteiligen.

In Hinblick auf den hiesigen Kinderbeirat dränge sich natürlich die Frage auf: Was macht man mit Kindern ab der fünften Klasse? Nicht alle davon besuchen auch eine Krifteler Schule, und umgekehrt werden die hiesigen Schulen auch von auswärtigen Kindern besucht. Deshalb sei das ganze Verfahren aus organisatorischer Sicht relativ schwierig. Man kann dort nicht so leicht klassenweise vorgehen wie noch im Grundschulalter.

Nun habe die Verwaltung also einen Vorschlag angeregt, der durch eine interne Verwaltungsarbeitsgruppe entwickelt worden ist. Zu dieser Arbeitsgruppe zählte unter anderem mit Hanna-Lena Neuser eine Krifteler Bürgerin, die Erfahrung in Fragen von politischen und gesellschaftlichen Beteiligungsprozessen von Kindern und Jugendlichen hat und auch Mitglied des Hessischen Bündnisses für nachhaltige Demokratiebildung ist. Sie hat bei der Ausarbeitung des Konzeptes maßgeblich geholfen. Bürgermeister Seitz war erfreut darüber, dass er sie auch als Zuschauerin zur jüngsten Sitzung der Gemeindevertretung begrüßen konnte.

Innerhalb der Verwaltungsarbeitsgruppe fand vor allem ein Konzept Zuspruch, demzufolge die Jugendlichen selbst überlegen sollen, wie sie denn politisch beteiligt werden möchten. Es gehe bei diese Beschlussvorschlag also noch nicht darum, ein konkretes neues Gremium ins Leben zu rufen, sondern ein Verfahren einzuleiten, in dessen Rahmen die Kinder und Jugendlichen selbst darüber entscheiden sollen, wie sie mitentscheiden und mitreden möchten, stellte Dr. Fichert klar. Und in vorangegangenen Sitzungen des Sozialausschusses und des Haupt- und Finanzausschusses wurde auch klar hervorgehoben, dass die Gemeindevertreterinnen und -vertreter damit auch eine gewisse Verpflichtung eingehen: Das, was aus diesem Demokratie-Konvent kommen wird, müsse man sich sehr intensiv anschauen - diese Verpflichtung müsse man eingehen, so Fichert. Man müsse bereit sein, das Ergebnis auch zu diskutieren, damit die Kinder und Jugendlichen merken, dass sie von den hiesigen Parlamentariern ernst genommen werden. Die CDU sei dazu bereit, und er ist sich sicher, dass dies kein exklusives Merkmal der Union in Kriftel sei, sondern alle anderen Fraktionen darüber genauso denken. Man freue sich darauf und ist gespannt, was bei dem Verfahren herauskommt, so Fichert abschließend. Und in diesem Zusammenhang unterstütze man auch den Vorschlag, die Geschäftsordnung für den Kinderbeirat zu überarbeiten und die durch diesen „Demokratie-Jugendkonvent“ gesammelten Erfahrungen einfließen zu lassen.

Der Gemeindevorstand präzisiert in seiner Vorlage auch die angedachte Zusammensetzung eines solchen Demokratiekonvents: Dem Ergebnis der Arbeitsgruppe zufolge sollen dem Gremium aktive oder ehemalige Mitglieder des Kinderbeirates angehören, dazu bereits in Vereinen und Verbänden aktive Jugendliche sowie weitere, nach dem Zufallsprinzip eingeladene Altersgenossen.

Fraktionsübergreifende Einigkeit

Regina Vischer, die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, brachte ihre große Freude darüber zum Ausdruck, dass ein Antrag der Grünen "nach vielen Jahren endlich auf fruchtbaren Boden fällt". Es sei wichtig, dass sich die Überzeugung durchsetzt, Kinder und Jugendliche politisch beteiligen zu müssen und es zu ermöglichen, derartiges Engagement über den Kinderbeirat hinaus fortzuführen. Deshalb hatten die Krifteler Grünen ursprünglich beantragt, neben dem Kinderbeirat auch ein Jugendparlament zu gründen. Es war aber auch damals schon klar, dass dies womöglich nicht das optimale Format für ein solches Engagement sei; dazu waren Jugendparlamente in anderen Kommunen oft nicht erfolgreich genug. Deshalb ist auch sie gespannt auf das Ergebnis und begrüßt, dass bei dem ganzen Vorhaben professionelle Unterstützung am Start ist.

Claudia Titze (SPD) äußerte sich ebenfalls positiv zur Vorlage und zeigte sich neugierig in Bezug auf die kommenden Entwicklungen. Die Sozialdemokraten begrüßen, dass sich in dieser Sache in Kriftel etwas bewegt. Das Konzept zum angedachten Konvent höre sich schon einmal sehr überzeugend an, und in Hinblick auf die spätere Beschäftigung der erwachsenen Krifteler Parlamentarier schickte sie voraus, dass sie sehr gespannt sei auf die "Nüsse", die man dann zu knacken habe.

Die Gemeindevertreterinnen und -vertreter votierten einstimmig für den Beschlussvorschlag. Die parlamentarische Grundlage für ein Voranbringen der politischen Teilhabe der Krifteler Jugend wurde somit geschaffen - nun ist im kommenden Jahr der Politnachwuchs gefragt, diese Chance beim Schopfe zu packen.

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