Palästina…“durch das Band des Friedens“

Gottesdienst zum Weltgebetstag am letzten Freitag in St. Vitus

Christine Krempel (links) und Kristel Neitsov-Mauer beim Weltgebetstag in St. Vitus.

Die Worte „Frieden“ und „Palästina“ scheinen nicht zusammenzupassen. Auch schon 2017 als die palästinensischen Christinnen die Gottesdienstordnung verfassten, war das Land von Konflikten gebeutelt. Der Überfall der Hamas im Oktober letzten Jahres und das Kriegsgeschehen machten die Vorbereitung für alle Teams weltweit nicht einfach. Sozusagen in letzter Minute wurde noch einmal die Gottesdienstordnung vom deutschen Komitee angepasst. Man wollte einige Erklärungen hinzufügen, um auf keinen Fall Partei für eine Seite zu ergreifen. Das ursprüngliche Titelbild konnte nicht mehr verwendet werden, da sich nicht klären ließ, ob die Künstlerin mit den Hamas sympathisierte. Aber dann kam auch ein wenig Trotzkraft auf, „Wann, wenn nicht jetzt?“ war der Tenor. Und in der Tat, das Gebet um Frieden war nie dringender.

In Kriftel hatte sich zur Organisation des Gottesdienstes ein Team von zehn katholischen und evangelischen Frauen gefunden, darunter die evangelische Theologin Kristel Neitsov-Mauer und Christine Krempel, Gemeindereferentin in der katholischen Kirche. Zum Gottesdienst versammelten sich etwa 50 Christen (ja, es waren auch einige Männer dabei!) und Christinnen. Die musikalische Begleitung übernahm der Chor für neue geistliche Lieder unter der Leitung von Winfried Kuchenbrod.

Christine Krempel eröffnete den Gottesdienst mit Informationen zum Land. Man erfuhr, dass der 1988 ausgerufene Staat Palästina das Westjordanland, den Gazastreifen und Ost-Jerusalem umfasst. Heute leben 5,35 Millionen Menschen im Staat Palästina, 1,7 Millionen im Staat Israel. Weniger als zwei Prozent der Menschen sind Christen. In ihrer Geschichte musste die Bevölkerung mit Vertreibung, Besetzung und Ausgrenzung kämpfen.

Um auf ihr Schicksal aufmerksam zu machen und um gemeinsam mit der ganzen Welt um Frieden zu beten, hatten die palästinensischen Christinnen sich Gedanken zum Brief von Paulus an die Epheser gemacht. „Ertragt euch gegenseitig in Liebe“, heißt es hier und weiter: „Der Frieden ist das Band, das euch alle zusammenhält.“ Wenn man es schafft, dieses „Ertragen des Nächsten in Liebe“, so ist dies sicher der erste Schritt für ein friedliches Miteinander. Im Gottesdienst wurden drei palästinensische Frauen vorgestellt, die versuchen, ihr Leben im Sinne der Worte von Paulus zu führen.

Eleonor, schon hochbetagt, ist eine griechisch-orthodoxe Christin. Ihre Eltern mussten fliehen, vorher vertrauten sie ihren jüdischen Nachbarn ihr wertvolles Eigentum an. Es ergab sich nie eine Chance zur Rückkehr, trotzdem bewahrten die Eltern eine dankbare Erinnerung an ihre früheren Nachbarn. Eleonor selbst hat durch dieses Beispiel gelernt andere „in Liebe zu ertragen“. Sie engagiert sich in unterschiedlichen Hilfsprojekten.

Shireen Abu Akleh, eine bekannte palästinensische Journalistin, war im Mai 2022 bei einem Presseeinsatz durch das israelische Militär getötet worden. Ihre Nichte Lina berichtete nun im Gottesdient, dass ihre Tante den Menschen aller Glaubensrichtungen in Liebe begegnet sei. Die Kraft dazu habe sie aus ihrem christlichen Glauben gezogen. Diese Haltung ermutigt Lina, ebenfalls in Liebe für die Wahrheit einzutreten.

Schließlich erzählte Sara von der Vertreibung ihrer Großeltern, die auch nach vielen Jahren ihren Hausschlüssel noch aufbewahrten und denen bei einem Besuch in der alten Heimat verwehrt wurde, ihr Haus noch einmal zu betreten. Ihr eigener Glaube macht Sara nun stark und widerstandfähig wie ein Olivenbaum.

Natürlich waren auch die Gebete und Fürbitten ein zentraler Punkt des Gottesdienstes. Auch hier ging es um Frieden und Gottes Beistand für alle Leidenden. Immer wieder wurde gesungen „Führe uns zu dem Leben, zu dem du uns berufen hast. Erhöre unser Gebet“. Wenn man sich vorstellt, dass dieser Gesang weltweit erklang, dann muss man Hoffnung schöpfen, dass wenigstens einige Bitten sich erfüllen.

Das Vorbereitungsteam für den Weltgebetstag in Kriftel freute sich ganz besonders darüber, dass die meisten Gottesdienstbesucher am anschließenden Beisammensein im Gemeindehaus von St. Vitus teilnahmen. Hier warteten heißer Apfeltee und kleine Köstlichkeiten wie Hummus, Palästinensischer Salat, Eier mit Za‘atar, Auberginen-Feta-Kofta, Fladenbrot und süße Tahin-Schnecken auf die Gäste.

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