Flächendeckende Dürre in Hessen

Größter Regenwasserspeicher Hessens steht im südhessischen Wallau bei Hofheim

Aus der Vogelperspektive wird die Dimension des Wasserspeichers erst richtig sichtbar. Zehn Millionen Liter Wasser kann Erdbeerbauer Reiner Paul darin speichern, um seine Erdbeerpflanzen in Dürrejahren wie 2022 mit ausreichend Wasser zu versorgen.

Auf den Feldern und in der ganzen Natur ist es zu trocken landesweit. Kartoffeln, Zuckerrüben, Mais müssten eigentlich bewässert werden. Doch das geht vielerorts nicht, weil Grundwasserpegel sinken und Oberflächengewässer austrocknen. Zum wiederholten Male binnen weniger Jahre trifft eine Dürre die Bauern in Hessen stark. Landwirt Reiner Paul von Pauls Bauernhof macht nun vor, wie die Felder in Zukunft mit ausreichend Wasser versorgt werden könnten.

Wasserspeicher bietet Platz für 65.000 Badewannen

Die Dimension der gigantischen Regenwassertonne wird erst aus der Luft deutlich. Das Becken ist 55 Meter lang und 30 Meter breit – fasst damit über 10.000 Kubikmeter Wasser. Das Wasser sammelt Paul über das Jahr durch Niederschläge, welche er auf den Dachflächen seines Betriebes auffängt. Auch entnimmt er Grundwasser und Oberflächenwasser aus dem angrenzenden Wickerbach, wenn dieser ausreichend Wasser im Winter und Frühjahr führt. Nun ist der Wickerbach seit Wochen ausgetrocknet, was Paul schockiert, jedoch nicht überrascht. Denn die Auswirkungen des Klimawandels sind seit Jahren extrem spürbar – speziell den hiesigen Landwirten machen Wetterextreme, wie die diesjährige Dürre und Hitzeperiode, zu schaffen. „Ohne den Wasserspeicher könnten wir in dieser extremen Dürre-Periode nicht alle unsere Pflanzen mit ausreichend Wasser versorgen“ – speziell die neuen Pflanzen, welche in diesem Sommer für die nächsten Jahre gepflanzt wurden, sind besonders abhängig von dem Wasser, da sie noch keine tiefreichenden Wurzeln gebildet haben.

Wassersparkonzepte aus Kalifornien und Israel als Vorbild

Pauls Regenwasser-See war bereits im Frühjahr komplett gefüllt. Der See kann nicht überlaufen, denn dafür habe er elektrische Pumpen mit Sensoren installiert, die mit eigenerzeugtem grünem Solarstrom des Hofes betrieben werden und kontinuierlich den Wasserstand messen. Die Idee, Wasser den niederschlagreichen Jahreszeiten zu speichern und in niederschlagsärmeren Jahreszeiten in der Landwirtschaft einzusetzen, ist laut Paul nicht neu. Er habe sich zum Beispiel an den Wasserspeicherkonzepten in Kalifornien orientiert, wo schon seit Jahren nach diesem Prinzip gehandelt wird, um unabhängiger von Oberflächenwasser und Grundwasser zu sein.

Des Weiteren wird bei Pauls Bauernhof seit Jahren auf Tröpfchenbewässerung gesetzt. Das ist die sparsamste Methode, um Pflanzen zu bewässern. Denn hier wird ein Tropfschlauch unterirdisch direkt an die Wurzel der Pflanze gelegt. Das heißt hier kann kein Wasser bei der Bewässerung verdunsten und es kann genau kontrolliert werden, dass nur die Pflanze Wasser bekommt und nicht die ungenutzte Ackerfläche gewässert wird. Mit dieser Methode ist Israel seit Jahren Vorreiter im Thema Wassersparen.

Außerdem setzt der Landwirt auf digitale Technik, um die Pflanzen mit nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig Wasser zu versorgen. Das bedeutet, dass hier in den Feldern Sensoren über die Bodenfeuchte informieren und diese Daten direkt auf das Smartphone des Unternehmers senden. Dadurch kann er sehen, welches seiner Felder als nächstes Bewässerung benötigt.

Investition in die Zukunft

Momentan werden auf einer Fläche von über 40 Hektar Erdbeeren bei Pauls Bauernhof angebaut. Die Nachfrage nach regionalen Produkten steigt seit Jahren an, sagt Paul. Um der Nachfrage der Bevölkerung nach den süßen Früchtchen nachzukommen und dem Klimawandel entgegenzuwirken, habe er vor drei Jahren entschieden einen Wasserspeicher zu errichten. Der Wasserspeicher wurde schon im Jahr 2020 für über 250.000 Euro errichtet. „Das war eine riesige Investition für uns als regionaler Bauernhof“, beschreibt Paul das Projekt, jedoch gehe er davon aus, dass sich diese Investitionen aufgrund der jüngsten Entwicklungen des Klimas in den nächsten 20 Jahren rechnet.

Aktuelle Dürreperiode

Die Wassersituation ist dramatisch bundesweit. Es trocknen zahlreiche Flüsse, Bäche und Seen zunehmend aus. Diese Dürreperiode trifft speziell die Natur und damit verbunden die Landwirtschaft sehr stark. Auch bei Pauls gigantischer Regentonne lassen sich die Auswirkungen der extremen Dürre sehen. „Anfang Juli war unser Speicher noch nahezu gefüllt, nun fasst er nur noch ungefähr 15 Prozent seines Volumens“, berichtet der Unternehmer. So wie jeder Landwirt wünscht sich auch Paul den langersehnten und wichtigen Regen, damit sich die landwirtschaftlichen Flächen und die Natur erholen können.

Als nächstes Wassersparprojekt werden auf Pauls Bauernhof, die Sonnentunnelflächen mit Drainagen ausgerüstet, um dann zukünftig Niederschlagswasser auf mehreren Hektar Fläche aufzufangen. Das ist besonders effektiv, wenn der Boden so ausgetrocknet ist wie in diesem Sommer, sodass der Boden das Wasser bei einem Starkregen nur schlecht aufnehmen kann.

Vorbild für die Landwirtschaft hierzulande

Diese Methode des Wassermanagements kann für die Landwirtschaft hierzulande ein Vorbild sein, um auch zukünftig die Bevölkerung mit ausreichend regionalen Produkten versorgen zu können. Aber auch wir Bürger können uns daran orientieren und die „knappe Ressource“ Wasser einsparen, indem wir das Niederschlagswasser unserer Dächer speichern und im Sommer damit unsere Gärten oder Blumen auf dem Balkon gießen.

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