Was ältere Leute erzählen

„Aufgelesen“

von Dieter Press

Geschichtliches

über die Gemeinde Bischem

Im geschichtlichen Rückblick in der vorigen Ausgabe des Lokal-Anzeigers wurde berichtet, dass die Stadt Mainz nach dem Rosenmontagszug des Jahres 1928 erstmals richtig auf die Gemeinde Bischofsheim aufmerksam wurde, als die hiesige Vergnügungsgesellschaft „Horch e mol“ mit einem mächtigen Prunkwagen daran teilnahm und mit großem Schild zur Eingemeindung aufforderte. In Bischem fragte man sich: „Werden uns die Mainzer überhaupt wollen?“

Geld wurde immer knapper

Siehe da: Die Mainzer wollten uns! Doch die Zeit war Ende der 1920er-Jahre noch nicht da, dass die Bischofsheimer wollten. Da kündigten plötzlich die Amerikaner die Darlehen, die sie an Deutschland gegeben hatten. Nur wenige ahnten, dass diese Zeit des vermeintlichen Wohlstandes – wie in den vorigen Ausgaben des Lokal-Anzeigers beschrieben – nur eine „Scheinblühte“ war. Nach Abzug der Amerika-Darlehen setzte hier und dort, dann ständig mehr, die Erwerbslosigkeit ein. Immer mehr Arbeitslose meldeten sich auf dem Bischofsheimer Rathaus, um ihre Unterstützung abzuholen. Die Gemeinde begann sich immer mehr Sorgen um die Wohlfahrtsgelder zu machen, die sie einfach nicht aufbringen konnte. Die Schlangen vor dem Rathaus wurden immer länger und die Männer, die stempeln gehen mussten, wurden immer mehr. Durch die vielen Arbeitsausfälle wurde das Geld von Tag zu Tag knapper. Die Geschäfte blieben auf ihren Waren sitzen, die Steuerquellen der Gemeinde Bischofsheim versiegten, die Gemeindekasse bot eine gähnende Leere. Und in diesen Zeiten trat die Stadt Mainz, die immer noch besser gestellt war als die Landgemeinden, auch an Bischofsheim mit einem Eingemeindungsplan heran.

Geteilte Meinung zur Eingemeindung

Dieser Eingemeindungsplan der Mainzer wurde geprüft, geprüft, nochmals geprüft und abgewogen von Bürgermeister Heinrich Hünerkopf und dem Beigeordneten Friedrich Bernhardt, die wohl den besten Einblick in die immer trostloser werdenden Verhältnisse in der Gemeinde hatten. Eine Eingemeindung zur Stadt Mainz bringt uns heraus aus dieser misslichen Lage, so dachten sie, so dachten auch die Vertreter der SPD, die Gemeinderäte Karl Graf, Heinrich Trinkaus, Lehrer Kilian, Wilhelm Lenz, Wilhelm Schulz, Johann Gerbig, Peter Krichbaum und Georg Fleischmann. Unschlüssig waren noch in den Vorbesprechungen die Vertreter des Zentrums, die Gemeinderäte Dehos und Fastnacht, ebenso die Demokratische Fraktion mit ihren Vertretern Johannes Abstein, Johannes Loos, Peter Oefner, Wilhelm Wolf und Philipp Penk. Strikt dagegen waren jedoch die Vertreter des Bauernbundes, Philipp Dammel, Adam Engel und Michael Astheimer. Auch in der Bevölkerung war man geteilter Meinung. Hier fragte man nicht nach den Sorgen der Gemeindeväter - man hatte seine eigenen Sorgen, denn das Geld war sehr, sehr knapp.


Entscheidende Abstimmung

In Mainz gibt’s höhere Unterstützungen, sagten die Erwerbslosen, und wir kommen von Ortsklasse B in die Ortsklasse A, sagten die Eisenbahner. In einer großen Massenversammlung im Saal Bayer ging es recht lebhaft zu, doch zu einer Einigung ist es damals nicht gekommen. Aber dann kam der Tag der entscheidenden Abstimmung im Gemeinderat: 16 Stimmen waren für die Eingemeindung und nur die drei Vertreter des Bauernbundes, also Philipp Dammel, Adam Engel und Michael Astheimer, denen sich noch der demokratische Vertreter Philipp Penk anschloss, waren dagegen.


Stadtteil Mainz-Bischofsheim

Jetzt waren die Würfel gefallen. Es war entschieden: Bischofsheim war ein Stadtteil vom „goldenen Mainz“ geworden. Am Neujahrstag des Jahres 1930 wurden mit dem Städtischen Omnibus Nr. 11 die Kommissionen der Stadt Mainz nach Bischofsheim gebracht. Im Saal der Gewerbeschule – heutige Polizeistation in der Mainzer Straße – erfolgte die feierliche Übernahme. Der Bischofsheimer Gemeinderat löste sich auf und der seitherige Bürgermeister Georg Fischer leitete die Geschäfte des neuen Stadtteils „Mainz-Bischofsheim“. Vertragsmäßig wurden auch sämtliche Gemeindebeamten von der Stadt Mainz übernommen und Bischofsheim kam automatisch von der Ortsklasse B in die Ortsklasse A.


Wird Versprochenes eingelöst?

„Ob die Meenzer wohl ihre im Eingemeindungsvertrag gemachten Verpflichtungen einhalten können?“, so fragten sich insbesondere die hiesigen Bauern, die sich allabendlich in der alten Dorfschmiede an der S-Kurve trafen. „Werden jetzt endlich die Schlammstraßen gepflastert, wenigstens die Hochheimer Straße und die Rheinstraße, die seither so verwahrlost sind, dass kaum noch ein Fuhrwerk durchfahren kann?“ – „Werden wir die versprochene Badeanstalt, den Kindergarten, die Parkanlagen und vor allem die Kanalisation erhalten?“, das waren die weiteren Fragen, die sich die Einwohnerschaft stellte. Wasser und Gas hatte die Gemeinde Bischofsheim noch kurz vor der Eingemeindung (1928 und 1929) legen lassen.   (Wird fortgesetzt!)

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