Was ältere Leute erzählen

„Aufgelesen“ von Dieter Press

Geschichtliches

über die Gemeinde Bischem

Bis Ende der 1920er-Jahre gab’s in Bischem den Fronsee, der infolge des hohen Grundwasserspiegels von der Gutenbergschule bis zum Bahngelände reichte.

Hochwasser stand ab 1917 in vielen Kellern, war zur Plage geworden und ging erst Ende der 20-er zurück. Wie in der letzten Ausgabe des Lokal-Anzeigers berichtet, stand 1927 die Scheune des Gasthauses „Krone“ in hellen Flammen und nur dem umsichtigen Eingreifen der Feuerwehr war es zu verdanken, dass das altehrwürdige Gasthaus gerettet wurde. Es gab also Wasser und Feuer, die für Ärger und Aufregung sorgten.


Saalbau Fritz Schad vergrößert

„Haste das Neueste schon gehört? Der Schad in der Bahnhofstraße baut seinen großen Saal noch größer!“ Das war plötzlich Ortsgespräch. Dieser Saal – er wurde bei einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg zerstört – war tatsächlich in den 1920er-Jahren für viele Festlichkeiten zu klein geworden, obwohl er schon ein Fassungsvermögen von fast 1000 Personen hatte. Ganz abgesehen von der Bischemer Kerb oder den Fastnachtsveranstaltungen, waren auch die Vereinsfeierlichkeiten derart gut besucht, dass eine Erweiterung erforderlich wurde. Der Saal wurde also vergrößert und auch die Bühne modernisiert. Nach der Stadthalle in Mainz soll kein größerer und schönerer Saal in der ganzen Region zu finden gewesen sein.











Diese günstigen Saalverhältnisse in Bischofsheim wirkten sich nahezu segensreich auf das Vereinsleben und die Geselligkeit aus. Bei Konzerten und Gesangsdarbietungen standen die hiesigen Gesangvereine oft mit 120 und noch mehr Sängern auf der Bühne. Und dass der Radfahrer-Verein, der 1897 gegründet worden war, alljährlich Deutscher Meister im Achter- oder Sechser-Kunstreigenfahren wurde, war damals fast eine Selbstverständlichkeit. Ganz abgesehen von unserem einheimischen Kunstradfahrer Karl Walther, der ebenfalls mehrmals die Deutsche Meisterschaft im Einer-Kunstfahren nach Bischem holte.


Erstes Radio in der „Krone“

Nachzulesen ist auch und wurde mir vor Jahren bestätigt, dass man in der Gaststätte „Krone“ bei einem Glas Ebbelwoi (Hochdeutsch: Apfelwein) für zehn Pfennig auch noch Radio hören konnte. Dort hatte sich Diplom-Ingenieur Philipp Wiesenecker als erster Bischemer einen Radio-Apparat angeschafft und staunend hörten die Gäste die Klänge drahtlos aus dem Äther. Ja, in der damaligen Zeit war großer Betrieb in der altehrwürdigen „Krone“, der ältesten Bischemer Gastwirtschaft. Damals floss der selbstgekelterte Ebbelweu in Strömen. Als sich dann noch die Vergnügungsgesellschaft „Horch e mol“ gründete, da war dort unüberbietbare Fröhlichkeit und Geselligkeit zu Hause, wenn ein 24er-Bembel nach dem anderen geleert wurde.


Karnevalistische Sitzung der SV 07

Ob diese unbeschwerten Zeiten immer so bleiben werden? – das fragten sich viele Bürgerinnen und Bürger im Ort. Gerne hörte man die abendlichen Gesänge, die aus der gemütlichen Wirtsstube zur ehemaligen alten Dorfschmiede hinüberklangen. Riesengroß war die Freude der dort stets anwesenden zahlreichen Bauern, als an einem Abend im Februar die „Horch-e-mol“-Mitglieder stolz wie die Spanier durch die S-Kurve zum Saalbau Schad zur großen karnevalistischen Sitzung der Sportvereinigung 07 zogen. Jeder Teilnehmer hatte eine aufgeblasene Gummi-Gans auf dem Zylinder, und so zogen sie auch ein in den riesigen Saal mit ihrem Lieblingslied: „Dem Krone-Wert seu Gäns – die wackele mit de Schwänz“.


Erster Anstoß zur Eingemeindung

Dass diese Vergnügungsgesellschaft „Horch-e-mol“ mit ihrem Vorsitzenden Heinrich Treber einmal den ersten Anstoß zur Eingemeindung von Bischofsheim zur Stadt Mainz geben sollte, hätte damals kaum jemand gedacht. Staunend verfolgte man, wie die Mitglieder dieser Gesellschaft in der Fastnachtszeit 1928 einen mächtigen Prunkwagen zimmerten, um damit am Rosenmontagszug in Mainz teilzunehmen. Riesengroß war damals der Erfolg. Das große Schild, das den Wagen zierte, trug folgende Aufschrift: „Wir sein von Bischem, vom Main –Ihr Meenzer, gemeindet uns bald ein“. Dieses Schild lenkte prompt wenige Zeit später die Aufmerksam der Stadt Mainz auf unser Bischem. Viele hiesige Einwohner machten sich damals Gedanken über dieses Schild und fragten sich: „Werden wir es in unseren alten Tagen noch erleben, dass wir städtisch werden? Werden uns die Mainzer überhaupt wollen“?  (Wird fortgesetzt!)

Saalbau Fritz Schad in der Bahnhofstraße

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