Besser durch die Krise als befürchtet

Bürgermeister Bernd Blisch hat den Haushaltsentwurf für 2021 vorgelegt - Appell an die Fraktionen

Die Fortführung der Sanierungsarbeiten am Alten Rathaus ist mit einem Investitionsvolumen von 1,2 Millionen Euro das teuerste Projekt für das kommende Jahr, das aus der städtischen Kasse bezahlt werden muss.

Bürgermeister Bernd Blisch hat den Haushaltsentwurf für 2021 vorgelegt - Appell an die Fraktionen

Das hätte man sich wesentlich schlimmer vorstellen können. Das Coronajahr 2020 hat naturgemäß deutliche negative Auswirken auf die Haushaltszahlen der Kommunen, so auch der Stadt Flörsheim. Die wähnte sich an Silvester 2019 eigentlich vor einem wirtschaftlich guten Jahr, plante mit einem Überschuss von rund 1,45 Millionen Euro. Der hätte eine glatte Verdreifachung zu den Ansätzen für 2019 bedeutet. Der Abschluss des Vorjahres ist zwar noch nicht veröffentlicht, ist aber erstellt und zeigt deutlich bessere Werte als die 514.000 Euro Plus, die ursprünglich für das Vorjahr angesetzt waren.

Dass sich für 2019 ein Überschuss von satten 1,4 Millionen Euro ergab, ermöglicht Flörsheim zusammen mit Ausgleichzahlungen von Bund und Land an die coronagebeutelten Kommunen sowie dem Verzicht auf kostspielige Projekte einen Haushaltsentwurf für 2021, der dann doch positiv überrascht: Der von Bürgermeister Bernd Blisch (CDU) vergangene Woche in der Stadtverordnetenversammlung vorgelegte Etatentwurf für das kommende Jahr geht von einem Überschuss im Ergebnishaushalt von 134.000 Euro aus. So stehen den Fraktionen – zumindest theoretisch – bei den nun angelaufenen Beratungen noch Mittel zur Verfügung, die sie als freiwillige Ausgaben verplanen könnten.

Es wird sicher nicht uninteressant, wie die Parteien mit der unerwarteten Situation umgehen. Denn wer weiß schon, wie es weiter geht mit Corona und den Folgen, ob so ein kleines sechsstelliges Polster nicht hinweggefegt wird von den Einnahmenausfällen dieses oder des kommenden Jahres. Blisch in seiner Funktion als Kämmerer sowie sein Amtsleiter für Finanzwirtschaft, Michael Bayer, wirkten bei der Präsentation der Zahlen recht optimistisch, dass der Entwurf die Stadt durch das kommende Jahr so tragen kann, wie es die von ihnen zusammengestellten Ansätze prognostizieren. Die Orientierungsdaten des Landes zu den anstehenden Zuweisungen liegen seit Beginn Oktober vor, so dass es mehr als bloße Erwartungen sind, die dem Etat zugrunde liegen. Sie seien allerdings „in diesen Zeiten weniger belastbar als in den Vorjahren“, betont der Bürgermeister.

Der leichte Überschuss im Ergebnishaushalt gelang ohne die Idee, die durchaus etwas darbende Einnahmeseite durch Steuer- oder Gebührenerhöhungen zu verbessern – der geplante, leichte Anstieg der Abfallgebühren etwa hat damit nichts zu tun. Das scheinbare Zauberwerk, trotz einbrechender Einkünfte (vor allem aus der Gewerbesteuer) einen genehmigungsfähigen Haushalt zu basteln, könnte nach aktuellem Stand ohne Konsolidierungskonzept auskommen. Da im Finanzhaushalt den Investitionen von 6,7 Millionen Euro nur 6,37 Millionen Euro an Mittelzuflüssen aus Verwaltungs- und Finanzierungstätigkeit gegenüberstehen (- 329.000 Euro), könnte dies allerdings noch drohen.

Entwicklung der Einnahmen

Folgende Faktoren tragen zu dem verhalten optimistischen Stimmungsbild beim Rathauschef und seinem Amtsleiter bei: So erhält Flörsheim aus dem Bund/Länder-Programm, das die Gewerbesteuerausfälle der Kommunen zu kompensieren helfen soll, in diesem Jahr 1,6 Millionen Euro zusätzlich in die Kasse. Nachdem die Meldungen aus den Ämtern im Sommer ein Defizit von 4,6 Millionen Euro (5,22 Millionen im Finanzhaushalt) befürchten ließen, wie der Verwaltungschef berichtet, gibt es inzwischen auch bei den Steuereinnahmen leichte Entwarnung.

Mit einer Erwartung von neun Millionen Euro aus

Gewerbesteuereinnahmen

war Flörsheim in das Jahr gestartet, rund drei Millionen davon drohten zwischenzeitlich auszufallen. Nun berichtet der Kämmerer von einem Zwischenergebnis von immerhin 7,2 Millionen Euro vor den beiden letzten Monaten des Jahres. Durch die 1,6 Millionen Kompensationszuwendung dürfte der tatsächliche Verlust gegenüber dem Planansatz daher tatsächlich verschwinden. Für 2021 rechnet Blisch auch nur mit 7,5 Millionen Euro Gewerbesteuer, die Pandemie-Auswirkungen dürften schließlich 2021 fortwirken und ihm ginge es „um realistische Planungen“, betont er. Der Steuersatz von 395 Prozent bleibt unangetastet.

Beim städtischen Anteil an den

Einkommenssteuern

der Bürger, bis auf bei wenigen glücklichen Kommunen mit Großzahlern im Gewerbe-Portfolio immer noch der größte Steuerposten in einem kommunalen Haushalt, fällt der Verlust in diesem Jahr mit (erwartet) rund einer Million Euro ebenfalls deutlich aus. Aber längst nicht so extrem wie beim Gewerbe. Der alljährliche Zuwachs ist allerdings vorerst gestrichen. Wollte die Stadt 2020 mit 15 Millionen Euro rund 350.000 Euro Anstieg bei der Einkommenssteuer generieren, erwartet Blisch für 2021 nur noch 14,84 Millionen Euro. Das sind immer noch fast 200.000 Euro mehr, als dem Ergebnis von 14,65 Millionen Euro für 2019 entspricht.

Mit größeren Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt rechnet die Stadt also nicht, obwohl dem Gewerbe eine spürbare Durststrecke zugestanden wird. Für recht zuverlässig hält Bayer die prognostizierten Zahlen bei den

Zuweisungen vom Land,

die im kommenden Jahr 9,4 Millionen Euro betragen sollen, letztlich der zweitgrößte Einnahmeposten im Haushalt. Ein verlässlicher der bedeutenden Ansätze ist die

Grundsteuer B,

die bei einem unveränderten Satz von 550 Prozent mit 4,5 Millionen Euro in die Planungen eingeht, hinzu kommen 1,3 Millionen Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer sowie 1,1 Millionen Euro aus dem Familienlastenausgleich.

Die großen Ausgaben

Wofür will Flörsheim das Geld ausgeben? Hier sind die Spielräume fast nicht gegeben, denn die Personalkosten und die Kreisumlage sind große Fixpunkte, die die Stadt nicht beeinflussen kann. Bei den Personalkosten stimmt das zwar nicht so ganz, denn dass der Ansatz von 11,93 Millionen Euro laut Ergebnis 2019 über 13,4 Millionen Euro laut Ansatz für 2020 auf nunmehr 13,93 Millionen Euro steigen soll, ist nur zum Teil steigenden Gehältern zuzuschreiben. Die Stadt investiert in den Ausbau der Versorgung mit Kindertagesstättenplätzen, das zieht eine Ausgabensteigerung in diesem Bereich durch zusätzliche Fachkräfte nach sich. Dies ist aber Konsens in der Politik.

Mit 11,4 Millionen Euro für die Kreisumlage sowie 5,4 Millionen Euro für die Schulumlage gehen zusammengerechnet 16,8 Millionen Euro nach Hofheim, bei den Sach- und Dienstleistungen ist der Anstieg um 166.300 Euro auf knapp 6,6 Millionen Euro marginal. Deutlich weniger muss die Stadt 2021 als Folge der Einnahmeentwicklung für die Gewerbesteuerumlage (657.200 Euro weniger als im Ansatz 2020) aufwenden, um rund 745.700 Euro sinken zudem die Aufwendungen für Zuschüsse und besondere Ausgaben.

Investitionen

Nur zwei Ansätze überschreiten im kommenden Jahr die Millionengrenze bei den Investitionen: die Sanierung der Rathausvilla sowie die

Kita Pusteblume

in Weilbach mit ihrem Ergänzungsbau, mit jeweils 1,2 Millionen Euro veranschlagt. Wobei die Kosten für die Kita fast komplett durch eine Investitionszuweisung des Landes abgedeckt sind. Insgesamt sind im Plan 25 Projekte mit einem städtischen Investitionsvolumen bis hinunter zu 60.000 Euro aufgeführt. Hier könnten die Fraktionen noch etwas hinzufügen, wenn sie das prognostizierte Plus denn tatsächlich auf den Kopf hauen wollen.

Teuerste selbst zu finanzierende Investition wird 2021 der Ausbau der

Plattstraße

für 750.000 Euro, mit rund 700.000 Euro unterstützt die Stadt Investitionen der konfessionellen Träger von Kitas. Die Umgestaltung der

Bahnhofstraße

zwischen Eddersheimer Straße und Bahnhof ist mit 630.000 Euro der einzige weitere Ansatz mit mehr als 500.000 Euro Investitionsvolumen.

Hervorzuheben aus Sicht des Bürgermeisters: Die „Maßnahmen am Feuerwehrgerätehaus Flörsheim-Wicker“, die mit 150.000 Euro dotiert sind, verdeutlichen die Absicht der Stadt, die Planungen für einen Neubau eines Gebäudes voranzutreiben. Knapp 200.000 Euro stellt der Kämmerer zudem der „Betriebs- und Geschäftsausstattung“ der Feuerwehren zur Verfügung, die in der Regel in den Fuhrpark fließen. „Bei den Feuerwehren wollen wir auch in einem Corona-Haushalt nicht sparen“, betont Blisch.

Es ist eher nicht davon auszugehen, dass sich in den Haushaltsverhandlungen wesentliche Änderungen ergeben. Und wenn, wird der gestrenge Blick der Verwaltung darauf schauen, was die Antragsteller im Gegenzug zu bieten haben. „Haushaltswünsche und Ideen dürfen gerne vorgetragen werden, doch sollte dann festgelegt werden, wo wir im Gegenzug das Geld einsparen können“, mahnt Blisch an. Das freilich ist keine Verpflichtung für die Fraktionen, der Spieleraum des leichten Überschusses ist allerdings kein realistischer Zielwert für Wünsche, da der Betrag vermutlich durch sich noch verändernde Parameter nicht das letzte Wort sein wird.

Der Bürgermeister warb bei den Fraktionen um ihren Beitrag zu einem offenen und ehrlichen Umgang zwischen Verwaltung und Politik, den er unter dem Stichwort „Vertrauen“ zusammenfasste. Dann muss auch niemand mehr mit Tricks und Kniffs seine Interessen durchzuboxen versuchen, schwebt Blisch vor. „Die Amtsleiter brauchen das Vertrauen, dass sie auf Vorsorgeansätze verzichten können, weil sie wissen, dass im Notfall der Magistrat sie nicht im Regen stehen lassen wird. Die ehrenamtliche Politik braucht das Vertrauen, dass hier keine Schattenhaushalte des Bürgermeisters oder der Verwaltung aufgebaut und geparkt werden. Die hauptamtliche Politik braucht das Vertrauen, dass sie mit der Unterstützung durch die Fraktionen rechnen kann.“

Weitere Artikelbilder:

Noch keine Bewertungen vorhanden


X