Bunt besprayt statt beschmiert und dreckig

Stadtverordnetenversammlung spricht sich für Graffiti-Kunst auf ausgewählten Verteilerkästen aus

Ja, es finden sich in Flörsheim, wie hier in der Riedstraße einige Schaltkästen, die schon bessere Zeiten gesehen haben, aber auch noch unversehrte (hinten).

So kreativ wie sie für die Aktivitäten gebraucht werden, die der Antrag der Freien Bürger (dfb) auslösen soll, zeigte sich auch die Stadtverordnetenversammlung bei der Diskussion des Vorschlags, den dfb-Fraktionsmitglied Thomas Probst in der letzten Sitzung vor der Sommerpause vortrug. Die Freien Bürger schlugen vor, Graffitikunst in die Stadt zu bringen, und zwar auf zwei Wegen: Zum einen, indem sich der Magistrat mit Jugendpfleger Markus Singer zusammen auf die Suche nach geeigneten Flächen macht, die für großflächige Aktionen zur Verfügung stehen könnten.

Großes Engagement legte die Fraktion aber auch beim Werben für den zweiten Teil des Plans an den Tag: Die Freien Bürger ärgern sich über die vielen durch Schmierereien und Schmutzschichten verunstalteten Schalt- und Verteilerkästen an Flörsheims Straßenrändern. Auch hier lassen sich Projekte anbieten, die – wie andernorts schon erprobt – aus grauen oder dreckigen Zweckkästen freundliche, bunte und witzige Hingucker machen können.

Nun sind diese Kästen kein öffentlicher Gegenstand, sondern Eigentum von Unternehmen, bei den Telefonverteilerkästen vornehmlich der Deutschen Telekom, die davon deutschlandweit über 350.000 aufgestellt hat. Ohne deren Zustimmung geht daher nichts, ist auch den Freien Bürgern bekannt. So setzten sie sich im Vorfeld der Antragseinreichung mit dem Unternehmen in Verbindung und erfuhren, dass die Telekom für solche Ansinnen ein eigenes Antragsverfahren geschaffen hat. So kann ein Initiator eine Freigabe für Aktionen erhalten, indem er den betreffenden Kasten benennt, per Foto den aktuellen Zustand dokumentiert und eine Skizze der geplanten Bemalung vorlegt.

Das klingt erstaunlich einfach, über die Genehmigungskriterien und -quoten ist allerdings wenig bekannt. Doch es gibt sie in den Städten inzwischen zuhauf, die bunt leuchtenden Kästen, die ursprünglich in verschmutztem Grau herumstanden. „Wir erhoffen uns damit, die Telefonkästen zu verschönern und die Künstler sich austoben zu lassen“, erläuterte Probst die Zielsetzung des Antrags. Der war auch nicht der erste Vorstoß seiner Fraktion zu dem Thema – unter Bürgermeister Michael Antenbrink habe es geheißen, es fehlten die Freiflächen und die Telekom zeige kein Entgegenkommen.

„Entweder die Telekom hat dazugelernt, oder die Aussage von damals stimmte nicht“, sagte Marcus Reif (CDU). Denn das mit dem fehlenden Entgegenkommen stimmt zumindest inzwischen nicht mehr. Beim ersten Punkt kann der heutige Bürgermeister-Nachfolger Bernd Blisch derzeit auch nichts zusagen, es gestalte sich schwierig, geeignete Flächen zu finden. Die Kästen würden von der Telekom derzeit mehr und mehr abgebaut, und wenn das Unternehmen andererseits sage, dass es nicht möglich sei sie zu bemalen, „dann muss man das so hinnehmen“.

Den Antrag der dfb begrüßte Blisch, er könnte das Ziel noch einmal bekräftigen und an ihn erinnern. Uwe Dicks (SPD) betonte, dass Vereine und Anwohner unbedingt in die Aktionen einbezogen werden sollten. Auch Gewerbetreibende könnten sich einbringen. Der Antragstext wurde um diese Anregung ergänzt.

Nils Oßwald (GALF) empfahl, aus dem Prüfantrag, den die Freien Bürger formuliert hatten, gleich einen Beschluss zu machen, „vielleicht sollte man einen Wettbewerb daraus machen“, überlegte er zudem. Sein Fraktionskollege Peter Kluin kennt nach eigenem Bekunden „ganz tolle Beispiele“ für solche Aktionen, „das wäre eine Aufwertung für Flörsheim“.

So geht es bei dem Projekt, für das laut Antragstext von Stadt und Singer eine Auswahl an Strom- und Verteilerkästen festgelegt werden soll, vor allem um bunte Kunst und weniger um den Kampf gegen die Tag- und sonstigen Schmierer. Und das ist sicher auch der richtige Fokus, denn es wäre eine gewagte Annahme, dass Sprühdosen-Sprayer, die in der Dunkelheit eilig ihre Tags an einem Verteilerkasten hinterlassen, bei koordinierten Kunstaktionen der Stadt auftauchen und fortan von ihren Verunstaltungen Abstand nehmen.

Die Ergebnisse der Prüfung werden von der Verwaltung im Sozial- und Kulturausschuss berichtet. Der ergänzte Antrag wurde einstimmig angenommen.

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