Edle Rittersleut in grün-gelb gewandet

Flörsheimer Narren Club eröffnet Jahr mit Ordensfest auf dem Bahnhofsvorplatz - Rittererhebung verdienter Gardisten

Der Ordensempfang zum Jahresbeginn im Freien war in dieser Form zum ersten Mal im Programm des FNC.

Für das hiesige närrische Volk ist der Flörsheimer Narren Club (FNC) in der Fastnachtskampagne vor allem der Verein, der für die Straßenfassenacht zuständig ist. Den großen, vom FNC organisierten Umzug durch die Altstadtgassen wird es am 19. Februar auch wieder in der gewohnten Form geben, dürfen die Närrinnen und Narren sich freuen. Am Sonntag wurde nun aber möglicherweise eine neue Tradition geboren, denn einen Neujahrsempfang mit Ordensfeier unter freiem Himmel gab es zum ersten Mal und könnte sich im Veranstaltungskalender des Vereins etablieren.

Der Ort der Zusammenkunft mit gut einstündigem Progamm ist mit diesem Debüt nicht unbedingt festgeschrieben. Er ergab sich aus dem Hang der Fastnachter zu närrischen, durch elf teilbare Zahlen, denn in diesem Jahr wird die Metallskulptur „Hail die Gailer“ auf dem Bahnhofsvorplatz 22 Jahre alt. Aus diesem Anlass hatte Thomas Reinelt schon im vorvergangenen Jahr zusammen mit dem Sprecher des Generalstabs, Simeon Dimitriadis, auch den aktuellen Kampagneorden entworfen. Ein Drama, dass der dem Fastnachtstreiben verbundene Künstler im Dezember verstarb und den Siegenzug des besonderen Ordens nicht mehr erleben kann. Ihm widmete der FNC am Sonntag eine Schweigeminute, wie natürlich auch den anderen im vergangenen Jahr verstorbenen Mitgliedern.

Orden wurde am Sonntag den Garden, den Tanzgruppen sowie einigen aktiven Unterstützern des Vereins übergehängt. Zudem bekommen ihn am kommenden Senatsabend in der Stadthalle die Mitglieder, Gäste und Förderer des FNC verliehen (und müssen ihn nicht wieder zurückgeben). Was danach von der Auflage von über 600 Stück nicht vergeben ist, kann in diesem Jahr, anders als sonst, von allen Interessierten erworben werden – nicht zuletzt als Erinnerung an Reinelt, dank eines Sockels zum Aufstellen geeignet.

Der Empfang unter freiem Himmel ist nicht die einzige Neuerung der diesjährigen Kampagne, vielmehr hielt ein Begriff Einzug, der bisher beim FNC-Treiben noch nicht bekannt war: Die Erhebung von verdienten Gardisten in den Ritterstand und damit verbunden die Verleihung des „Ordens vom Goldenen Vlies“. Das ist ein 1430 eingeführter burgundischer Ritterorden, der also eine deutlich längere Tradition hat als die im 19. Jahrhundert entstandenen Karnevalsvereinigungen. Die mit der Auszeichnung anerkannten ritterlichen Tugenden der Empfänger passen aber auch zu den Anforderungen, die ein Gardist eines ehrwürdigen Fassenachtsvereins an den Tag legen sollte.

Wie Dimitriadis erläuterte, sind da die Tugenden Fleiß, Verlässlichkeit, Dienstbereitschaft, Höflichkeit, aber auch Lebensfreude und – ja, daran hält der FNC auch 2023 fest – wahrer Mannhaftigkeit, speziell im Kampf gegen die Mucker und Philister, zu verstehen. Das, sei zur Warnung an alle erwähnt, die es betrifft, sind die Ignoranten, Verweigerer oder gar Gegner des fastnächtlichen Treibens. Die soll es tatsächlich geben. Den Rittern wurde ihr edler Stand durch eine Urkunde bescheinigt, dazu gab es einen vom Vorstand erfundenen lateinischen Namenszusatz der neuen „vons“.

Vorsitzender Heinz Schäfer wurde als Erster mit dem Ritterschlag bedacht und wähnte sich daher zurecht in höchster Gefahr. Schließlich fuchtelte Hubert Klein mit einem Schwert um seinen Kopf herum, setzte es aber wie vorgesehen lediglich auf seinen Schultern ab, wie bei der Erhebung in den Ritterstand üblich. Nicht überliefert, aber einem Narrenklub würdig war der zweite Teil der Zeremonie. Klein setzte zu einer saftigen Ohrfeige an, „das wird ihm im Gedächtnis bleiben“, hatte Dimitriadis erläuterte.

Klein holte ordentlich aus, führte die Hand dann aber in einer Zeitlupenbewegung an die Wange Schäfers, wir sind schließlich nicht mehr in der derben Ritterszeit. Schäfer hielt es als Zeremonienmeister bei den weiteren Erhebungen genauso. Der Ordensempfang blieb so eine völlig gewaltfreie Versammlung in gelb-grün, anders als nahezu zeitgleich die gelb-grüne Zusammenrottung auf der Südhälfte des Planeten, die sich in Brasilia abspielte.

Die Versammlung begann mit der Begrüßung durch Schäfer, der mit einem dreifachen „Hall die Gail“ für ein Grußwort an Bürgermeister Bernd Blisch übergab, nachdem dem Rathauschef als Erstem den Kampagneorden übergehängt worden war. Er lobte die wieder zurückgekehrte Aktivitäten des FNC, hob die Bedeutung der Fastnachter für das gesellschaftliche Leben in der Stadt hervor und rief zum fleißigen Spenden auf.

Etwas entfremdet von dem fastnächtlichen Symbolen hatte sich aber offenbar auch der Rathauschef in der unnärrischen Zeit. „Ich dachte erst, da weht die Regenbogenfahne“, bekannte er seine Täuschung beim Blick auf die drei Fahnenmasten am Bahnhofvorplatz. Dort weht seit Sonntag auf dem mittleren Mast zwischen Deutschland- und EU-Fahne nunmehr wieder das vierfarbbunte Banner – und das schon zum zweiten Mal in diesem Jahr. Denn Gardekommandeur Björn Ewald befestigte das Stoffrechteck zu Beginn des Empfangs wohl etwas nachlässig, es machte sich nach wenigen Minuten selbstständig und segelte gen Boden.

Ansonsten klappte bei diesem Ordensempfang alles nach Plan. Selbst die angesichts der vorigen Stunden nicht unberechtigte Befürchtung, dass es während der Veranstaltung etwas feucht von oben werden könnte, erwies sich als unbegründet. Der Musikverein war der gewohnt treue Begleiter des FNC bei diesem für beide Vereine ersten Termin im neuen Jahr. „Am Rosenmontag bin ich geboren“ erklang dabei gleich zweimal, als Heinz Schäfer seinen Wunsch „spielt mal etwas zum Schunkeln“ äußerte. Richtig „eingrooven“ dürfen die Garden und ihre Gäste sich dann am Samstag beim Senatsabend in der Stadthalle.

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