Gegen Extremregen sollte sich jeder wappnen

Ingenieur Andreas Blank stellte im Umweltausschuss die "Starkregengefahrenkarte" vor

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Sie sollen als eine Auswirkung durch die mit dem Klimawandel extremer werdenden Wetterlagen in Zukunft häufiger, aber zumindest heftiger auftreten und können enormen Schaden anrichten. Gut zu wissen daher, wo sich bei sogenannten „Starkregenereignissen“ die Wassermassen sammeln und zur Bedrohung der Gebäude werden könnten und wo nach aller Voraussicht keine gefährlichen Situationen zu erwarten sind.

Den Kommunen wurde vom Land dringend empfohlen und mit einer finanziellen Förderung durch die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen hinterlegt, die Gefahrenlage in ihren Gassen in sogenannten „Starkregengefahrenkarten“ festzuhalten. Die hat das beauftragte Ingenieurbüro Blank (Wiesbaden) für Flörsheim erarbeitet und nun im Ausschuss für Bau-, Verkehrs- und Umweltfragen vorgestellt. Auch die vier Ortsbeiräte waren dazu eingeladen. Es war eine Vorabdarlegung des Vortrags, den Bürochef Andreas Blank am Montag, 26. Mai, 19 Uhr, bei der öffentlichen Informationsveranstaltung in der Stadthalle darlegen wird.

Es handelt sich im Prinzip um eine „hydraulische Simulation“. Grundlage ist eine genaue topographische Kartierung des Stadtgebiets inklusive des Freigeländes. Die Daten hat das Land durch Überflugmessungen erhoben, mit einer beeindruckenden Detailtiefe von zwölf Messpunkten pro Quadratmeter. Zur Simulation lässt man den Computer Wassermassen auf der Flörsheimer Gemarkung niedergehen – und dann wird geschaut, wo es hinläuft und sich sammelt, wenn es zu viel wird für die Kanalisation.

Es sind Informationen, die natürlich dem Katastrophenschutz und den Feuerwehren einen Hinweis geben sollen, wo Probleme auftreten würden, wenn zu viel Wasser auf die Stadt und die Umgebung fällt. Weil in Flörsheim auch das Wasser ein Problem werden kann, das aus der weiteren Region in die tiefer gelegene Stadt abfließt, umfasste die Simulationsfläche nicht nur die 22 Quadratkilometer der Flörsheimer Gemarkung, sondern ein Gebiet von fast 51 Quadratkilometern.

Die Datenerhebung geht weit über das Höhenprofil hinaus. Bekannt und berücksichtigt werden das in einem eigenen Kataster erfasste Kanalsystem und damit, welches Leistungsvermögen es für die Ableitung von Regenfällen in den einzelnen Straßenzügen hat. Einberechnet sind auch die Nutzungsarten des Grundstücke, um ihren Versiegelungsgrad festzulegen. Zudem, welche Gebäude über Tiefgaragen verfügen und auf welchen Niveau die Kellereingänge liegen. Nicht bekannt seien die Arten der einzelnen Hausanschlüsse und der Dachentwässerung, betonte Blank.

Ziel ist es, dass verlässliche Prognosen entstehen, die auch jedem einzelnen Haus- und Grundstücksbesitzer Informationen geben, welche Überflutungshöhe bei ihm maximal zu erwarten ist. Sie könne dann entscheiden, ob sie ihr Gebäude durch entsprechende Maßnahmen gezielt vor einem Starkregenereignis besser schützen wollen. Klar ist: Jede Kanalisation stößt schnell an ihre Grenzen, wenn es zu heftig gießt. Da alle abführenden Systeme so berechnet sind, dass sie durchschnittliche Regenmassen aufnehmen kann, bezeichnet „Starkregenereignis“ genau den Punkt, an dem dies nicht mehr funktioniert – jedenfalls nicht an allen Stellen im Stadtgebiet, wie Flörsheim zuletzt im August 2023 erfuhr.

Die Fachleute sprechen bei solchen Starkregenereignissen von „konvektivem Niederschlag“, der am ehestem dem typischen nachmittäglichen Sommergewitter entspricht. Hier strömt erwärmte bodennahe Luft bis zu zwölf Kilometer vertikal nach oben, führt dabei viel Wasser mit sich, das in den kühleren Schichten angekommen kondensiert. Schauer oder Gewitter mit hoher Intensität sind die Folge.

Schon bei einer zu erwartenden Niederschlagsmenge von 15 bis 25 Liter pro Quadratmeter in einer Stunde schickt der Deutsche Wetterdienst eine Warnung raus, „das ist aber eigentlich nicht viel“, erläuterte Blank. Es ist als „Starkregen“ die unterste Warnstufe. Die Bezeichnung der Karte ist daher eigentlich ungenau und leicht irreführend. Erfasst werden die Auswirkungen der Stufen 4 und 5 (Kategorie „seltener Starkregen“) sowie 7 ("Außergewöhnlicher Starkregen") der zwölfstufigen Einteilung, also nicht einmal die besonders extremen. Die Kategorie „Außergewöhnlicher Starkregen“ entspricht zwar einem nur alle 100 Jahre zu erwartenden Ereignis – aber dieser Maßstab stammt aus alten Zeiten, vor dem Klimawandel.

Die Katastrophe 2021 im Ahrtal ist übrigens nicht mit diesen Starkregen in Verbindung zu bringen, stellte Blank klar. Hier hatten normale, aber ergiebige Dauerregen in der ganze Region zum extremen Anstieg der Wassermassen in den Bächen und Flüssen der weiteren Umgebung und damit letztlich in der Ahr geführt. Da ist das Drohpotenzial in Flörsheim natürlich vor allem der Main. Aber Hochwasserereignisse sind immer mit ziemlich langer Ankündigung verbunden – an der Verbesserung des Schutzes vom Main her wird demnächst gearbeitet.

Die Bürger können die Simulationen des Ingenieurbüros nach der Informationsveranstaltung über die Internetseite der Stadt abrufen und downloaden, in guter Detailauflösung. „Jeder muss das Risiko letztlich selbst bewerten“, betont Blank. Die Karte zeigt die laut Simulation zu erwartende Überflutungshöhe während des Starkregens der erwähnten Stufe in vier Farben an, von weiß (bis zehn Zentimeter), über gelb (10 bis 30), orange (30 bis 50) und rot (über 50). Bei der Veranstaltung werde er Maßnahmen vorschlagen, die ergriffen werden können, um Schäden an den Gebäuden oder etwa auch am Fahrzeug in der Garage zu vermeiden.

Bei Ereignissen der Stufe 7 seien allgemeine sinnvolle Maßnahmen des Hochwasserschutzes wie das Vergrößern von Retentionsflächen, das Umleiten von Fließrouten auf diese, das Schaffen vieler kleinerer, dezentraler Rückhalteflächen und bei Bauprojekten den Standort im Sinne der Ziele zu untersuchen nicht ausreichend, stellt Blank klar. „Ab dieser Stufe ist der Objektschutz auf technisch-konstruktivem Wege der einzige Ansatz.“ Dafür ist Grundstück für Grundstück eine Analyse wünschenswert, was für den glimpflichen Ausgang solch eines Starkregenereignisses zu tun ist.

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