Fayencen und Postkartenansicht

Neuerwerbungen der Flörsheimer Bürgerstiftung im Heimatmuseum zu sehen

Der Vorsitzende des Stiftungsrates der Flörsheimer Bürgerstiftung, Bürgermeister Michael Antenbrink, und der Vorsitzende des Flörsheimer Heimatvereines, Dr. Bernd Blisch, freuten sich, die Neuerwerbungen der Bürgerstiftung im Heimatmuseum präsentieren zu können.?(Foto: A. Kreusch)

 

FLÖRSHEIM (ak) – Im Rahmen eines kleinen Empfangs zum Jahresbeginn im Flörsheimer Heimatmuseum am letzten Sonntagmorgen, 8. März, freuten sich Bürgermeister Antenbrink als Stiftungsratsvorsitzender der Flörsheimer Bürgerstiftung und Dr. Bernd Blisch, der Vorsitzende des Flörsheimer Heimatvereines, drei Neuerwerbungen der Stiftung vorstellen zu können: Es ist der Bürger-Stiftung gelungen, zwei mit blauen Blumen bemalte Teller aus der Flörsheimer Fayence-Fabrik sowie ein Gemälde, welches das Flörsheimer Ufer von der Rüsselsheimer Mainseite aus zeigt, zurück in die Stadt zu holen. Die beiden Teller werden in Zukunft als Dauerleihgabe im Heimatmuseum die Sammlung an Flörsheimer Fayencen bereichern, für das Bild wird die Stadt später einen Platz entweder im Rathaus oder vielleicht auch im Verwaltungsgebäude Neue Kirchschule finden.

 

Da sich der Flörsheimer Heimatverein ja ganz besonders der Pflege des Andenkens an die Flörsheimer Fayence-Fabrik widmet, freute sich sein Vorsitzender, Dr. Bernd Blisch, sehr darüber, dass die Bürgerstiftung die beiden Teller nun dem Heimatmuseum zu Verfügung stellen kann. Die Flörsheimer Fayence-Fabrik wurde 1765 im Auftrag des Mainzer Kurfürsten als Aktiengesellschaft von dem Mainzer Georg Ludwig Müller gegründet, sie beschäftigte damals etwa 80 Arbeiter. Dort wurden bis zu Beginn der großen Kriege vor allem hochwertige, repräsentative Fayencen hergestellt, die ihren Platz in herrschaftlichen Häusern fanden, später wurde dort bis 1914 noch bäuerliche Gebrauchskeramik hergestellt. Welche Bedeutung diese Flörsheimer Fayence-Fabrik für die Stadt Flörsheim hatte und noch immer hat, wird darin deutlich, dass das Markenzeichen der Fabrik, die drei F (FFF) auch heute noch im Flörsheimer Wappen zu sehen sind. Die von der Bürgerstiftung für 700 Euro von einem Wickerer Privatmann erworbenen Teller zeigen für die Flörsheimer Fayence-Fabrik in den Farben und der Bemalung typische Motive.
Repräsentative, wunderbar bemalte Teller
„Die Teller wurden im sogenannten Scharfbrennverfahren hergestellt, daher beschränkt sich die Farbgebung auf blaue und grüne Töne, die diese dabei benötigten hohen Temperaturen aushalten“, erklärte Dr. Bernd Blisch zu den beiden neuen Ausstellungsstücken in der Sammlung des Heimatmuseums. „Die auf dem einen Teller wunderbar dargestellte Rose ist eine Art Markenzeichen für die Flörsheimer Fayence-Fabrik, sie findet sich auch auf vielen anderen Stücken, die in unserer Sammlung hier hergestellt werden. Die etwas an den Rand geschobene Nelke auf dem anderen Teller ist eigentlich typisch für Straßburg – sie zeigt, dass der Maler dieses Tellers schon gereist war und sowas schon mal gesehen hatte.“ Es ist anzunehmen, dass die beiden Teller mit den „gewagten“ geschwungenen Rändern einmal zu einem sechs oder acht Teile umfassenden Service gehört haben, bei dem jeden Teller ein anderes Blumenmotiv geziert hat. „Von diesen Tellern wurde sicher nicht gegessen, man hat sie in repräsentativen Räumen seinen Gästen nur gezeigt“, erklärte Blisch.
Genau zeitlich datieren kann man die Teller nicht, sie tragen – wie damals üblich – keine Signatur des Malers. Dass sie aber als dekorative und repräsentative Stücke konzipiert waren, zeigt, dass sie vor den die Region ausblutenden Kriegen gefertigt worden sein müssen. Dass Stücke der Flörsheimer Fayence-Fabrik durchaus nicht nur in Flörsheim begehrt sind, daran erinnerte Prof. Horst Thomas beim Betrachten der Teller: „Sogar im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg, dem größten Museum deutscher Kultur, sind Stücke aus der Flörsheimer Fayence-Fabrik ausgestellt“, erzählt er und beschreibt eine große Terrine aus der Sammlung dort, die mit einem beträchtlichen, schön bemalten Kohlkopf auf dem Deckel verziert ist.
Stadthistorisch wichtige Ansicht von Flörsheim
Das dritte Exponat, welches Bürgermeister Antenbrink den zahlreichen Gästen am letzten Sonntag präsentieren konnte, hat zwar keinen großen kunstgeschichtlichen Wert, ist aber dennoch ein zeitgeschichtliches Werk mit einer typischen Flörsheimer Ufer-Ansicht, in Öl gemalt. „Das Gemälde ist zwar vielleicht nichts Wertvolles, aber es hat stadthistorisch schon eine große Bedeutung. Es ist uns von einem Wiesbadener angeboten worden, die Bürgerstiftung konnte es für 550 Euro kaufen. Da war das Bild noch ziemlich verdreckt und auch etwas beschädigt, weil es wohl längere Zeit in einer Gastwirtschaft aufgehängt war, nach dem Aufarbeiten sieht es jetzt aber wieder schön hell aus. Dr. Blisch hat uns auch zugeraten, es anzukaufen. Das Gemälde ist zwar sicher keine Kunstsensation, aber wir freuen uns trotzdem, dass wir es jetzt wieder hier in Flörsheim zeigen können“, erklärte Antenbrink zufrieden bei der Vorstellung. Ein Schild am Rahmen des Bildes weist darauf hin, dass es 1926 der Flörsheimer Sängerbund als Geschenk zum 15-jährigen Bestehen des befreundeten Gesangvereines in Engers am Rhein hat anfertigen lassen. Die Signatur „GW“ im Gemälde ist etwas rätselhaft: Neben der Möglichkeit, dass die Flörsheimer Mainuferansicht vom Bruder Georg des Flörsheimer Malers Johann Weber gemalt worden sein könnte, gibt es auch die Ansicht, Johann Weber selbst habe nach einem Aufenthalt in Italien einfach mal Spaß daran gehabt, seinen Vornamen in „Giovanni“ umzuwandeln. „Das scheint mir doch ziemlich wahrscheinlich“, meinte Bürgermeister Antenbrink schmunzelnd dazu, „das würde zum Charakter von Johann Weber passen, sich kurzerhand mal zum ,Giovanni' zu ,italisieren'.“ Dr. Bernd Blisch stimmte ihm da auch zu.
Interessant findet Michael Antenbrink auch, dass zur Zeit im Flörsheimer Mainturm eine Fotografie ausgestellt ist, die nahezu die gleiche Uferansicht von Flörsheim zeigt. Auf dem Gemälde wurde allerdings die Möglichkeit des Künstlers genutzt, alles was Flörsheim zu der Zeit an repräsentativen Gebäuden und an „Verkehr“ auf dem Main zu bieten hatte, zu zeigen: Da befindet sich neben der Fähre auch ein Nachen und sogar das weiße Schindling’sche Ausflugsschiff „Ida“, die Silhouette der Stadt zeigt auch Gebäude wie etwa den Turm der evangelischen Kirche und das Dach der Riedschule, die man beide aus der gewählten Perspektive so vielleicht gar nicht wirklich sehen kann. „Es hat eben etwas von einem Postkarten-Bild: Es zeigt alles, was den Flörsheimern damals wichtig war und auf das sie stolz waren“, meinte Dr. Bernd Blisch schmunzelnd dazu.

 

 

 

 

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