Die fetten Jahre richten es

Bürgermeister Bernd Blisch legt unausgeglichenen Haushalt vor - Rücklagen der Vorjahre sollen helfen

Mit einem Volumen von 1,1 Millionen Euro sollen die abschließenden Arbeiten am Alten Rathaus der zweitgrößte Investitions-Einzelposten im kommenden Jahr werden.

Groß waren die Sorgen, nachdem sich im vergangenen Jahr allmählich herausschälte, dass die Corona-Pandemie uns nicht nur episodenhaft beschäftigen würde, wie sich die diversen Einschränkungen des Lockdowns im Alltagsleben auf die Finanzen der Kommune auswirken würden. Klarer Fall: Je weniger es in den Kassen der Geschäfte und Betriebe klingelt, desto weniger Gewerbesteuerzahlungen sind zu erwarten, die auch in Flörsheim einen bedeutenden Teil der Einnahmen der Stadtkasse ausmachen.

Der Haushalt 2022, den Bürgermeister und Kämmerer Bernd Blisch nun in die Stadtverordnetenversammlung einbrachte, ist unweigerlich von den besonderen Zeiten geprägt, anders als in den Jahren zuvor wird es den Erwartungen nach auch nicht mehr gelingen, die Einnahmeverluste auf mehreren Ebenen so aufzufangen, dass sich der Haushalt ausgeglichen aufstellen ließe. Und so präsentiert Blisch eine Aufstellung, die unter dem Motto läuft: 2022 wird es in Ergebnis- wie Finanzhaushalt ein Minus in der Kasse geben, das aber angesichts der Überschüsse der Jahre 2019 und 2020 locker wegzustecken ist.

Die Fraktionen werden in den kommenden Sitzungen vor allem des Haupt- und Finanzausschusses Gelegenheit bekommen darzulegen, wie unausweichlich sie dieses Minus sehen, oder ob sie Verschiebungen fordern. Eines ist dabei klar: Gerade in den unsicheren Zeiten drücken solche Prognosewerte nicht mehr aus als vage Erwartungen. Blisch hätte problemlos die schwarze Null präsentieren können, wenn er bei den Steuereinnahmen etwas forscher angesetzt hätte.

Zwischen in einer Haushaltssatzung festgehaltenen Erwartung und der Realität könne in beide Richtungen schon mal mehrere Millionen Differenz liegen, gerade bei den schwankenden Gewerbesteuereinnahmen.

Die Einnahmen

Angesichts des bevorstehenden „Winters des Missvergnügens“ 20/21 schrieb Blisch im Herbst 2020 für den Etat 2021 Einnahmen aus dieser Quelle von 7,5 Millionen Euro ein. Die aktuelle Prognose geht nun aber von rund 13 Millionen aus, der entscheidende Faktor, der das Jahr 2021 negative Entwicklungen auf anderen Feldern auffängt und ein erneutes Überschussjahr von aktuell erwartet fünf Millionen Euro Plus im Ergebnishaushalt beschert. Die Ergebnis-Rücklagen für 2019 (1,5 Millionen Euro) und 2020 (3,3 Millionen Euro), zusammen also 4,8 Millionen Euro., werden damit in diesem Krisenjahr gerade mal verdoppelt. „Das hatte es in Flörsheim schon viele Jahre nicht mehr gegeben“, betonte Blisch.

Warum dann nun also der eher pessimistische Ausblick?

Erträge von 51,235 Millionen Euro werden im Ergebnishaushalt demnach Aufwendungen von 52.509 Millionen Euro gegenüberstehen, ein Fehlbedarf von 1.272.900 Euro. Hier spielten die sinkenden Schlüsselzuweisungen des Landes – verzögerte Folge der ertragreichen Vorjahre – hinein, es werden 750.000 Euro weniger erwartet, nur noch 9,1 Millionen Euro. Ein Wert, der sich nicht ändern wird, weil er sich aus bekannten Zahlen ergibt.

Beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuern, in Flörsheim der stets wichtigste Einnahmeposten überhaupt, wird mit rund 15 Millionen Euro angesetzt – ein geringerer Zuwachs als in den vorigen Jahren, betont Blisch. Bei der Gewerbesteuer setzt der Kämmerer für 2022 nur 9,7 Millionen Euro an. Das sei zwar deutlich weniger als 2021 hineinkommen wird. „Wir wissen aber auch alle, dass die Gewerbesteuer eine flüchtige Größe ist“, begründet der Bürgermeister den zurückhaltenden Ansatz. Damit liege die Erwartung „immerhin eine Million Euro über dem Ergebnis von 2020 und eine halbe Million über dem Ergebnis von 2019“.

Bei der Grundsteuer B sind der Ansatz und der Hebesatz mit 4,5 Millionen Euro unverändert. Es werde in Ländern und Bund derzeit über eine Neuberechnung der Grundsteuer gesprochen, erläuterte Blisch. „Wenn dort Ergebnisse vorliegen, dann sollten auch wir in Flörsheim das Thema vielleicht noch einmal aufmachen.“ Für 2022 sei das aber noch nicht angesagt.

Aus dem der Stadt zustehenden Anteil an der Umsatzsteuer, die in Flörsheim erzielt wird, bedeuten 1,1 Million Euro rund 160.000 Euro Rückgang – hier dürfte es sich um die unvermeidliche Folge der halbjährigen Umsatzsteuersenkung im zweiten Halbjahr 2020 handeln. Einziger weiterer Millionenposten bei den Erträgen wird der Familienleistungsausgleich mit rund einer Million Euro sein.

Die Ausgaben

Der größte Posten der Ausgaben im Ergebnishaushalt ist auch der mit einer kontinuierlichen Progression. Die Kosten für die städtischen Beschäftigten sind 2022 mit 14,9 Millionen Euro veranschlagt, rund eine Million mehr (7,2 Prozent) als im Ansatz 2021. Zusätzliche Stellen seien ausschließlich im Bereich der Kinderbetreuung vorgesehen, hier ist vor allem die für 2022 vorgesehene Erweiterung der Weilbacher Kita Pusteblume zu nennen. Bedeutender für den Anstieg sind laut Blisch die tariflichen Lohnsteigerungen.

Um 600.000 Euro muss die Stadt für die Kreis- und Schulumlage in die Tasche greifen, sie steigt von 16,8 auf 17,4 Millionen Euro. Hier warnt Blisch vor: Dieser Ansatz muss wohl nach oben angepasst werden, so lassen es die aktuellen Haushaltsberatungen im Kreis erwarten, denn der Ansatz von Landrat Michael Cyriax plant eine Erhöhung der Schulumlage von 15,45 auf 15,90 Prozent. Das würde die Flörsheimer Kasse mit 170.000 Euro zusätzlich belasten.

Die Sach- und Dienstleistungen kosten 2022 rund 300.000 Euro mehr als im Vorjahr und kommen so auf 6,9 Millionen Euro, Zuschüsse und Zuweisungen betragen 5,5 Millionen Euro. Und wie es eben so ist, wenn die Einnahmen steigen: Die Gewerbesteuerumlage steigt gleich mit, 2022 werden es wohl 860.000 Euro sein.

Der Finanzhaushalt

Die vorgesehen Investitionen im Jahr 2022 von 8,965 Millionen Euro ergeben ein Minus von 1,064 Millionen Euro, da dem die Einnahmen aus der Verwaltungstätigkeit von 1,216 Millionen Euro und der Finanzierungstätigkeit von 6,685 Millionen Euro gegenüberstehen. Nicht weiter schlimm, betont Blisch und verweist auf die in den vergangenen Jahren entstandenen Rücklagen und damit Liquiditätspuffer. Zudem geht der Bürgermeister, auf den fünfjährigen mittelfristigen Planungszeitraum bezogen, von einem positiven Gesamtergebnis bei Ergebnis- und der Finanzplanung aus, das Minusjahr 2022 soll also nicht zur Gewohnheit werden.

Somit geht Blisch davon aus, einen genehmigungsfähigen Entwurf vorgelegt zu haben, der ohne ein stets nerviges Haushaltssicherungskonzept auskommt.

Die Investitionen

Die 8,965 Millionen Euro seien mit konkreten Maßnahmen hinterlegt, betonte Blisch.

  • Die Kita Pusteblume (Ergänzungsbau) ist mit 3,2 Millionen Euro eingeplant.
  • Zum Abschluss der Sanierung des Alten Rathauses werden weitere 1,1 Million Euro benötigt.
  • Die Neugestaltung der Mainuferpromenade wird den Prognosen nach 750.000 Euro kosten.
  • Bei den Straßenbaumaßnahmen nannte Blisch für 2022 die Umgestaltung der Bahnhofstraße zwischen Eddersheimer und Altkönigstraße, den Ausbau der Plattstraße und die Planung für den Ausbau der Hospitalstraße.

Die Schuldenentwicklung

Seine Schwiegermutter sei eben eine schwäbische Hausfrau, „da bleibt immer etwas hängen“, begründet Blisch seine „vor dem Hintergrund der aktuellen Rahmenbedingungen erneut vorsichtig geschätzten“ Zahlen. Der Bürgermeister stellt aber auch klar, dass die Stadt unter ihm trotz ihrer Investitionen auch an den Schuldenabbau herangegangen sei. Und so wurde sie dann doch wieder ein Thema, die Hessenkasse.

Bei seinem Amtsantritt im Jahr 2018 habe die Stadt neben 35,7 Millionen Euro Schulden aus Investitionskrediten auch 16 Millionen Euro Schulden durch Kassenkredite verzeichnet. Als die Stadt in jenem Jahr der Hessenkasse beitrat, bedeutete dies 16 Jahre lang je 500.000 Euro davon abzuzahlen, dafür übernahm das Land Hessen die Hälfte des Betrags, also 8 Millionen Euro.

In diesem Jahr erlaubten die gute Liquidität und Gewerbesteuereinnahmen eine Sondertilgung von 3,5 Millionen Euro, also den Betrag für sieben Jahre. Von 8,2 Millionen Euro sank die Höhe der Verpflichtungen seiter damit auf 3,4 Millionen Euro.

Bei den Investitionskrediten ist die Sache deutlich schwieriger. Hier geht der Fahrplan für 2020 von einem Anstieg auf 39,8 Millionen Euro aus, weil - ebenso wie in den beiden vorigen Jahren - auf die im Haushalt veranschlagte und genehmigte Kredit-Neuaufnahme verzichtet werden kann. Daher erwarte er, „dass wir eher bei 33,3 Millionen an Investitionskrediten liegen werden“, betonte der Bürgermeister. Der Magistrat habe ihn „bei dieser Vorgehensweise dankenswerterweise stets unterstützt“.

Blisch appellierte in seinen Schlussworten an die Fraktionen, eine Haushaltspolitik zu unterstützen, in der all das umgesetzt und gestaltet werde, „was wir für das Hier und Heute und die Bürger und Bürgerinnen unserer Stadt für wichtig und notwendig erachten“. Das dürfte aber nicht auf Kosten der nächsten Generationen gehen. Die Stadt habe es gut durch die Corona-Pandemie geschafft, wie auch 2020 und 2021 werde es keine Abstriche im Angebot für die Flörsheimer und Flörsheimerinnen geben – außer den konkret den Corona-Maßnahen geschuldeten Einschränkugen.

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