Juli, ab 11 Uhr im „Joffche“. Den großen Bahnhof macht Robert Oerter auch aus Dankbarkeit. Nach seiner schweren Erkrankung, die ihn in den Rollstuhl zwang, hat er viel Zuspruch erfahren und das angenehme Gefühl genossen, ziemlich gute Feunde zu haben. So soll es auch am Samstag wieder werden.
Umgekehrt hat sich ja auch Robert Oerter in seinem Leben vielen Menschen zugewandt und sich für sie engagiert. ob in Partei oder im Betrieb, ob im Ortsgericht, in der Arbeiterwohlfahrt oder in Bürgerintiativen wie dem Verein Für Flörsheim oder der BI Pro. Oerter ist auch in einer ganzen Reihe von Vereinen. Er hat immer gern gesungen und sich daher dem Sängerbund, dem Club „Harmonie“ und einem Rüsselsheimer Gesangverein angeschlossen. Hinzu kommen Sportverein 09 und der Verein für Deutsche Schäferhunde.
Politisch geprägt haben ihn die sozialdemokratischen Flörsheimer Familien von Elisabeth Jakobi und Willi Thomas, in denen er eine Zeitlang lebte. Schon als Bub trug er SPD-Briefe und Einladungen zu den Mitgliedern und lernte den beeindruckenden Jakob Altmaier kennen, mit dem er einen angeregten Briefwechsel hatte. 1960 trat Oerter in die Partei ein, damals in Weilburg. Als er ein Jahr später nach Flörsheim zurückkehrte, war er ganz schnell Kassierer des von Wolfgang Flörsheimer geführten Ortsvereins. Das Amt war damals ziemlich abwechslungsreich: der Kassierer musste zu allen Mitgliedern, um die Beiträge zu „kassieren“, und war folgerichtig das Vorstandsmitglied mit den meisten Basiskontakten. Dieser Gedankenaustausch hat Robert Oerter immer sehr viel Spaß gemacht und hielt ihn im reichlich zerstrittenen SPD-Ortsverein auf der Seite der Pragmatiker.
1974 wurde Oerter Vorsitzender des SPD-Ortsbezirks Flörsheim, nach einer Kampfabstimmung, die manche Gräben offenlegte. Doch in der Zusammenarbeit mit Gerd Mehler gelang es in den folgenden Jahren, die verschiedenen Flügel und Gruppen zusammenzuführen. 1981 wurde Robert Oerter Vorsitzender des gesamten SPD-Ortsvereins, was ihn durchaus auch stolz machte. Damals hatte die SPD immerhin 240 Mitglieder, mehr als die CDU. Heute sind es nur noch knapp mehr als die Hälfte. 1989 gab Oerter das Amt aus beruflichen Gründen ab, übernahm es aber noch einmal elf Jahre von 1998 bis 2008.
Stadtverordneter wurde der Sozialdemokrat 1977. Seit 16 Jahren wirkt er nun im Magistrat mit, ein Engagement, dass er sich auch nach der schweren Erkrankung nicht nehmen ließ. Seine Motivation schöpft Robert Oerter aus der Freude, für seine Stadt und ihre Menschen etwas zu tun und an den Entscheidungen mitzuwirken. Zudem schafft das Gemeinsamkeiten, nicht nur in der Partei. Oerter schätzt den Zusammenhalt im Magistrat, das angenehme Klima in diesem kollegialen Gremium, auch wenn das in heutigen Zeiten nicht mehr ganz so ist wie früher.
Das hat freilich mit dem größten Erfolg zu tun, den Robert Oerter und seine Genossen feiern konnten: dem Sieg bei der Bürgermeisterwahl 2006. „Es war ein Glücksgriff, dass wir Michael Antenbrink als Kandidat gewonnen haben.“ Jetzt sind die politischen Verhältnisse in Flörsheim kompliziert geworden – alle müssen mit allen über alles reden, ohne zu wissen, welche Mehrheiten sich bilden werden. Demokrat Oerter findet das gut. Und das durchaus nicht nur unter dem Gesichtspunkt, jahrzehntelang in der Opposition gewesen zu sein. Die gewichtigen Entscheidungen in einer Stadt wie Flörsheim sollten gemeinsam getroffen werden, lautet auch seine Überzeugung. Und das ist ja auch fast durchweg gelungen.
Wehmut über Opel
Der in der Landwirtschaft groß gewordene Robert Oerter lernte beruflich zunächst Melker, wechselte dann aber als Staplerfahrer zu den Rüsselsheimer Opelwerken. Dank der betriebsinternen Ausbildung brachte er es weit, war schon mit 26 Jahren Werkmeister, später Obermeister und beim Ausscheiden mit 60 Jahren Betriebsleiter. Was mit dem einst „gesunden Unternehmen“ (Oerter), das in seinen besten Zeiten über 40.000 Mitarbeiter beschäftigte, in der jüngeren Vergangenheit passiert ist, erfüllt den alten Opeler mit Wehmut. Für ihn selber gilt, dass er immer gern zur Arbeit ging, weil er einen guten und sicheren Job hatte, der Spaß machte. Solche Opeler findet man heute kaum noch, bedauert Oerter.
Zwischenzeitlich war der Flörsheimer ja Rüsselsheimer. Weil es in Flörsheim nicht genügend Wohnungen gab, mussten auch Robert Oerter, Ehefrau Gerda, Tochter Elke und die Söhne Harald und Oliver Ende der 60er, Anfang der 70er in Rüsselsheim leben. 1973 kehrten sie nach Flörsheim zurück, was doppeltes Glück war. Robert Oerter hatte das Haus seiner Großtante in der Untermainstraße geerbt. Die Familie schaffte dort Beispielhaftes, auch auf Drängen des Flörsheimer Städteplaners Horst Thomas, des heutigen Professors. Sie sanierte das Erbstück und legte das prächtige Fachwerk frei. Es war das private Pilotprojekt bei der Flörsheimer Altstadtsanierung. Und Robert Oerter kann sagen, auch an dieser Stelle etwas zum städtischen Wohlfühlen beigetragen zu haben.
Die Flörsheimer Zeitung gratuliert ihm zum Siebzigsten und wünscht alles Gute.
Kommentare