Auch für Brandholz scheitern Ausbaupläne Im Nachbarlandkreis Hochtaunus wird es ebenfalls keine Erweiterung der dortigen RMD-Deponie geben

Im Abendlicht wirkt das Biomassekraftwerk des Wickerer Deponieparks wie ein dunkler Riese. Im Dunkeln liegt auch weiterhin, vor allem in finanzieller Hinsicht, wie es mit dem Betreiber RMD weitergehen soll.

Im Nachbarlandkreis Hochtaunus wird es ebenfalls keine Erweiterung der dortigen RMD-Deponie geben

Wie geht es weiter mit der Rhein-Main-Deponie GmbH (RMD) und ihrer finanziellen Schieflage? Das ist die große Frage nach dem Aus für das Konzept „Deponie auf Deponie“ durch den Kreistag. Das Projekt sollte eine auf 20 Jahre ausgelegte Weiterführung des Betriebes in Wicker bringen, um durch die Ablagerung zusätzlicher fünf Millionen Tonnen Schlacke die Nachsorgekosten für die eigentlich längt eingeleitete Stilllegungsphase der Deponie zu verdienen. Damit wird es nun zur Beruhigung der Nachbarn der Deponie in Hochheim, Massenheim und Wicker nichts.

Die Deponiegesellschaft wird aber auch am zweiten Standbein, der 35 Kilometer Luftlinie entfernten Deponie Brandholz nahe der Hochtaunus-Gemeinde Usingen, nicht die erhofften zusätzlichen Einnahmen erwirtschaften können. Der Kreistag des Hochtaunuskreises, wo der ehemalige Flörsheimer Bürgermeister Ulrich Krebs (CDU) Landrat ist, hat in seiner jüngsten Sitzung ebenfalls einstimmig Überlegungen zur Erweiterung seiner Deponie abgelehnt.

Der Hochtaunuskreis und der Main-Taunus-Kreis sind als je 50-prozentige Gesellschafter zu gleichem Maße an einer Lösung der finanziellen Probleme der RMD interessiert. Am Standort Brandholz war eine Erweiterung um vier Hektar Deponiefläche nördlich des jetzigen Geländes angedacht, dort hätten für 20 Jahre rund zwei Millionen Tonnen zusätzliches Nutzvolumen entstehen sollen. „Aus Sicht des Hochtaunuskreises macht es Sinn, die Vorhaben einer Deponieerweiterung intensiv zu prüfen, um eigene Entsorgungsmöglichkeiten längerfristig sicherzustellen“, hieß es noch in einem vom Februar stammenden Sachstandsbericht des Hochtaunuskreises.

Breite Antragsfront

Doch der Bericht spielte bei der Sitzung des Kreistags des Nachbar-Landkreises am 29. Juni keine Rolle mehr. Der Beschluss auf Grundlage eines gemeinsamen Antrags von CDU, SPD, Grünen, FDP und FWG ist als direkte Reaktion auf den Kreistagsbeschluss zwei Wochen zuvor in Hofheim zu verstehen. Der genaue Beschlusstext in den entscheidenden Punkten:

  • Die mögliche Erweiterung der Deponie Brandholz (Usingen) wird unter den gegenwärtigen gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen der RMD-Gruppe nicht weiterverfolgt.
  • Mit Blick auf die Äußerungen von Main-Taunus Landrat Michael Cyriax, aufgrund „unterschiedlicher Sichtweisen“ sei eine Trennung der Gesellschafter Hochtaunus und Main-Taunus zu erwägen, wird der Kreisausschuss um Prüfung gebeten, inwieweit eine Entflechtung der RMD-Gruppe möglich und sinnvoll ist. Dabei ist die regionale Abfallwirtschaft ebenso mit einzubeziehen wie die auf den Hochtaunuskreis direkt zurückfallenden Verpflichtungen für die Deponie Brandholz (Usingen).

„Es kann nicht sein, dass nur ein Landkreis die Last trägt. Entweder man steht zu den gemeinsamen Maßnahmen oder man lässt es", zitiert der „Usinger Anzeiger“, wie sich Krebs nach der Absage aus dem Main-Taunus-Kreis für das Wickerer Projekt zur Zukunft der Deponie Brandholz positionierte. Der Kreistag beschloss zudem, den Kreisausschuss prüfen zu lassen, ob die Beendigung der Zusammenarbeit mit dem Main-Taunus-Kreis „möglich und sinnvoll" sein könnte. Wie die Alternativen aussehen könnten, ist allerdings völlig unklar.

Die im Kreistag des Main-Taunus-Kreises und seinem Beteiligungsausschuss deutlich gewordenen Differenzen zwischen den Landkreisen und ihren Chefs scheinen einer Lösung zu harren, zumal ohne die beiden Deponien im gesamten Gebiet der RMA die Kapazitäten für die Schlacke- und Bauschuttentsorgung fehlen werden. Der Bad Homburger Kreistag sorgt sich bereits um die Stabilität der Müllgebühren für die Bürger und beauftragte den Kreisausschuss sich damit zu beschäftigen, wie ein Kostenanstieg vermieden werden kann.

Damit könnten sich die Bemühungen zur Umstrukturierung der Zusammenarbeit der beiden Landkreise in der Deponiewirtschaft erledigen. Sie waren im vergangenen Jahr bereits recht konkret geworden. Da beide Landkreise sich über das Jahr 2023 hinaus für mindestens zehn weitere Jahre in der Rhein-Main-Abfall GmbH (RMA) beteiligen und somit Teil der interkommunalen Zusammenarbeit bei der Abfallentsorgung im Rhein-Main-Gebiet bleiben wollen – mit der entsprechenden Vorlage befasste sich nun auch der Hochtaunus-Kreistag – macht das durchaus auch ohne zusätzliche Deponiekapazitäten Sinn.

Vor mehr als einem Jahr bereits hatten die Landräte zusammen mit der Aufsichtsratsvorsitzenden Madlen Overdick (Main-Taunus-Kreis) und ihrem Stellvertreter Uwe Kraft (Hochtaunuskreis) verkündet, dass das undurchsichtige Geflecht der Abfallwirtschaft entwirrt werden soll. Demnach sollen die RMD-Tochtergesellschaften Main-Taunus-Recycling (MTR) und Rhein-Main Deponienachsorge (RMN) in der Muttergesellschaft aufgehen. Die Bilanz der RMD wird dies besonders wegen der Umsätze der MTR deutlich aufbessern.

Dies zielte aber noch darauf, so Landrat Krebs damals, die Zukunftsfähigkeit der RMD durch eine Bündelung der Kompetenzen im Kerngeschäft zu sicher und „die Weiterentwicklung der Deponiestandorte Wicker und Brandholz zu ermöglichen“. Dazu sollte die Stadtwerke Offenbach Holding ihre RMN-Anteile an die RMD übergeben und diese so zur 100-prozentigen Tochter der RMD werden. Bei der MTR sollen die Städte Flörsheim (14,99 Prozent) und Hochheim (9,99 Prozent) entsprechend die Gesellschafteranteile auf die RMD (bisher 75,02 Prozent) übertragen.

Im letzten Schritt sollten die Kreise der Übernahme der Gesellschaftsanteile von RMN und MTR zustimmen, die somit in der RMD aufgehen können. Die RMD würde damit ihren Geschäftszweck erweitern, was ebenfalls vertraglich festgehalten und daher mit Mehrheit der beiden Kreistage beschlossen werden müsste. Diese Umstrukturierung sollte eigentlich mit dem Jahresbeginn 2020 abgeschlossen sein, das ist aber so nicht passiert und steht nun offenbar in Frage, Alternativen wurden bisher allerdings nicht benannt.

Anfragen der Linken im Landtag

Unterdessen wird das Thema RMD verstärkt auch die Landesregierung in Wiesbaden beschäftigen. Die Fraktion „Die Linke“ will durch zwei Kleine Anfragen im Landtag Licht ins Dunkel über den Verbleib der 156 Millionen Euro bringen, die die RMA der RMD zwischen 2005 und 2018 für den Aufbau von Rückstellungen für die Nachsorge der Wickerer Deponie überwies. Nachdem sich Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) bei dem Thema für nicht zuständig erklärt und auf das Regierungspräsidium Darmstadt als Genehmigungsbehörde verwiesen habe, sollen die Anfragen an die Landesregierung „dieses unwürdige Spiel“ beenden.

„Weil das Regierungspräsidium Darmstadt als Genehmigungsbehörde und das Umweltministerium als Aufsichtsbehörde involviert sind, ist es allerhöchste Zeit, dass sich die Landesregierung mit dem Fall Wicker gründlich beschäftigt und die Kommunalpolitik bei der Aufklärung unterstützt“, fordert der umwelt- und verbraucherpolitische Sprecher der Fraktion, Torsten Felstehausen. Die Linke geht davon aus, dass die RMD den Landkreisen noch einige Probleme bereiten wird. Sie dürften „mit den zu erwartenden hohen Folgekosten aus dem Deponiebetrieb nicht alleine gelassen werden, während Firmen wie Remondis oder Kommunen wie Frankfurt, Offenbach und Maintal von den vermeintlich niedrigen Entsorgungskosten auf der Deponie über Jahre profitiert haben“.

Konkret fragen die Linken zum einen, wieviel von den RMA-Zuweisungen tatsächlich an welchen Stellen der Deponien für die Nachsorge eingesetzt wurden. Zum anderen, inwieweit die 44 Millionen Euro aus diesem Topf, die nach Angaben der RMD-Geschäftsführung in Projekte und Anlagen investiert wurden, als dem Verwendungszweck entsprechend eingesetzt einzustufen sind.

Die zweite Anfrage widmet sich "Ungereimtheiten in der Bilanz der Rhein-Main-Deponie bei Rückstellungen für die Nachsorgemaßnahmen", also den eigenen wirtschaftlichen Anstrengungen der RMD zum Aufbau der Nachsorgemittel. Hier bezieht sich die Linke auf die Aussagen von "Gegenwind 2011". Die Initiative hatte die mit 100 Millionen Euro taxierte Höhe des Anlagevermögens als viel zu optimistisch angesetzt kritisiert. Von den 146,4 Millionen Euro, die das Unternehmen nach eigenen Angaben an Rückstellungen erwirtschaftet haben wolle, seien in der Bilanz 2018 zudem nur 109 Millionen aufgeführt.

Die konkreten Fragen an die Landesregierung kann diese allerdings kaum selbst klären, so, ob die RMD-Geschäftsführung Anzeichen einer Überschuldung der Gesellschaft sehe und ob das Anlagevermögen in der noch ausstehenden Bilanz 2019 einer speziellen Prüfung unterzogen werde.

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