Zum Glück ein paar Groschen zurückgelegt

Halbjahresbericht 2020: Die Stadt kann die Verluste durch die Corona-Krise wohl auffangen

Inzwischen wartet in den Flörsheimer Kitas niemand mehr auf coronabedingt ausgesperrte Kinder. Die Stadt musste wegen der Schließung der Einrichtungen auf die Elternbeiträge der Monate April und Mai verzichten, ein Grund für das deutliche Minus bei den Einnahmen im ersten Halbjahr, das sich auch nicht mehr aufholen lässt.

Noch steht nicht fest, wie hoch die Rechnung ausfällt und wer die Zeche für die Folgen der Coronakrise am Ende zahlt. Das heißt, doch, eigentlich schon. Ob sich nun der Bund oder die Länder mehr oder weniger stark ins Zeug schmeißen und die Konsolidierungskurse der vergangenen Jahre über Bord werfen, um den Kommunen finanziell unter die Arme zu greifen, oder diese alleine die Suppe auszulöffeln haben: Für den Ausgleich der Schulden, die derzeit aufgenommen werden, um die Folgen der Pandemie abzufedern, werden letztlich Steuergelder sorgen müssen.

Für die Handlungsfähigkeit der einzelnen Kommunen macht es aktuell aber durchaus einen Unterschied, ob Bund und Länder ihnen mit Unterstützungsprogrammen helfen. Dass die Stadtverwaltung den Gremien nun einen Halbjahresbericht 2020 vorlegte, ist erst einmal nichts als das übliche Prozedere in einem Haushaltsjahr. Der beleuchtet aber auch die Auswirkungen der Coronakrise auf die städtischen Finanzen. In diesem Fall wird der Abgleich zwischen Plan- und Istzahlen somit zu einer Dokumentation der Folgen einer in der jüngeren Geschichte nie gesehenen Krise des öffentlichen wie privaten Lebens.

Die Zahlen, die Michael Bayer als Leiter des städtischen Amtes für Finanzwesen im Haupt- und Finanzausschuss präsentierte, zeigen vor allem eines auf: Beruhigend, dass der Pandemie einige finanziell gute Jahre vorausgingen, denn so konnte die Stadt sich Rücklagen aufbauen, die die aktuelle Situation zusammen mit den Sonderzuwendungen von Bund und Land – 1,7 Millionen Euro für dieses Jahr zur Abfederung der Corona-Folgen nach derzeitigem Stand – zu überstehen helfen wird.

Dies ist natürlich eine Hoffnung, die davon ausgeht, dass 2020 ein einmaliges Katastrophenjahr für die Wirtschaft und die öffentlichen Haushalte bleiben wird. Das Land ist da auch optimistisch, es hat die Zahlungen der Kommunen zur Hessenkasse halbiert. Setzt sich die Krise fort, wie es sich nach den jüngsten Entwicklungen bei der Pandemie nicht ausschließen lässt, ist irgendwann Hopfen und Malz verloren. Aktuell sähe es so aus al käme man mit einem blauen Auge davon.

Die Stadt hatte laut Haushaltsplan für 2020 mit einem Überschuss von 1,46 Millionen Euro im Ergebnishaushalt sowie einer Liquiditätsreserve von 5,7 Millionen Euro kalkuliert – letztere hätte der Gemeindeordnung nach übrigens nur 0,82 Millionen Euro betragen müssen. Das wäre dann also der Spielraum, den sie Stadt sich gegeben hatte. Dem wird nach Bayers Prognose am Jahresende eine um insgesamt 3,7 Millionen Euro verschlechterte Bilanz entgegenstehen, die sich aus 4,3 Millionen Euro Mindereinnahmen und rund 620.000 Euro Minderausgaben zusammensetzen.

Denn viele Ausgabenposten entfielen durch den Ausfall vieler Veranstaltungen auch, so alleine 187.000 Euro an Zuschüssen, die den Vereinen für ihre Hallenmieten zufließen sollten.

Bei den Mindereinnahmen schlug die vorübergehende Schließung der Kitas und der betreuenden Grundschule ins Kontor, denn den Eltern mussten die Gebühren für die Monate April und Mai erlassen werden – statt 1,37 Millionen Euro flossen so im ersten Halbjahr nur 805.720 Euro in die Kassen. Auch auf die Einnahmen an Verwaltungsgebühren musste die Stadt zu einem großen Anteil verzichten sowie in der für Wochen nahezu stillgelegten Stadt – das auch noch – auf viele Buß- und Verwarnungsgelder.

Hauptposten ist bei den Mindereinnahmen aber die eingebrochene Gewerbesteuer, hier sind laut korrigierter Prognose gerade noch gut zwei Drittel des Ansatzes von 9,2 Millionen Euro, also nicht viel mehr als sechs Millionen Euro zu erwarten. Bis zum 30. Juni hatte die Stadt durch Herabsetzungsanträge der Unternehmen beim Finanzamt rund 1,9 Millionen Euro sowie durch zinslose Stundungen bei der Stadt weitere rund 377.000 Euro zunächst einmal weniger in der Kasse als geplant.

Die Einkommenssteuer ist längst nicht so stark betroffen, ein Minus von 1,7 Millionen Euro gegenüber dem Ansatz ist aber auch hier zu erwarten. Das erste Quartal war von der Pandemie, die ab Mitte März ihre Wirkung entfaltete, noch nicht beeinträchtigt und lief laut Halbjahresbericht gar „ausgesprochen gut“. Nach dem zweifellos schwierigen zweiten Quartal begann sich die Lage in vielen Betrieben seither wieder zu entspannen. Die Wahrheit, die in einem Berichtspapier freilich nicht zum Ausdruck kommen kann, ist aber auch, dass niemand annähernd voraussagen kann, inwieweit der nächste Bericht, der die Jahresbilanz für 2020 ziehen wird, von den Folgen der Pandemie betroffen sein wird. Dass sich eine radikale Verbesserung der Einnahmesituation zeigen wird, zeichnet sich am Horizont von Flörsheim wie des ganzen Landes derzeit nicht gerade ab.

Die Fraktionen nahmen die Zahlen im Haupt- und Finanzausschuss erleichtert zur Kenntnis, ein Rückfall in die Zeiten des Dauerminus in den Etats bleibt der Stadt vorerst erspart. „Es hat Jahre gegeben, da hätten wir uns gleich begraben können, wenn so etwas wie Corona gekommen wäre.“ Ach ja: Auch die Einnahmen aus dem Bestattungswesen sind durch entfallene Vermietungen der Trauerhalle natürlich deutlich gesunken.

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