Um von einem nostalgischen Konzept zu reden, ist es vielleicht nicht lange genug her, dass die Flörsheimer Ferienspielkinder mit dem Ende der Spiele im Jahr 2022 – den ersten nach der Corona-Pause – Abschied von ihrer zweiten Heimat „Hüttenbach“ nehmen mussten. Mit dem Ruhestand der langjährigen Organisatorin Slawa Rudek wechselte die Federführung der Spiele vom Rathaus ins Mehrgenerationenhaus. Die neue Chefplanerin Lucia Haug wollte frischen Wind in das zweiwöchige Angebot an die Altersgruppe der Sieben- bis Zwölfjährigen bringen und löste die ideelle Kommune auf.
Mit der Stadtsimulation „Sonnental“ entfiel der Selbstbau der Hütten an den ersten beiden Tagen, stattdessen lieh sich die Stadt fertige, von den Stadtfesten bekannte Holzhütten, die verschiedene Einrichtungen und Orte einer Stadt im Kleinen abbildeten. In jedem zweiten Jahr, so die Idee damals, sollte es zur Abwechslung statt der Simulation zwei thematisch gefüllte Projektwochen geben. Das war im vergangenen Jahr ein Zirkusprojekt. Nun aber ist wieder alles anders: „Hüttenbach“ hat sich sein Territorium in einer stillen Revolution zurückerobert.
Am Montag vergangener Woche bastelten und hämmerten die Flörsheimer Ferienspielkinder wieder. Die Ferienspielleitung liegt seit diesem Jahr in den Händen der Mehrgenerationenhaus-Mitarbeiterinnen Corinna Allendorff, Sophia Gerhardt und Monika Rohde. Sie hatten die Entscheidung umzusetzen, das alte Konzept wieder auferstehen zu lassen. Und so säumen nun wieder 20 eigenhändig von den Jungen und Mädchen zusammengezimmerte Hütten nahe des Wickerbaches in zwei Reihen die Wiesenfläche und erlauben es den jeweils sechs Kindern, die sich mindestens als Bewohner in einer Hütte zusammenfinden mussten, sich in den Bauten eine kleine Auszeit vom Ferienspieltrubel zu nehmen.
Auch wenn klar ist, dass die Pracht nur von kurzer Dauer sein wird, haben sich manche Hüttenbacher viel Mühe gegeben, in ihren Bauten durch Accessoires und Auskleidungen eine unverwechselbare und heimelige Atmosphäre zu erschaffen. Einige haben sich hinter den Behausungen gar eine kleine Terrassenfläche gestaltet, ein Hauch von Luxus. Ansonsten werden die Hütten mehr zum Schaffen eines Dorf-Ambientes benötigt, denn übernachtet wird in den Holzbauten trotz der permanenten Anwesenheit eines nächtlichen Sicherheitsdienstes natürlich nicht. Die Infrastruktur in Hüttenbach folgt dem bewährten Muster, mit einem großen Zelt für die Essenseinnahme und Ablage sowie weiteren überdachten Stationen wie der Kreativwerkstatt zum Basteln oder Schminken sowie Spieltischen.
Deutlich geringere Nachfrage
Angebote zum Toben und sportlicher Betätigung finden sich dank des Wickerbaches, der bei den Ferienspielen mit bestimmten Vorgaben wie geeignetem Schuhwerk ausdrücklich zur erlaubten Spielfläche zählt, sowie der vorhandenen Ausstattung an Geräten, die ein Abenteuerspielplatz eben so zu bieten hat, auf dem Gelände reichlich. Das alles wollten in diesem Jahr allerdings nur 140 Kinder erleben, was einen deutlichen Schwund der Bevölkerung Hüttenbachs gegenüber der Sonnentals vor zwei Jahren bedeutet, als noch 250 Mädchen und Jungen angemeldet waren. Dies könnte mit der exklusiven Terminlegung in diesem Jahr zu tun haben, das wird sich allerdings erst im kommenden Jahr herausstellen, wenn die Ferienspiele wieder in den lange gewohnten ersten beiden Wochen der Ferien angeboten werden.
Das Programmangebot lebt von der Unterstützung und Mithilfe der Flörsheimer Vereine und Betriebe. Manche Exkursion, die für den Nachmittag angesetzt wurde, musste in dieser Woche wegen der hohen Temperaturen auf den Vormittag umgelegt werden, so wie am Dienstag der Besuch von „Toms Farm“ zur Eselwanderung. Aber da zeigten sich die Kooperationspartner sehr flexibel, zeigen sich die Organisatorinnen froh.
Angebote machten in diesem Jahr die beiden Schützenvereine Edelweiß und Schützengesellschaft, für das Luftgewehrschießen auf den Anlagen der Vereine war eine ausdrückliche Genehmigung der Eltern gefordert. Der EFC Fuchselöcher Weilbach lud zum Entenrennen, Paul Flörsheimer schaute mit seiner Holzwerkstatt vorbei, an diesem Montag kam der Freundeskreis Pérols-Flörsheim und buk den Kindern Waffeln (siehe Bericht). Die Feuerwehr hat ebenso vorbeigeschaut, wer etwas über das Geheimnis einer guten Fotoaufnahme lernen wollte, war beim Fotoclub gut aufgehoben.
Auf die 140 Kinder passen neben den drei Organisatorinnen 22 Betreuerinnen und Betreuer, von älteren Schülern bis zu Studierenden, auf und helfen bei allem, wobei eben Unterstützung gebraucht wird. Nicht anders als in Sonnental, durften sich die Kinder zu Beginn der Spiele ihre eigenen Verwaltungschefs wählen, „abgestimmt per Klatschbaromter“, erläutert Allendorff. Valentin Müller (9) und Meliya Aktary (8) ziehen nach der ersten Woche im Amt ein ganz unterschiedliches Fazit ihrer Tätigkeit. Die besteht nicht, wie es den Arbeitsalltag des „großen“ Bürgermeisters im Rathaus bestimmt, aus dem Führen einer Verwaltung. Valentin bei den Jungs, Meliya bei den Mädchen sind als Vermittler bei Unstimmigkeiten gefragt. Am Freitag kam es zum Zusammentreffen der drei Amtsträger und zum Bürgermeister-Gipfeltreffen, ein Austausch über die Bürden und Freuden beim Führen einer Kommune.
Valentin Müller macht keinen Hehl daraus, das ihn die ständigen Streitereien unter den Jungs nerven, die er schlichten soll, vor allem, weil er sie für völlig unnötig hält, „alles unwichtige Sachen“. Nächstes Jahr wird er garantiert nicht wieder kandidieren, hat er längst beschlossen. Meliya Aktary hingegen findet es interessant, wenn sie um Rat und Schlichtung gefragt wird, wobei es in ihrem Fall um Dinge wie Meinungsverschiedenheiten bei Ausstattungsfragen in den Hütten geht.
Die Teamer und das Leitungstrio sind bei richtig wichtigen Fragen natürlich dann doch die entscheidende Anlaufstation. Alle können etwas entspannen, wenn am Nachmittag Michael Brons von der Eismanufaktur Wicker seinen auf dem Gelände abgestellten Verkaufswagen öffnet, denn schon wenn Brons seinen mobilen Laden mit dem mitgebrachten Eis füllt, stellen sich viele Kinder erwartungsvoll vor dem Wagen auf, obwohl Brons in aller Ruhe seinen Stand vorbereitet. Damit die Kinder den Fortgang der Dinge nicht mit Kleingeldsuchen aufhalten, konnten die Eltern vergangene Woche Zehnerkarten erwerben, die bei dem Eis holen abgestempelt werden.
Familienfest zum Abschluss
Am Freitag steigt um 16 Uhr das große Familienfest zum Abschluss. Es beginnt mit der Aufführung des Stückes, das die Theatergruppe sich in den beiden Wochen erarbeitet hat. Der Bürgermeister kommt zur Verabschiedung der Ferienspielkinder ein weiteres Mal vorbei, es gibt am Ende sogar noch eine Überraschung, stellt Allendorff in Aussicht.
Kommentare