Aus dem Minus wird ein deutliches Plus

Zwischenbericht zum Haushalt 2022 geht von deutlich höheren Gewerbesteuereinnahmen aus

Was fängt Flörsheim mit den nunmehr guten Haushaltszahlen für 2022 an? Vermutlich nicht mehr viel, drei Monate vor dem Jahresende. Die wirklich wichtigen Dinge lassen sich sowieso nicht kaufen. Der Weilbach etwa hätte im Spätsommer etwas Wasser gebrauchen können, doch das hätte niemand liefern können.
Was fängt Flörsheim mit den nunmehr guten Haushaltszahlen für 2022 an? Vermutlich nicht mehr viel, drei Monate vor dem Jahresende. Die wirklich wichtigen Dinge lassen sich sowieso nicht kaufen. Der Weilbach etwa hätte im Spätsommer etwas Wasser gebrauchen können, doch das hätte niemand liefern können.

Der Haushaltsentwurf einer Kommune ist, stellt sich Jahr für Jahr wieder heraus, nicht mehr als eine Idee, wie sich die Einnahmen und Ausgaben im kommenden Jahr gestalten könnten. Auch das Flörsheimer Amt für Finanzwirtschaft mit seinem Leiter Michael Bayer gibt sich in jedem Sommer und Herbst redlich Mühe, den Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung einen realistischen Katalog der zu erwarteten Entwicklungen bei den Einnahmen und Ausgaben vorzulegen. Auf dieser Basis schreibt der Bürgermeister dann seine Einbringungsrede, erklärt, warum ein Überschuss im Ergebnishaushalt dank der glorreichen Arbeit des Rathauses zustandegekommen ist oder ein Minus nicht weiter dramatisch.

In den Haushaltsverhandlungen im Haupt- und Finanzausschuss (HauFi) sowie final in der Stadtverordnetenversammlung strengen die Fraktionen sich an, mit ihren Änderungs- und Ergänzungsvorschlägen auf die Gesamtsituation einzugehen. Dabei ist der ausgeglichene Ergebnishaushalt, seit einigen Jahren gesetzlich vorgegeben, das unbedingte Ziel.

Die Verabschiedung der Etats ist jeweils für das Vorjahr vorgesehen. So hat es Flörsheim zuletzt auch wieder hinbekommen. Dabei orientieren sich die Haushaltsreden der Fraktionsspitzen ebenso am Gesamtbild der Einnahmen-/Ausgabenbilanz. Und machen dabei doch nichts anderes als im Trüben zu fischen.

Das wird deutlich, wenn die Finanzverwaltung im HauFi die Jahresabschlüsse der Vorjahre und, wie nun, die Zwischenberichte des laufenden Haushaltsjahres vorlegt. Dann zeigt sich, dass die Abweichungen von den Planungen so enorm sind, dass die ganze Mühen um eine Haushaltsarchitektur, die den gesetzlichen Vorgaben entspricht, auf falschen Annahmen beruhten – ohne, dass irgendjemand in Verwaltung oder Politik einen Fehler gemacht hätte.

Lange Einleitung, schnelle Erklärung, worum es geht: Auch dieses Jahr wird Flörsheim den aktuellen Sachstand wieder viel reicher beenden als es sich die Verwaltung bei der Aufstellung des Etats 2022 vorstellen mochte. Ein Abweichen von den Erwartungen, die man sich gerne gefallen lässt. Natürlich ist erneut der große Unsicherheitsfaktor in jedem Etatentwurf verantwortlich dafür. Wie sich die Steuereinnahmen, vor allem der Einkommenssteueranteil und die Gewerbesteuer, entwickeln werden, kann eineinhalb Jahre vor dem Ende der Zeitspanne, für die diese Zahlen aufgestellt werden, niemand so genau wissen. Aber einen Wert muss das Amt für Finanzwirtschaft nun einmal eintragen. Grundlage dafür sind die Prognosen der allgemeinen, volkswirtschaftlichen Entwicklung im Lande sowie das, was sich an Sondereffekten in der Region und Kommune erahnen lässt. Für 2022 errechneten Michael Bayer und seine Mitarbeiter so 9,7 Millionen Euro an Gewerbesteuereinnahmen. Der „Bericht zum Haushaltsvollzug“ mit Stand vom 31. August geht nun von rund 18,7 Millionen Euro bis zum Jahresende aus, macht 92.8 Prozent über den Erwartungen.

Beim Einkommenssteueranteil und der Umsatzsteuer traf der Etatentwurf die Realität deutlich besser, aber auch hier sind nun immerhin 350.000 Euro mehr zu erwarten als bisher angenommen. Unverändert bleiben die Einnahmen aus den Grundsteuern A und B bei 5,12 Millionen Euro. Die Flörsheimer Steuereinnahmen werden insgesamt mit 40,286 Millionen Euro um satte 30,22 Prozent höher ausfallen als im beschlossenen Etat veranschlagt (30,946 Millionen).

Und damit ist in den Bilanzsummen alles ganz anders als im Herbst 2021 angenommen. Der beschlossene Ergebnishaushalt weist ein Defizit von 1,45 Millionen Euro auf, die Genehmigung der Kommunalaufsicht in der Kreisverwaltung war nur deshalb kein Problem, weil die Stadt über erhebliche Rücklagen von zwölf Millionen Euro verfügte. Ebenso standen 1,24 Millionen Euro als Fehlbedarf im Finanzhaushalt, auch hier sind genügend liquide Mittel (7,73 Millionen Euro) zum Ausgleich vorhanden.

Nun geht Bayer von einem positiven Jahresendergebnis im Ergebnishaushalt von 6,7 Millionen Euro aus, was rechnerisch eine Abweichung von 8,2 Millionen Euro oder 588 Prozent ausmacht. Freilich geht ein gewisser Teil des neuen Reichtums wieder verloren, weil Kommunen mit sich verbessernden Haushaltszahlen auch mehr Abgaben zu leisten und weniger Zuschüsse zu erwarten haben.

Bei den Ausgaben gibt es daher ebenfalls eine gewisse Entwicklung über die Erwartungen hinaus. Statt 52,481 Millionen Euro im fortgeschriebenen Ansatz sind nun 53,774 Millionen Euro zu erwarten, eine Abweichung um knapp 1,3 Millionen Euro und damit eher unspektakuläre 2,46 Prozent, die ausschließlich dem Posten „Umlageverpflichtungen“, konkret der „Gewerbesteuer- und Heimatumlage“ zuzuordnen sind.

Weiter benennt der Halbjahresbericht, dass die Kassenliquidität Ende August rund 10.96 Millionen Euro betrug. Für Investitionen stehen der Stadt im letzten Drittel des Jahres neben diesen Mitteln Kreditermächtigungen aus dem vergangenen Jahr (6,7 Millionen Euro) und diesem Jahr (9,0 Millionen Euro) zur Verfügung. Die Zeit, sich angesichts des relativen Reichtums schnell noch neue Investitionen für 2022 einfallen zu lassen, ist aber sowieso zu kurz. Zudem ist nicht gesagt, dass diese erfreuliche Entwicklung von anhaltender Dauer ist. Die zusätzlichen Einnahmen stammen offenbar zum Großteil von Nachzahlungen, die mit den Erträgen aus den Jahren bis 2019 zu tun haben, also bevor Corona den Unternehmen die Zahlen verhagelte. Der Effekt der Pandemie scheint also noch gar nicht voll durchzuschlagen auf das Steueraufkommen, auch die nächsten Haushaltsentwürfe werden vom Amt für Finanzwirtschaft daher kaum euphorischer ausfallen.

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