Sechs weitere Steine verlegt

Dritte Stolperstein-Aktion verlief coronabedingt in kleinem Rahmen

Vor dem Haus in Wickerer Straße 30 erinnert nun ein Messingschild an die in die Heilanstalt Weilmünster verbrachte und im Februar 1944 ermordete Anna-Maria Lutz.

Dritte Stolperstein-Aktion verlief coronabedingt in kleinem Rahmen

Die Veranstaltung war ganz anders geplant, sollte besonders durch die aktive Rolle der „Courage AG“ des Graf-Stauffenberg-Gymnasiums einen erweiterten Rahmen finden. Doch die dritte Verlegungsaktion auf Initiative des Vereins „Stolpersteine Flörsheim“ fand am vergangenen Freitag fast ohne öffentliche Aufmerksamkeit statt – die steigenden Coronazahlen ließen es ratsam erscheinen, das Programm in einer sehr abgespeckten Form zu absolvieren.

Auch das Wetter meinte es am Nachmittag nicht gut mit den Flörsheimern, der Verein hatte allerdings einen Garten-Pavillon parat, der die Verlegungsstelle in der Obermainstraße vor dem Nieselwetter schützte. Gunther Demnig hatte am Vormittag schon einen Stopp in Eltville eingelegt, wo er stattliche 13 Steine verlegte, in der Rheingau-Stadt kommt er inzwischen auf 49 Gedenksteine. In Flörsheim schritt der Initiator der "Stolpersteine"-Aktion zum dritten Mal zur Tat, die Verlegung pflegt er mit eigener Hand vorzunehmen. Der 73-jährige Alsfelder Aktionskünstler, der 1992 in Köln den ersten Stein in den Boden einließ, ist heute in ganz Europa unterwegs, um die Erinnerung an die Verfolgung, Deportationen und Ermordung von Menschen durch die Nationalsozialisten auf diese Weise wachzuhalten.

Manche finden diese Form der Würdigung unpassend, weil auf den in die Bürgersteige eingelassen Steinen nun einmal herumgetreten wird. In rund 1200 deutschen Gemeinden hat der Künstler mit seiner inzwischen patentierten Aktion aber Mitmacher gefunden, im Dezember verlegte er in Memmingen den 75.000sten Stein. In Flörsheim hatte sich, um entsprechende Aktionen anzustoßen, der Verein „Stolpersteine Flörsheim“ gegründet und im Mai 2018 die erste Verlegungsaktion durchgeführt.

Damals wurde der Familie Schohl vor ihrem einstigen Wohnhaus in der Albanusstraße 2 gedacht, im Juni 2019 folgten Stolpersteine für Anna-Maria und Margareta Schick in der Brunnengasse, Ludwig Allendorff in der Hauptstraße 12 sowie Martin und Jakob Altmaier, Hochheimer Straße 4. Klaus-Peter Harth vom Vorstand des Vereins "Stolpersteine Flörsheim" hatte am Freitag den neu hergestellten Stein für Allendorff dabei. Dessen Name war in den dem Verein zur Verfügung stehenden Unterlagen nämlich falsch geschrieben – mit einem „F“, und so steht es daher auch auf dem 2019 verlegten Stein, der nun ausgetauscht wird.

Mit der Schreibweise der sechs diesmal verlegten Steine dürfte alles stimmen. Zunächst traf man sich an der Wickerer Straße 30, wo der Stein an die im August 1943 in eine Heilanstalt eingewiesene und im Februar 1944 ermordete Anna-Maria Lutz erinnert. Dann zog der Tross weiter in die Obermainstraße. Vor dem Haus 13 war der Aufwand etwas größer. Im Haus Nummer 13 lebte einst die Familie Kahn, deren Mitglieder Sally, Ilse, Ida, Brigitte und Jakob, 1942 ihr Haus verlassen mussten.

Die „Courage AG" des Stauffenberg-Gymnasiums sollte eigentlich im Rahmen der Verlegung ihre Rechercheergebnisse zu den Lebenswegen der sechs Opfer präsentieren. Die Arbeit der AG wurde durch die Pandemie zuletzt erschwert, aber immerhin gelang es ihr, Mittel für die Übernahme der Patenschaft eines der Steine einzuwerben. Da die Herstellung solch eines zehn Zentimeter hohen, quadratischen Betonsteines, auf dem eine Messingplatte mit 9,6 Zentimeter Kantenlänge befestigt wird, mit je 120 Euro zu Buche schlägt, sucht „Stolpersteine Flörsheim“ jeweils Paten für die zu verlegenden Steine.

Das gelang bisher immer, aber die Arbeit des Vereins ist mit der dritten Verlegung noch lange nicht abgeschlossen. Stolpersteine Flörsheim plant nach eigenen Angaben für die kommenden Jahre weitere Aktionen zum Gedenken an 50 bis 60 weitere Bürgerinnen und Bürger der Stadt, die Opfer der Verfolgung durch das nationalsozialistische Regime wurden.

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