"Wir segeln einen Kurs hart am Wind" Bürgermeister Blisch zieht nach erstem Amtsjahr Zwischenbilanz und legt Haushalt 2020 zur Beratung vor

Anlässlich seines Amtsantritts vor einem Jahr hatte Bürgermeister Dr. Bernd Blisch zu einem Pressegespräch geladen.

Bürgermeister Blisch zieht nach erstem Amtsjahr Zwischenbilanz und legt Haushalt 2020 zur Beratung vor

Am 1. November 2018 hatte Dr. Bernd Blisch seinen ersten Arbeitstag als Flörsheims Bürgermeister – ein Jahr später, nämlich letzte Woche Donnerstag, zog der Rathauschef nach dem ersten Sechstel seiner Amtszeit bei einem Pressegespräch Zwischenbilanz. Einerseits zeigte sich der Bürgermeister mit den Ergebnissen seines ersten Amtsjahres zufrieden, andererseits betonte er, dass wegweisende Vorhaben nach Umsetzung und sich stellende Herausforderungen weiterhin nach Bewältigung verlangten. Vieles sei bereits erreicht worden, doch es gebe noch sehr viel mehr zu tun.

Zur Einleitung des Pressegesprächs gab der Bürgermeister eine Anekdote zum Besten, mit der er einige Stunden später im Stadtparlament seine Rede zur Einbringung des Haushalts 2020 abschloss. Es ging um die jüngste Auflage der Flörsheimer Kerb, deren Durchführung zwar mit Hindernissen verbunden war, die aber trotzdem als schönes, gelungenes Fest in Erinnerung bleiben wird (wir berichteten). Knapp zwei Wochen vor der Kerb hätten sich drei Mütter und zwei Kerbeborsch in seinem Büro eingefunden, die "ziemlich verzweifelt" gewesen seien. Der Grund: Das Traditionsfest drohte auszufallen, da es an Geld und Helfern fehlte. Gleich am nächsten Tag, "nach ein paar Telefonaten und Gesprächen", hätten sich 60 Ex-Kerbeborsch verschiedenster Jahrgänge getroffen und beschlossen, bei der Kerb zu helfen. Und die Bürgerstiftung hatte tags darauf ein Sonderkonto eingerichtet, auf das zahlreiche kleine und große Spenden eingegangen seien. Rund 4.000 Euro seien auf diese Weise zusammenkommen. So stelle er sich die Herangehensweise angesichts sich stellender Probleme vor, sagte Blisch: Man zieht in der Sache an einem Strang, plant das gemeinsame Vorgehen und setzt jenes schlussendlich mit vereinten Kräften in die Tat um. Das Ganze, sofern es die Umstände zulassen und Notwendigkeit besteht, möglichst zeitnah und zügig. Als Bürgermeister wolle er das gemeinsame Vorgehen in die Wege leiten und unterstützend mitwirken. "Man braucht jemanden, der die Leute zusammenbringt", erklärte Blisch. "Es muss nicht immer der Macher sein."

Als Bürgermeister sei er auch bei kleineren Anliegen erster Ansprechpartner der Bürger. Hinzu komme, dass es zu seinem Beruf gehöre, sich mit den unterschiedlichsten Dingen zu beschäftigen. Das sei für ihn im ersten halben Jahr seiner Amtszeit schon eine Herausforderung gewesen. Hilfreich sei es in diesem Zusammenhang, Generalist zu sein – und eben kein General.

Die vielen Wünsche der Bürger, die ihn erreichten, die nicht minder zahlreichen Themen, die hohe Schlagzahl an Terminen – all das gehe an die Substanz. "Manchmal fühlt man sich ziemlich müde", so Blisch. "Dass der Beruf so viel Zeit kostet, war mir vorher nicht ganz klar." Nichtsdestotrotz mache ihm seine verantwortungsvolle Arbeit auch Spaß. Er freue sich zum Beispiel jedes Mal darüber, wenn er von kleinen Kindern auf Festen oder auch auf offener Straße erkannt und angesprochen wird.

Das Motto aus dem Bürgermeisterwahlkampf, gemeinsam die Stadt voranbringen zu wollen, sei für ihn nach wie vor von zentraler Bedeutung. Er sei jedoch keineswegs "harmoniesüchtig"; wenn eine Seite partout die Zusammenarbeit verweigere, entschieden letztlich die Mehrheitsverhältnisse. Und auf eine stabile Mehrheit für seine Politik kann sich der Bürgermeister dank der Dreierkoalition (zwischenzeitlich Dreierbündnis) aus CDU, GALF und dfb verlassen.

In seiner Haushaltsrede ermunterte der Bürgermeister, unter Bezugnahme auf die Kerb-Anekdote, die Parlamentarier dazu, die nun in den Gremien folgenden Haushaltsberatungen positiv anzugehen, um dort gemeinsam die für Flörsheim richtigen Entscheidungen treffen zu können. Zugleich stellte er, mit Blick auf den von ihm vorgelegten Haushaltsentwurf, fest: "Wir segeln einen Kurs hart am Wind."

Ziel sei es gewesen, im laufenden Jahr einen ausgeglichenen Haushalt für das kommende Jahr vorzulegen. Das habe er versprochen und auch gehalten, so Blisch. Der nächste Schritt sei nun die Verabschiedung des Etats im Dezember. "In den letzten Jahren hatte die Stadtverordnetenversammlung fast nur noch die Aufgabe zu überlegen, wo welche Mittel gestrichen werden konnten, um einen genehmigungsfähigen Haushalt zur Kommunalaufsicht zu schicken." Das aber sollte nicht die Aufgabe des Parlaments sein. "Es ist unbefriedigend, wenn die Stadtverordnetenversammlung die Arbeit der Stadtverwaltung machen muss", so Blisch gegenüber der Presse. Die Einbringung des obendrein mit einem Plus von knapp 665.000 Euro abschließenden und ohne erneute Steuererhöhungen auskommenden Haushalts 2020 – genau genommen, die hierfür notwendige Vorarbeit – zählt der Bürgermeister, der erst vor rund drei Monaten die Kämmerei übernommen hatte, daher zu den wichtigsten Erfolgen seines ersten Amtsjahres. In dieser Zeit hätten viele Maßnahmen wegen der ausbleibenden Genehmigung des Haushalts 2019 nicht umgesetzt werden können. Erst im August, nachdem der Landrat grünes Licht gegeben hatte, änderte sich die Situation; die im Haushalt 2019 eingestellten Mittel konnten wenigstens in den letzten vier Monaten verwendet werden – etwa, um eine von vielen verschobenen Maßnahmen zu nennen, zur Reparatur der Wasserleitungen auf dem Wickerer Friedhof.

An Vorhaben herrscht auch in den nächsten 365 Tagen kein Mangel. Dazu gehören die nächsten Schritte zur Umwandlung des ehemaligen Marienkrankenhauses in einen Gesundheitscampus, die Erstellung eines Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes, die transparent weiterzuverfolgende Realisierung der Weilbacher Umgehungsstraße, aber auch die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Jener, gleich welcher Preisklasse, ist insbesondere im Main-Taunus-Kreis jedoch ein knappes Gut. Auch Flörsheim, eine Stadt von knapp 22.000 Einwohnern, ist trotz der durch den Flughafen erzwungenen Siedlungsbeschränkung weiterhin Zuzugsgemeinde. In Wicker und Weilbach gibt es zwar noch Flächen, die in den nächsten Jahren zu neuen Wohnquartieren werden könnten – wobei die Politik darüber zu entscheiden hat, ob und in welcher Form sie tatsächlich entstehen sollen. In der Kernstadt dagegen ist die Schaffung von Wohnraum nur noch über Verdichtung möglich. Bürgermeister Blisch will dem Problem mit kreativen Lösungen begegnen. Beispielsweise sei es durchaus denkbar, die Wohnblocks im Bereich Am Untertor/Kapellenstraße um ein Stockwerk zu erhöhen, so Blisch.

Erhöht werden muss aus Sicht des Bürgermeisters auch das Angebot an Kinderbetreuungsplätzen: "Noch viel zu viele Kinder haben keinen Platz in einer U3- oder Ü3-Einrichtung." Das soll sich durch die entsprechenden Investitionen ändern. So sind etwa für die Sanierung und die Erweiterung der Weilbacher Kita "Pusteblume" 1,5 Millionen Euro im Haushalt vorgesehen, während der zuletzt als Wohnraum für Flüchtlingsfamilien genutzte ehemalige Schulkinderhort an der Riedstraße für 430.000 Euro wieder in eine Kinderbetreuungseinrichtung umgewandelt werden soll. Allerdings muss auch Betreuungspersonal gefunden werden – und das ist spärlich gesät. Von Personalmangel betroffen ist aber auch die Grünflächenpflege – auf diesem Gebiet hätte er bereits im ersten Jahr seiner Amtszeit gerne mehr erreicht, gestand Bürgermeister Blisch im Rahmen des Pressegesprächs.

Insgesamt 6,5 Millionen Euro sollen für Investitionen in die Hand genommen werden. 3,9 Millionen davon werden über Kredite finanziert. Zu den beiden genannten Maßnahmen gesellen sich 500.000 Euro, die in die Sanierung des Alten Rathauses fließen, 250.000 Euro sind für die ersten Arbeiten an der Mainuferpromenade und beim Stadtgarten vorgesehen. 1,1 Millionen Euro sind berücksichtigt für die Tiefbauarbeiten am nördlichen Abschnitt des Faulbrunnenweges, die Planungen zur Sanierung des Maindeiches, die Umgestaltung der Bahnhofstraße zwischen Eddersheimer Straße und Altkönigstraße sowie für die ersten Planungen zum Ausbau der Plattstraße. Im Haushalt 2020 sind zudem 750.000 Euro eingestellt, um Grundstücke – darunter jene, die für die Umgehung Weilbach benötigt werden – anzukaufen.

Man könne, meinte Blisch, durchaus von einem "Investitionsstau bei einigen städtischen Gebäuden und Einrichtungen" sprechen. Dessen Auflösung ist jedoch mit Ausgaben verbunden, die freilich nicht vollumfänglich im Haushalt des kommenden Jahres abbildbar sind. "Wir haben vielleicht an der einen oder anderen Stelle ein Ausgabenproblem, wir haben aber vor allem ein Einnahmeproblem", stellte der Bürgermeister fest. "Es fehlen, auch wenn wir im Augenblick mit den Gewerbesteuerzahlungen zufrieden sein dürfen, doch weiterhin Gewerbesteuerzahler." Zur Verbesserung der Einnahmesituation könne der gesetzlich festgelegte Regionallastenausgleich genutzt werden: demnach stehen Flörsheim noch insgesamt 740.000 Euro zu, die in den beiden Vorjahren nicht abgerufen wurden. Günstig würde sich auch die wohl kommende Senkung der Kreisumlage auswirken, bei den Schlüsselzuweisungen erhofft sich die Stadtverwaltung "noch ein wenig Luft nach oben".

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