Steinkauz-Nachwuchs in Röhren

Beringung mit weltweit einmaligen Nummern durchgeführt

FLÖRSHEIM (ak) – Eine Woche zuvor hatte Bernd Zürn vom BUND Flörsheim schon die 40 Steinkauz-Brutröhren rund um Flörsheim kontrolliert und festgestellt, dass in 13 Röhren Steinkauz-Eier liegen oder auch schon Steinkauz-Nachwuchs großgezogen wird. Das ist ein sehr erfreulicher Rekord für seinen Betreuungsbereich. „Es erscheint vielleicht wenig, wenn man hört, dass von den 40 Röhren ,nur' 13 zur Brut genutzt worden sind, aber da muss man wissen, dass so ein Steinkauz-Paar nicht nur eine Röhre braucht. Wenn das Weibchen in der einen brütet, dann ,bewohnt' das Männchen manchmal solange eine andere, und oft wird sogar eine dritte Röhre noch für Futter-Vorrat benutzt. Wenn man in so eine ,Vorrats-Röhre' reinschaut, da kommt einem manchmal noch was von dem Steinkauz-Futter entgegengekrabbelt“, erklärte Bernd Zürn der Gruppe von neugierigen Erwachsenen und vielen Kindern anschaulich, die sich am Rand von Flörsheim zusammengefunden hatte, um bei der Beringung der ersten Steinkauz-Küken in diesem Jahr dabei zu sein. 

 

Alle Röhren in Zürns Betreuungsgebiet sind nummeriert und auf einer Karte mit leuchtend roten Dreiecken vermerkt. Es wird genau Buch geführt darüber, was sich in jeder dieser Röhren so tut. „In den 13 Röhren sind bei meiner Kontrolle jeweils drei bis fünf Eier oder junge Steinkäuze gewesen, so genau kann man das in den dunklen Röhren nicht immer erkennen. Am Anfang hab‘ ich manchmal gedacht, da sind nur Spinnweben drin und dann waren es doch die Flaumfedern von Steinkauz-Küken. Jetzt haben wir zwar eine kleine, streichholzschachtelgroße Kamera, mit der man in die geöffnete Röhre schauen kann, aber auch damit sieht man nicht immer, wie viele Jungvögel wirklich drin sind. Das merkt man dann erst, wenn man sie zum Beringen herausholt“, erzählte Zürn, „aber wie viele es sind, ist erst mal auch gar nicht so wichtig, Hauptsache ich kann erkennen, ob überhaupt Nachwuchs in so einer Brut-Röhre ist.“ Er betreut die Flörsheimer Steinkäuze nun seit etwa 20 Jahren, 400 der Nachtvögel hat er seither hier „kennengelernt“. Zum Beringen der Jungvögel war Uwe Dreier an diesem Samstagmorgen mit dabei, er hat von der Vogelwarte Helgoland die Lizenz, den Steinkäuzen hier die Ringe mit den weltweit einmaligen Nummern anzulegen. Alle Nummern sind dort registriert, über alle Funde solch beringter Vögel wird im Detail Buch geführt. „Das Beringen der Jungvögel hat das Ziel, feststellen zu können, wo die verschiedenen Arten leben und wo man sie am besten schützen kann“, erklärte Dreier. 
Ausgerüstet mit einer Leiter, einem schwarzen Eimer, einigen Tüchern und einem Säckchen mit Hobelspänen auf einem Fahrrad-Anhänger zog die Gruppe los zu einem alten Apfelbaum auf einem Wiesengrundstück „In den Seelöchern“ des BUND-Mitglieds Martin Neumann, der sich dort auch dazugesellte. An einem der unteren Äste ist die mehr als armlange, große Röhre angebracht, die Öffnung zeigt in die Richtung des Stammes. „Die Röhren müssen immer zum Stamm hin offen sein, damit die jungen Käuze in dem Fall, dass sie bei ihren ersten Ausflügen auf die Wiese fallen, dort entlang wieder hochklettern können in ihr Nest“, erklärte Bern Zürn. „Wo sind denn jetzt die Altvögel?“, wurde aus der Gruppe gefragt. „Die Altvögel fliegen oft schon weg, bevor wir zum Kontrollieren oder Beringen bei ihrer Röhre eintreffen, etwa auf einen benachbarten Baum – irgendwie merken die das schon vorher, was wir vorhaben, flüchten und beobachten uns dann aus sicherer Entfernung. Das ist aber für die kein Drama, sobald wir wieder weg sind, kommen sie zurück“, weiß Bernd Zürn aus seiner langjährigen Erfahrung. Uwe Dreier kletterte auf die Leiter, Bernd Zürn hielt ihm den kleinen Eimer hin, nach und nach landeten drei kleine „Federbällchen“ darin, die von der Zuschauer-Gruppe ausgiebig bestaunt, bewundert und fotografiert wurden. „Oh wie süß!“, „Wie weich!“, „Beißen die?“ , „Haben die gar keine Angst?“ 
Nicht nur die Kinder waren begeistert von den Federknäueln mit den großen, gelben, ausdrucksvollen Augen und dem Hakenschnabel. „Nein, man muss sich vor dem Schnabel nicht fürchten“, beruhigte Uwe Dreier diejenigen, die sich noch nicht trauten, die jungen Steinkäuze anzufassen. „Aber ihre Krallen sind ganz spitz, da kann man schon mal einen Kratzer abkriegen.“ Den etwa drei Wochen alten Jungvögeln gefiel der Rummel um sie zwar offensichtlich nicht, aber wirklich aufgeregt waren sie auch nicht. Ruhig saßen sie im kleinen Eimer und schauten mit ihren großen, klaren Augen aufmerksam in die Runde. Die wegen des ständigen Fluglärmes recht laut geführten Gespräche störten sie offenbar nicht. Erst als Uwe Dreier sie einzeln zum Beringen herausnahm, entwickelten sie erstaunliche Kraft und Energie, um seinem festen Griff zu entgehen, beruhigten sich aber bald wieder. „Das sind schon gut entwickelte, kräftige und agile Vögel“, freute sich Uwe Dreier, „die werden sicher etwa in zwei Wochen richtig flügge sein und vorher schon hier in der Wiese herumlaufen und am Baum herumklettern!“ Das wird dann aber auch eine gefährliche Zeit für die jungen Käuze werden: Hatten sie in ihrer Brutröhre nur kletternde Marder zu befürchten, könnte der eine oder andere auf so einem „Bodenausflug“ nun auch dem Fuchs zum Opfer fallen. Da ist es für die Betreuer schon besonders schön zu sehen, dass zumindest die Jungvögel aus dieser Röhre so flink und kräftig sind, dass sie bei solcher oder anderer Gefahr schnell wieder in ihre Röhre klettern könnten. 
Während Dreier nun jedem der Steinkauz-Küken sorgfältig einen Ring am rechten Bein befestigte, säuberte Bernd Zürn die Röhre und brachte eine Handvoll Hobelspäne als Ersatz für das, was er entfernte, zur Polsterung ein. Diese Steinkauz-Brutstätte auf dem Apfelbaum „In den Seelöchern“ wäre genauso wie das Feucht-Biotop am anderen Ende des Grundstückes weggefallen, hätten sich die Flörsheimer Bürger nicht gegen eine Umgehungsstraße entschieden. „Nicht nur, dass diese Röhre hier nicht mehr da wäre, auch der Lebensraum der Wildtiere hier wäre durch die Straße zerschnitten worden – mir tut das immer weh, wenn so ein Gebiet zerschnitten wird“, klagte Bernd Zürn, „auch das die ganzen Röhren im neuen Gewerbegebiet West V abgehängt werden mussten, ist sehr schade. Man kann die zwar woanders wieder aufhängen, aber der Lebensraum für die Tiere wird bei uns eben immer enger, dafür ist ,Umhängen' keine Lösung.“ 
Auch wenn es nicht nur für die Steinkäuze „enger“ wird in unserer Region, war es schön an diesem Samstag zu sehen, dass es engagierte Menschen gibt, die dafür sorgen, dass solche Nachtvögel wie die Steinkäuze und viele andere Tiere weiter die Ökosysteme um unsere Gemeinden bereichern können – und dass es offenbar ganz viele Bürger gibt, die sich dafür interessieren, wie es den „Flörsheimer Steinkäuzen“ so geht.

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