Urbanes Gebiet statt Vergnügungsstätten

Verwaltung legt für die kommende Sitzungsrunde Aufstellungsbeschluss für einen B-Plan Herrnberg vor

Das Eingangsbild im Westen der Flörsheimer Kernstadt soll repräsentativer, das Geschehen an der Kapellenstraße "urbaner" werden. Dies soll ein neuer Bebauungsplan für das Einkaufszentrum (Bild) und die Tankstelle sowie das nördliche Eckgrundstück der Kapellenstraße leisten.

Die Situation rund um das Einkaufzentrum und das ehemalige Hotel am Herrnberg war ein Thema, das die Flörsheimer Politik gegen Ende der vergangenen Sitzungsperiode mit am stärksten beschäftigte. Abgesehen von den, in öffentlichen Sitzungen angedeuteten, allerdings nie konkretisierten oder belegten Behauptungen, dass in manchen der dort angesiedelten Geschäften ein zweifelhaftes Milieu sein Unwesen treibt, ist der Komplex mit seinem fünfstöckigen Zweckbau-Ambiente nicht gerade ein repräsentatives Schmuckstück in diesem Eingangsbereich im Westen der Stadt.

Die Fraktionen waren sich trotz nicht einheitlicher Bewertung der Situation an der Kapellenstraße einig, dass die Stadt erst einmal die Kontrolle über die Entwicklung und das Geschehen an Einkaufszentrum (EKZ) gewinnen muss, denn es handelt sich um Privatbesitz. Eine wichtige Voraussetzung dazu fehlte in dem Bereich bisher. Die Verwaltung präsentiert in der kommende Woche beginnenden Sitzungsrunde daher nun den Aufstellungsbeschluss zur Entwicklung dessen, was einmal der „Bebauungsplan ,Herrnberg‘“ werden soll.

Der Geltungsbereich des künftigen B-Plans umfasst – das war ein Ergebnis der Diskussionen in den Gremien – nicht nur den EKZ- und Ex-Hotelbereich an der Kapellenstraße 10 a-c, sondern auch das angrenzende Tankstellengrundstück (Bürgermeister-Lauck-Straße 53) sowie den als Schnellimbiss genutzten Flachbau auf der anderen Seite der Kapellenstraße, Hausnummer 3. Insgesamt ein Gebiet mit gerade 0,8 Hektar Größe. Für die Tankstelle gibt es bereits konkrete Verlegungspläne, der Flachbau an der Nordwestspitze des Kreisels ist auch alles andere als ein Repräsentativbau.

Die Zielsetzung mit dem Bebauungsplan ist im Aufstellungsbeschluss klar benannt, nämlich „die Festsetzung eines Urbanen Gebiets verbunden mit einem Ausschluss von Vergnügungsstätten und Tankstellen im Geltungsbereich des bisherigen Bebauungsplanes ,E 1‘“ zu schaffen. Es ist nämlich nicht so, dass es für den Bereich bisher keine Festlegungen gäbe. Der genannte Bebauungsplan E 1 beschreibt dort ein „Sondergebiet (Hotel, Läden, Tankstelle) südlich der Kapellenstraße und des allgemeinen Wohngebietes nördlich der Kapellenstraße“. Dies soll durch einen „eingeschränkten gebietsverträglichen Nutzungsmix“ ersetzt werden. Ein Argument, das die Verwaltung dabei anführt: Der E1 sei „fehlerhaft zustande gekommen und kann im bauaufsichtlichen Verfahren nicht angewendet werden“.

Das ist natürlich recht praktisch für die gewollte Neuausrichtung. So soll der E1 nun formal aufgehoben und durch den neuen B-Plan „Herrnberg“ ersetzt werden. Er zielt genauso gegen den Tankstellenbetrieb wie gegen Wettbüros und Shisha-Bars, was so in einem amtlichen Plan natürlich nicht konkret benannt werden darf. Der Begriff „Urbanes Gebiet“ ist nicht etwa ein städteplanerischer Begriff, sondern in der Baunutzungsverordnung verankert, über die die Art und Weise der Bebauung von Grundstücken vorgegeben werden kann. Solche „Urbanen Gebiete“ dienen demnach „dem Wohnen sowie der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen, die die Wohnnutzung nicht wesentlich stören“.

Dass das Geschehen rund um das EKZ die Wohnnutzung in den angrenzenden Straßen wesentlich störe, ist Konsens unter den Fraktionen. Grundsätzlich sind Gewerbebetriebe in so gekennzeichneten Bereichen zulässig – die Stadtbevölkerung ist nämlich durchaus dankbar, wenn sie fußläufig das ein oder andere Geschäft geboten bekommt. Aber die Stadt kann mit dieser Festlegung eben zumindest künftig die Einrichtung von „Vergnügungsstätten“ verhindern.

Um die volle Kontrolle über das Areal zu gewinnen, etwa um die drei Gebäudekomplexe abreißen und das Gebiet völlig neu überplanen und gestalten zu können, wäre freilich der Ankauf der Grundstücke Voraussetzung. Auch darüber wurde in den Gremien bereits diskutiert. Dass die Stadt solch eine Aufgabe aus eigenen Mitteln stemmen könnte, wurde dabei eher skeptisch gesehen. Aber es gibt auch andere Wege wie über Investoren, die in enger Absprache mit der Stadt tätig werden könnten.

All dies ist aber noch weit weg, der Aufstellungsbeschluss ist nur ein Einstieg auf dem Weg zur Kontrolle über das Gebiet. Dazu gehört auch ein weiterer Beschlussvorschlag der Verwaltung, nämlich eine Veränderungssperre für den Bereich. Ein entsprechender Satzungsentwurf wird ebenfalls mit dieser Sitzungsrunde auf den Weg gebracht. Sie gilt für zunächst zwei Jahre, kann aber verlängert werden. Der Eigentümer darf dann keine „erheblichen oder wesentlich wertsteigernden Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen“ mehr vornehmen.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X