Was ist passiert?
Unbemerkt von der Tagespresse und ohne entsprechende Hinweise in den sozialen Netzwerken wurde während der Flörsheimer Kerb die Sitzbank der Stele stark beschädigt. Am vergangenen Samstag wurde sie daher abgebaut und einem fachkundigen Schlosser zur Reparatur übergeben. Dieser soll die Sitzbank zudem so weit verstärken, dass sie künftig nicht mehr so leicht Vandalismus zum Opfer fallen kann.
Offenbar wurde die Tat auch nicht bei der Polizei zur Anzeige gebracht: Im Polizeibericht blieb die Demolierung unerwähnt.
Es ist höchst bedauerlich, dass es in Flörsheim immer wieder zu solchen Akten der Zerstörungswut kommt, zuletzt leider immer öfter. Man denke nur an den gefällten Ginkgo-Baum auf dem Platz vor der St.-Gallus-Kirche. Nun hat dieser traurige Trend also auch die Erinnerungsstele zum Pestgelöbnis erreicht.
Gedenken an den Verlobten Tag
„Stein auf Stein“ ist der Name der Gedenkstätte, angelehnt an das bekannte Pestgelöbnis des Flörsheimer Pfarrers Laurentius Münch, der den Verlobten Tag vor 350 Jahren mit diesem Versprechen begründete: „Solange in Flörsheim Stein auf Stein steht“, werde man in jedem Jahr eine Gedenkprozession abhalten, wenn man nur vor der Pest verschont bleibe.
Die Erinnerungsstätte besteht aus einer etwa acht Meter hohen Metallstele, an der drei Platten aus Mainsandstein befestigt sind. Die Steine sollen zum einen das Thema „Stein auf Stein“ widerspiegeln, und zum anderen auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verweisen. In Anlehnung an die Dreifaltigkeit ist die Zahl Drei ein zentrales Element vieler europäischer Pestdenkmäler.
Bauwerk für die Bürger
Die Errichtung der Erinnerungsstele wurde vom Verein Raabekazze e.V. initiiert und soll im Sinne des Vereins ganz bewusst nicht als Denkmal verstanden werden, sondern vielmehr als eine Einrichtung für die Bürger der Stadt Flörsheim. Auch an eine barrierefreie Nutzbarkeit wurde bei der Konstruktion gedacht. Interessierte Spaziergänger und Besucher können sich an Texttafeln über die Hintergründe des Verlobten Tages informieren, und moderne QR-Codes sorgen dafür, dass man mit dem Smartphone im Handumdrehen auch online Wissenswertes rund um „Stein auf Stein“ abrufen kann.
Dieser Hintergrund macht den jüngsten Akt des Vandalismus umso trauriger, denn die Sitzbank sollte genau diese bürgerdienliche Funktion praktisch untermauern.
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