Wärme, Wasser, Vibrationen

Suche nach geeignetem Standort für Geothermie-Kraftwerk – Vorstellung des Seismik-Verfahrens

FLÖRSHEIM (drh) – Seit Tagen schon sind Messexperten im Gelände unterwegs, um Routen und Messpunkte für die dreidimensionale Messung zum Tiefengeothermie-Projekt festzulegen und zu markieren. Im gesamten Stadtgebiet fallen rote und gelbe Fähnchen und allerlei bunte Straßenmarkierungen auf. Insgesamt wird eine Fläche von circa 140 Quadratkilometern im Wiesbadener Osten (von Breckenheim bis zum Main und von Biebrich bis Raunheim) mit dem sogenannten Seismik-Verfahren erforscht.

 

An 5.200 Punkten im Gelände (rote Fähnchen) werden nach Abschluss der Testphase mit 30 Tonnen schweren Rüttelfahrzeugen Vibrationen ins Erdreich geschickt. Das Seismik-Verfahren, das unter anderem auch für die Erdölsuche eingesetzt wird, schickt Schallwellen in den Untergrund, die an verschiedenen Gesteinsschichten reflektiert werden. 7.000 ausgelegte Geophone (gelbe Fähnchen) empfangen das Echo der ausgesendeten Schallwellen und senden die Daten per Funk an ein Auswertungsbüro. Diese Methode soll den Experten eine dreidimensionale Ansicht der Verhältnisse in 4.000 Metern Tiefe liefern. „Wir suchen vor allem nach Kluften im Erdreich, die Wasserläufe führen könnten“, erklärt Sebastian Krämer von der Eswe-Versorgung, die zusammen mit dem Umweltamt der Landeshauptstadt Wiesbaden, sowie der Rhein-Main-Deponie GmbH die Untersuchungen durchführen lässt. Werden Hohlräume entdeckt, wird über Hochrechnungen und Interpretationen eine Wahrscheinlichkeit für einen tatsächlichen Wasserfund errechnet.
Bevor eine Bohrung vorgenommen werden kann, muss jedoch auch die Realität an der Oberfläche betrachtet werden. „Wir können nicht mitten im Gelände und auch nicht in bestehender Bebauung bohren“, erklärte Krämer. Die Lage eines eventuellen Geothermie-Kraftwerkes müsse so bestimmt sein, dass die Infrastruktur dazu passe. Bis ein eventueller Standort ausgemacht sei, gingen noch einige Monate ins Land. Die Messuntersuchungen seien je nach Witterung vermutlich erst vor Weihnachten abgeschlossen. Drei bis sechs Monate dauere dann die rein technische Auswertung, bevor sich weitere drei bis sechs Monate für die Interpretation der Ergebnisse anschließen würden. In der Interpretationsphase müssten Fragen wie „Wie wahrscheinlich ist der Wasserfund?“ und „Wie schaut es mit den Finanzen aus?“ geklärt werden. Käme man dann zu einer positiven Entscheidung für ein Tiefengeothermie-Kraftwerk, schließe sich ein offizielles Genehmigungsverfahren unter Beteiligung der Bürger, des Kreises und vielen weiteren Behörden an. „Wir werden den Bürger aber schon vorher über unsere Ergebnisse informieren und beantworten auch jetzt schon jederzeit Fragen“, so Krämer. Die Seismik zeichne erst Daten ab einer Tiefe von 200 Metern auf, sodass Privatleute von den Ergebnissen in der Regel keinen Nutzen ziehen könnten. Werden Klüfte gefunden, werde beispielsweise auch darauf geachtet, dass Klüfte, die auf Wiesbaden zuliefen, nicht angetastet würden, um die warmen Quellen keineswegs zu beeinträchtigen. Auf die Frage, wie das Erdreich auf eine eventuelle Wärmeentnahme reagiere, sagte Krämer, dass das Wärmevorkommen grundsätzlich als unendlich anzusehen sei. Langzeitstudien aus Island und der Toscana hätten gezeigt, dass die Wärme etwa 20 bis 25 Jahre aus der Tiefe gefördert werden könne, dann ein Jahr pausiert werden müsse, um dann erneut die gleichen Bedingungen wie zu Beginn des Projektes zu haben. 
Die eigentlichen Vibrationsmessungen werden nur nördlich des Mains durchgeführt. Auf der Südseite zeichnen lediglich einige Geophone die Messdaten noch auf. „Wir verzichten auf weitere Vibrationsmessungen auf der Südseite, weil wir hier auf zahlreiche Altdaten zurückgreifen können“, so Krämer. Bei einer Rüttelvorführung am Samstag konnten sich Interessierte selbst ein Bild von den anstehenden Maßnahmen machen. „Man spürt ganz wenig“, meinte Bürgermeister Michael Antenbrink, der sich bei der Vorführung direkt an ein Rüttelfahrzeug heranwagte. Die Fahrzeuge bewegen sich seit dem 29. Oktober montags bis samstags durch das Messgebiet. 
Für Fragen steht das Informationsbüro Geo-Service K. Bittner GmbH (Mainpark Flörsheim, Böttgerstraße 2–4, Haus 4) unter 06145–5460770 oder 0171–3613751 zur Verfügung.

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