Weit vor der Deadline steht die Analyse

Stadtverordnetenversammlung verabschiedet Abschlussbericht zur Wärmeplanung - Geothermie effizient, aber ungewollt?

gus

Eigentlich ging es nur darum, die empirische Grundlage für eine künftige Wärmeplanung in Flörsheim anzuerkennen. Als Basis für das weitere Vorgehen der Stadt auf dem Weg zu einer klimaneutralen Versorgung der Flörsheimer Haushalte mit Wärme spätestens im Jahr 2045. Den gesetzlichen Auftrag an die Kommunen, im Falle der Stadt Flörsheim bis Ende Juni 2028, einen solchen Wärmeplan erstellen zu lassen und den daraus hervorgegangenen Abschlussbericht des Büros „Infrastruktur und Umwelt“ (Darmstadt) zu verabschieden, kam die Stadtverordnetenversammlung in ihrer letzten Sitzung für das Jahr 2025 nach – und vor allem diese Eile fanden nicht alle Fraktionen nachvollziehbar.

Die Koalitionäre aus CDU und GALF mussten den Plan alleine mit ihren Stimmen durchbringen. Die SPD enthielt sich zwar, FDP und Freie Bürger aber hätten die Verabschiedung zu diesem Zeitpunkt gerne verhindert und stimmten mit „Nein“. Wie die Beschlussvorlage berichtet, entstand der Wärmeplan „in enger Abstimmung mit dem Lenkungskreis“. Der setzte sich aus den Fraktionsvertretern, Bürgermeister Bernd Blisch, der inzwischen aus dem Amt geschiedenen Ersten Stadträtin Renate Mohr sowie den Fachmitarbeitern der Stadtverwaltung zusammen. Vier Treffen des Lenkungskreises gab es, um den aktuellen Projektzwischenstand zu diskutieren.

Die Hauptergebnisse waren (wie berichtet), dass der Königsweg eines allumfassenden Nahwärmenetzes in Flörsheim nicht möglich sein wird und nur kleinflächig „an wenigen Standorten“ realistisch ist. Den Hauptpart werden dezentral, Einheit für Einheit aufzustellende Wärmepumpen leisten müssen. Wie die Berechnungen ergaben, sollte es sich zudem lohnen, den Main anzuzapfen und die Wärme im Wasser zu nutzen. Demnach müsste am Fließgewässer eine „Flusswärmepumpe“ entstehen.

Sechs Gremien hatten sich zuvor mit den Ergebnissen befasst, im September gab es zudem einen Bürger-Informationsabend in der Stadthalle. In der Stadtverordnetenversammlung eröffnete Jens Valenteijn (CDU) die Diskussion. Er bewertet den Abschlussbericht als „zentralen Baustein für eine sichere und zukunftsfähige Wärmeversorgung“, der eine verlässliche Grundlage biete, „um Veränderungen aktiv zu gestalten statt nur zu verwalten“. Die Erkenntnisse verhinderten Fehlinvestitionen und sorgten langfristig für niedrigere Energiekosten.

Eine andere Position nahm Alois Mhlanga (Die Freien Bürger) ein. „Wir hatten von Anfang an wenig Verständnis dafür, warum die Wärmeplanung so früh in Angriff genommen wird“, sagte der Fraktionsvorsitzende. Er habe den Eindruck, dass im Bericht, „die Antworten, die die Bürger wollen, nicht gegeben werden“. Dadurch, dass laut Vorgaben alle fünf Jahre eine Aktualisierung folgen muss, sei der Plan zwei Jahre nach dem Termin schon wieder zu überarbeiten, dies bedeute einen unnötigen Mehraufwand für die Verwaltung.

Die Freien Bürger beantragten entsprechend, den Bericht lediglich zur Kenntnis zu nehmen, ansonsten die Vertagung des Beschlusses über den Abschlussbericht ins Jahr 2028. Er solle der Bevölkerung zudem zur Verfügung gestellt werden, forderte Mhlanga. Das ist über die Homepage der Stadt allerdings längst erfolgt.

Markus Ochs (SPD) sieht als nächsten Schritt das Erstellen von Machbarkeitsstudien zur Identifizierung der Wärmenetze. „Die spannende Frage wird, wer die Netze bauen soll, damit wird es stehen oder scheitern“, sagte er. Das Büro habe kompetent gearbeitet, besonders, dass die Flusswärme genutzt werden kann, „sollte der erste Ansatz sein“. Auch die Landesregierung empfehle dies allen Flussanrainerkommunen aufgrund des hohen Nutzungsgrades als sehr wirtschaftliche Wärmequelle.

Er habe in den Sitzungen mehrfach darauf hingewiesen, dass, wie auch im Bericht aufgeführt, das Hessische Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) das Flörsheimer Stadtgebiet und die gesamte Gemarkung Wicker als "hydrogeologisch günstig“ eingestuft hat. Doch das Büro komme letztlich zum Schluss, dass Geothermie als Option ausfalle.

Erkundungsaktivitäten zum Tiefengeothermie-Potenzial in Wicker, im Jahr 2010 von der RheinMain Deponie und der ESWE Versorgungs AG durchgeführt, seien in der Bevölkerung sehr kritisch aufgenommen worden, heißt es im Abschlussbericht. Die Zusammenarbeit sei daher beendet worden, eine Wiederaufnahme der Aktivitäten sei laut RMD nicht geplant, schreiben die Untersucher. „Das zeigt, was dem Büro vorgegeben wurden“, sagte Ochs. „So wurde eine der wirtschaftlichsten Wärmequellen von vorneherein ausgeschlossen.“

Koalition und Stadtspitze haben offenbar eigene Vorstellungen von Konzepten und handelten gegen die fachliche Expertise, schlussfolgert Ochs. „Flörsheim ist alleine durch die Lage eine für die Wärmeplanung gesegnete Stadt", man müsse die Fachleute nur frei wirken lassen. So ein „politisch rasiertes Papier“ müsse man eigentlich ablehnen, schloss er. Die SPD enthalte sich aber, weil sie den Prozess unterstütze und wolle Koalition und Verwaltung nun „auf die Finger schauen“.

Thorsten Press (FDP) nahm die Arbeit im Lenkungskreis vor allem als Bestandsaufnahme wahr, „und oh Wunder, die Mehrheit in Flörsheim hat einen Gasanschluss“. Auch er hat den Eindruck, dass das begleitende Büro gute Arbeit geleistet habe, „das bringt in Flörsheim aber nicht den großen Nährwert, weil es vor der Zeit ist“. Der FDP-Fraktionsvorsitzende sieht „viele offene Themen“, es sei eher „ein erster Aufschlag für die, die sich mit dem Thema beschäftigen“. Gegen die Geothermie spreche, antwortet er auf den Vorwurf von Ochs, dass es sich bei der Bohrzone um ein Wasserschutzgebiet handele. Er folgte dem Vorschlag Mhlangas, den Bericht lediglich zur Kenntnis zu nehmen und einen Beschluss zu verschieben.

Etwa verwundert zeigte sich Frank Laurent (GALF) über die Einwendungen. „Im BVU war die GALF die einzige Fraktion, die Fragen gestellt hat, jetzt wird so ein Fass aufgemacht“, sagte der Fraktionschef. Die Opposition beschwere sich sonst immer, dass nichts voran gehe, „jetzt heißt es, macht doch mal langsam“.

Der Bericht belege, wie sich die Bebauung in Flörsheim energetisch gliedere, „wo wir stehen, wo wir hinwollen, was wir tun können, um voranzukommen“, zeigt er sich mit dem Papier zufrieden. Am Ende müssten aber 90 Prozent der Hauseigentümer eigenständig entscheiden, welchen Weg sie gehen, erwartet er, weil die Fernwärme kein großer Faktor sein werde, es laufe auf die Wärmepumpe hinaus.

Laurent betrachtet den Bericht als Arbeitspapier, bis 2028 zu warten, um dies anzugehen bedeute aber viel Zeit zu verlieren. Entsprechend spreche sich auch die GALF für die Verabschiedung des Wärmeplans aus.

Werner Duchmann (FDP) sieht wichtige Fragen auf dem Weg zum Umbau der Wärmeversorgung noch nicht beantwortet. So benötige der Umbau der Wärmeversorgung eine stärkere Stromversorgung, „sind unsere Kabel dafür überhaupt dick genug?“, fragte er. Die Syna genehmige jetzt schon nicht mehr alle Anträge von Hausbesitzern zum Einbau neuer Wärmepumpen. Er plädierte dafür, die Lenkungsgruppe aufrecht zu erhalten.

Der dfb-Antrag lautete, die Beschlussfassung über den Wärmeplan in das Jahr 2028 zu verschieben sowie den aktuellen Stand des Berichtsentwurfs der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Dem Antrag folgten allerdings nur FDP und dfb, die SPD enthielt sich, die Koalition lehnte ihn ab. Bei der daraufhin folgenden Abstimmung über den Beschluss des „aus dem Prozess der Kommunalen Wärmeplanung hervorgegangenen Abschlussberichts (Wärmeplan) zur Erreichung des gemäß Wärmeplanungsgesetz gesetzten Ziels der CO2-neutralen Wärmeversorgung bis zum Jahr 2045“ zeigte sich entsprechend ein gespiegeltes Ergebnis: CDU und GALF sicherten mit ihren 19 anwesenden Stimmen die absolute Mehrheit, die SPD blieb bei ihrer Enthaltung, dfb und FDP stimmten dagegen.

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