Beschlossen, unterschrieben, besiegelt

Nach Unterzeichnung des Schutzschirms drohen Kürzungen in der Verwaltung

HATTERSHEIM (ak) — Jetzt ist es amtlich: Hattersheim ist unter den Kommunalen Schutzschirm des Landes Hessen geschlüpft. Am Freitag, dem 14. Dezember, haben Bürgermeisterin Antje Köster und Erste Stadträtin Karin Schnick für die Stadt Hattersheim sowie Staatssekretärin Prof. Dr. Luise Hölscher für das Land Hessen den Schutzschirm-Vertrag zur Konsolidierung der Hattersheimer Finanzen im Ratssaal des Alten Posthofs unterzeichnet.

 

Nachdem erst einen Tag zuvor die Hattersheimer Stadtverordnetenversammlung endgültig für den Schutzschirm-Vertrag mit dem Land gestimmt hatte, war Bürgermeisterin Antje Köster froh, im letzten Jahr unter Mitwirkung der Hattersheimer Bürger alle Möglichkeiten der Konsolidierung des Stadthaushaltes ausgelotet zu haben. Zwar fand sie es schade, dass von den 39 vorgeschlagenen Positionen ausgerechnet die Erhöhungen von Gewerbe- und Grundsteuer von der Opposition in der Stadtverordnetenversammlung schließlich abgelehnt wurden, weil diese beiden Maßnahmen dem Ziel, die Einsparungen auf möglichst viele Schultern zu verteilen, besonders gut entsprochen hätten. Ansonsten freute es sie aber, dass in den anderen Punkten Zustimmung über Rot-Grün hinaus erreicht werden konnten. „Wir werden uns mit diesem Vertrag lange Zeit finanziell binden, allen stehen finanzielle Einschneidungen bevor – das alles geht nur MIT den Bürgern. Wir sind stolz darauf, dass die Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung in unseren Bürgerwerkstätten, in unserem Internetforum und auf der Bürgerversammlung so aktiv angenommen wurden. Und wir sind stolz auf unsere leistungsstarke Verwaltung, ohne die die Umsetzung dieser Bürgerbeteiligung nicht möglich gewesen wäre. Ganz besonders in unserer Kämmerei wurde viel geleistet in diesem Jahr!“, erklärte Bürgermeisterin Köster zur Begrüßung der Staatssekretärin. 
Von 106 Hessischen Städten und Gemeinden, denen die Möglichkeit, unter den Schutzschirm des Landes zu gehen, offen gestanden hat, haben nach Angaben von Staatssekretärin Hölscher 102 diese Gelegenheit wahrgenommen, ihre Finanzen langfristig auszugleichen und zu stabilisieren. Mit 50 Kommunen hat das Land inzwischen Konsolidierungsverträge ausgehandelt. Hattersheim gehört zu den zehn ersten Gemeinden, die ihren Vertrag unterzeichnet haben. „Der Kommunale Schutzschirm ist etwas, für das wir nicht immer nur gelobt wurden. Es gab Kritik für die Einschränkungen, die diejenigen, die ihn in Anspruch nehmen können, auf sich nehmen müssen und es gab Kritik von denen, die nicht drunter schlüpfen dürfen. Aber am Endpunkt sind alle positiv dazu eingestellt, weil in vielen Kommunen ein tolles Miteinander daraus geworden ist und sich dort nun alle gemeinsam Gedanken darüber machen, für was das Geld der Kommune ausgegeben werden soll. So haben wir heute zwar eine positive Stimmung auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite macht sparen natürlich keinen Spaß!“, resümierte Prof. Dr. Luise Hölscher. 
„Für uns ist der Abschluss des Vertrages über den Kommunalen Schutzschirm kein Endpunkt, sondern erst der Anfang eines Prozesses, in dem nun alle Sparmaßnahmen umgesetzt werden müssen. Der Gürtel muss extrem enger geschnallt werden, die kommunale Selbstverwaltung wird arg strapaziert, es gibt kaum noch einen Gestaltungsspielraum für uns. Wir hoffen dabei auf die Akzeptanz aller für unsere Sparbeschlüsse“, sprach Erste Stadträtin Karin Schnick auch die unangenehmen Seiten der Finanzkonsolidierung für die Stadt Hattersheim an. Mit der Unterzeichnung des Vertrages mit dem Land Hessen verpflichtete sich Hattersheim, bis zum Jahr 2016 einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen zu können. Dafür stellt das Land einen Entschuldungsbeitrag von mehr als 21 Millionen Euro zur Verfügung (das entspricht einer Reduzierung der Altschulden um circa 46 Prozent zum Stichtag 31.12.2009) und leistet eine Zinsdiensthilfe von einem Prozent, ein zusätzliches Prozent bekommt die Stadt aus dem Landesausgleichsstock. „Das ist insgesamt fast eine Summe von 30 Millionen Euro, mit denen das Land die Stadt Hattersheim über den Kommunalen Schutzschirm unterstützt – und bedeutet vier Jahre richtig harte Arbeit, mit der man aber besser heute anfängt als zu warten, bis einen die Entwicklung wieder einholt“, erklärte Staatssekretärin Hölscher.
Auch Antje Köster ist sich sehr bewusst, dass keine leichte Zeit vor der Stadt liegt: „Jetzt kommt ein schwieriger Prozess auf uns zu“, sagte sie, „wir haben zum Beispiel allein 700.000 Euro Personalkosten einzusparen. Dabei wird zwar der pädagogische Bereich ausgeklammert, aber es wird sehr schwer, weil wir eigentlich keine 'überalterte' Verwaltung haben. Es sind nun alle aufgefordert, ab- und zuzugeben, die gesamte Bandbreite der Stadt ist betroffen.“ Luise Hölscher kennt den Effekt und stimmt Antje Köster zu: „Es ist leichter so, wenn alle von den Sparmaßnahmen betroffen sind, sonst kommen unweigerlich die Fragen: warum wir und nicht die anderen.“ Erste Stadträtin Karin Schnick bedauerte in diesem Zusammenhang noch einmal, dass für die Erhöhung der Grundsteuer keine Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung gefunden werden konnte. „Der Run auf die Baugebiete in Hattersheim ist immer noch groß, die Häuser in den neuen Siedlungen werden am Reißbrett verkauft. Es ist ärgerlich, dass nicht alle Parteien bei der Erhöhung der Grundsteuer mitgemacht haben. Wir versuchen schon immer, Nutzer über Gebühren zur Finanzierung von Leistungen heranzuziehen, unsere Leistungen sind aber trotzdem noch gut“, bekräftigte sie auch noch einmal den Willen der Stadt, die Belastung durch die Sparmaßnahmen auf möglichst viele Schultern zu verteilen. 
Auch Werner Roser, der in der letzten Woche in den Ruhestand verabschiedete Kämmerer der Stadt und ihr „Macher“ in Sachen Kommunaler Schutzschirm, war bei der Unterzeichnung des Vertrages dabei und zog eine positive Bilanz: „Der Prozess bis zum Unterzeichnen des Vertrages war sicher für alle ein Gewinn – auch vom Kopf her und für das Verständnis untereinander“, erklärte er überzeugt.
Im Alten Posthof unter dem Schild der Kaiserlichen Reichspost mit dem Schriftzug „Salvaguardia“ unterschrieben Staatsekretärin Prof. Dr. Luise Hölscher, Bürgermeisterin Antje Köster und Erste Stadträtin Karin Schnick den in blauem Samt vorgelegten Vertrag – vielleicht ein gutes Omen dafür, dass auch der Weg der Stadt durch die nächsten vier Jahre im Sinne dieser Schutzwache gesichert sein wird.
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