Etwas mehr Klarheit im Kastengrund

Nachtrag zum städtebaulichen Vertrag konkretisiert die Vorgaben zur Abwärmenutzung und Fassadengestaltung

Einmal mehr standen Fragen zur Abwärmenutzung und Fassadengestaltung des im Kastengrund geplanten Rechenzentrums im Mittelpunkt der politischen Debatte.

Das Bauleitverfahren zur Errichtung eines großen Rechenzentrums auf dem Kastengrund-Areal schreitet weiter voran. Bezüglich des dazugehörigen städtebaulichen Vertrags kam es nun zu einem ersten Nachtragsentwurf, der seitens der Vorhabenträgerin Digital Frankfurt 2 B.V. bereits unterzeichnet wurde und nun noch von der Stadt Hattersheim angenommen und genehmigt werden muss. Mit dieser Beschlussvorlage beschäftigten sich die Mitglieder des Ausschusses für Umwelt, Bauen und Verkehr am Dienstagabend bei ihrer Sitzung im Okrifteler Haus der Vereine.

Zwei Festsetzungen des Bebauungsplans sollen durch den Nachtrag konkretisiert werden: Zum einen die Regelungen zur potenziellen Abwärmenutzung und zur Erstellung von Fassadenkonzepten. Zum anderen wird die Aufwandsentschädigung für die Ersatzhabitate der Gartenschläfer klargestellt - hier wurde in "Juristendeutsch" noch einmal klar definiert, dass der Vorhabenträger an die Stadt Hattersheim, welche sich um die Wartung und Pflege der Ersatzhabitate kümmern wird, für die nächsten 30 Jahre monatlich eine Aufwandsentschädigung von 3.000 Euro entrichten wird. Diese monetäre Leistung wird vorab in Form einer Einmalzahlung von 90.000 Euro ausgezahlt.

Altbekannte Streitpunkte

Die Punkte Abwärmenutzung und Fassadengestaltung am neuen Rechenzentrum waren in den jüngsten Sitzungen des Hattersheimer Stadtparlaments auch die umstrittensten Punkte des Bauprojekts.

Für Letztere wird der Vorhabenträger nun verpflichtet, von einem "qualifizierten und leistungsfähigen Büro für Farb- und Fassadengestaltung" drei hochwertige Fassadenkonzepte erstellen zu lassen. Diese sollen eine "wirtschaftlich vertretbare und gute Integration des Gebäudes in den Landschaftsraum" gewährleisten. Funktionalität und Sicherheit des Gebäudes dürfen dabei jedoch nicht beeinträchtigt werden.

Die Stadt Hattersheim wird schließlich das von ihr favorisierte Fassadenkonzept auswählen, und die Digital Frankfurt 2 B.V. wird sich um dessen Umsetzung und dauerhafte Erhaltung kümmern.

Bezüglich der Abwärmenutzung wird der Vorhabenträger nun nicht nur dazu verpflichtet, die an seinem Gebäude entstehende Abwärme zur Nutzung durch Dritte an der Grundstücksgrenze unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, sondern hierfür auch die Installation einer Übergabestation auf seinen Grundstücken zuzulassen. Er steht jedoch weiterhin nicht dafür ein, dass die Abwärme auch tatsächlich von Dritten nutzbar ist.

Möglichkeiten der Abwärmenutzung

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Marek Meyer begrüßte die Vorlage und die mit ihr verbundenen Klarstellungen. Er wies aber auch nochmals darauf hin, dass es seiner Meinung nach besser gewesen wäre, wenn das Finden eines Abnehmers für die Abwärme nicht im Verantwortungsbereich der Stadt Hattersheim läge, sondern Aufgabe des Grundstückseigentümers wäre.

Bürgermeister Klaus Schindling räumte ein, dass es natürlich ideal wäre, wenn der Bauvorhabenträger die Abwärme selbst auf dem eigenen Grundstück für andere Zwecke nutzen würde. Es sei jedoch nicht üblich und realistisch, in solchen Vertragswerken den Vorhabenträger zur Gewährleistung einer Abwärmeabnahme zu verpflichten. Denn es würde sich auch die Frage nach der prozentualen Bemessung stellen: Rechenzentren verbrauchen eine immense Menge an Energie. Beispielsweise hat der Campus von NTT (ehemals e-shelter) etwa den gleichen Energiebedarf wie eine Stadt mit 75.000 Einwohnern. Würde man also die entstehende Abwärme etwa zur Versorgung von 2.000 oder 3.000 Wohnungen in einem benachbarten Stadtteil nutzen, bliebe immer noch der größte Anteil ungenutzt. Entsprechend zurückhaltend müsste man also bei der Bestimmung der prozentualen Menge der verpflichtenden Abwärmenutzung gegenüber dem Grundstückseigentümer sein, weil man in diesen Abwärmedimensionen sonst schnell in schlicht unerfüllbare Regionen vorstößt. Bislang gebe es weltweit noch kein einziges Rechenzentrum, dessen vollständige Abwärme einer anderen Nutzung zugeführt wird, gab Schindling zu Bedenken.

Der Bürgermeister stellte aber auch fest, dass gerade dieser Umstand ein spannendes und wichtiges Thema sei: "Jedes nicht in die Luft abgegebene Grad Celsius bringt uns unseren Klimazielen näher". Die Stadt Hattersheim hat bereits jetzt ein großes Interesse daran, dafür zu sorgen, dass später, nach der tatsächlichen Fertigstellung des neuen Rechenzentrums, dessen Abwärme möglichst umfangreich einer anderen Nutzung zugeführt werden kann. "Da sind wir im Auffinden von Möglichkeiten weitaus besser als der Bauvorhabenträger", so Schindling - einfach weil dieser das ganze Projekt vor allem aus dem Blickwinkel der Wirtschaftlichkeit sieht, während für die Stadt auch politische Gegebenheiten eine große Rolle spielen und man einfach über eine bessere Kenntnis der Region verfügt.

Ein Abnehmer der Abwärme müsse auch nicht unbedingt in Hattersheim selbst gefunden werden, bis hin zur Einleitung in ein Fernwärmenetz sei vieles denkbar. Und bei der Suche nach Möglichkeiten zur Abwärmenutzung sei man in Hattersheim "weitaus weiter als die Stadt Frankfurt - aber wir sind auch kleiner, flexibler und besser", stellte Bürgermeister Schindling abschließend selbstbewusst fest.

Grüne wollen mehr

Den Hattersheimer Grünen ist diese Aussicht nach wie vor "nicht gut genug", und deshalb kündigte deren Fraktionsvorsitzende Nathalie Ferko an, dass man diesem Vorhaben auch weiterhin nicht zustimmen werde. Selbst wenn man in dieser Sache besser als Frankfurt aufgestellt sei, verfüge man immer noch über ungenutztes Potenzial, und es würde Hattersheim als "Digital City" gut zu Gesicht stehen, wenn man hier eine Vorreiterrolle übernehmen würde.

Letztendlich stimmten die Koalitionsparteien CDU, FDP und FWG sowie die Sozialdemokraten der Vorlage zu, Bündnis 90/Die Grünen votierten dagegen.

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