„Das kenne ich von keiner anderen Kommune“

Seit dem 1. Mai hat Hattersheim eine neue Erste Stadträtin: Heike Seibert im Gespräch über ihre ersten vier Monate im Amt

Am 1. Mai trat Heike Seibert ihren Dienst als Erste Stadträtin an. Mit dem Hattersheimer Stadtanzeiger sprach sie über die Eindrücke und Erfahrungen, die sie über die ersten vier Monate im Amt hinweg sammeln konnte.

Seit dem 1. Mai ist Heike Seibert die neue Erste Stadträtin der Stadt Hattersheim am Main. Nach vier Monaten im Amt stellt die CDU-Politikerin im Gespräch mit dem Hattersheimer Stadtanzeiger fest, dass ihre neue Aufgabe herausfordernder sei als erwartet – ihr aber gleichzeitig auch noch mehr Spaß bereitet als zuvor gedacht.

Zuständig ist Heike Seibert in ihrer neuen Rolle für Senioren, Inklusion, Vereine, für sozialen Wohnraum und Kultur in Hattersheim. Hierzu zählen natürlich auch Großveranstaltungen wie zum Beispiel die Klassikertage, die schon zwei Wochen nach ihrem Amtsantritt stattfanden und erstmals rein von der Stadt Hattersheim ausgerichtet wurden und nicht mehr mit Unterstützung der Lufthansa. In gewisser Weise eine schnelle erste Feuertaufe für die neue Erste Stadträtin, es ging „direkt von 0 auf 100“, wie sie es selbst beschreibt, was sie aber auch ausdrücklich begrüßte, da dies ihrem eigenen Wesen entspricht. Und das Ergebnis konnte sich sehen lassen: Die Klassikertage waren auch in diesem Jahr wieder ein voller Erfolg.

Die Organisation der Klassikertage oblag zwar dem Refrat Kultur, dennoch legt Seibert großen Wert auf die Feststellung, dass es sich hierbei in der Praxis um eine Gemeinschaftsleistung aller Referate der Stadtverwaltung handelte, was sie als sinnbildlich für die Art und Weise bezeichnet, wie in der hiesigen Verwaltung gearbeitet wird.

Das Besondere an Hattersheim

Überhaupt erachtet Heike Seibert die Menschen und das Miteinander in Hattersheim als „unfassbar beeindruckend“, und dies schlage sich eben auch in der Verwaltung nieder. „Die Herausforderungen, die eine Verwaltungstätigkeit mit sich bringt, habe ich wahrhaftig ein Stück weit unterschätzt“, bekennt die Erste Stadträtin ganz offen, „obwohl man mir im Vorfeld immer gesagt hat: ‚Pass auf, da kommt einiges auf Dich zu!'“ Neben den Tücken der Hessischen Gemeindeordnung muss man sich auch erst einmal ein Bild davon machen, welche Bereiche der Verwaltung für ein Projekt zuständig sind. Dabei gibt es Überschneidungen zu berücksichtigen, und diese Abläufe galt es für Heike Seibert zu erlernen – und dieser Prozess ist auch nach so kurzer Zeit natürlich noch nicht abgeschlossen.

Aber diese Herausforderungen haben auch ein besonderes Gegengewicht: Das bereits erwähnte Miteinander in der Stadt und in allen Ortsteilen, dieser Zusammenhalt trägt sich bis in die Verwaltung und stellt für die Erste Stadträtin eine maßgebliche Motivationsquelle dar. Nach elf Jahren Tätigkeit für den Main-Taunus-Kreis kennt Seibert alle zwölf Städte und Gemeinden dort sehr gut, und nirgendwo sonst kommt ihrer Erfahrung nach ein ähnlich großer Anteil der Verwaltungsmitarbeiter aus dem jeweiligen Ort selbst. „Das kenne ich von keiner anderen Kommune“, stellt Heike Seibert fest, „und das leben die Menschen. Projekte, die wir hier anstoßen, haben immer auch einen persönlichen Bezug.“ Man erledigt dort „nicht einfach nur seine Arbeit“, sondern man arbeitet für die Kommune, in der man selbst auch verwurzelt ist. Dieser Umstand vergrößert in den Augen von Heike Seibert einerseits die Verantwortung, die man trägt, aber eben auch die Leidenschaft und den Spaß in Bezug auf die eigene Arbeit.

Heike Seibert wohnt selbst mit ihrer Familie in Niedernhausen im Rheingau-Taunus-Kreis. Auch dort war sie zwar „politisch ein bisschen tätig“ – als „wirklich verwurzelt“ erachtet sie sich dort jedoch nicht. Während ihrer langjährigen Tätigkeit im Main-Taunus-Kreis hat sie dort einen Großteil ihrer Zeit verbracht, sie hat Verwandte und Freundinnen in Hattersheim, und dementsprechend ist es ihr nach der letzten Kommunalwahl leicht gefallen, sich in Hattersheim politisch zu engagieren und dort als stellvertretende CDU-Parteivorsitzende zu wirken. Grundsätzlich hätte sie gerne auch ihren Wohnort nach Hattersheim verlegt, sie hat sich jedoch dagegen entschieden, weil sie ihren 12-jährigen Sohn nicht entwurzeln wollte. Seibert hofft darauf, dass sie in Hattersheim eine so gute Arbeit abliefert, dass sie für ihre erbrachte Leistung als Erste Stadträtin bewertet wird – und nicht für den Ort an dem sie schläft.

Eine weitere Herausforderung stellt für Heike Seibert der Umstand dar, dass die Menschen und Kollegen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, über das ganze Stadtbild verstreut sind, von der aufsuchenden Suchthilfe über die Siedlung und die Altmünstermühle bis hin zur Musikschule und zur Bücherei. Dass sie nicht nur an ihrem Schreibtisch verharrt sondern viel unterwegs ist, ist sie aus ihrem vorherigen Berufsleben bereits gewohnt. Neu ist für sie jedoch, dass die Menschen, mit denen Sie arbeitet, für sie oftmals von ihrem Büro aus nicht direkt greifbar sind, sondern sie von Referat zu Referat unterwegs ist, von Schule zu Schule und so weiter. Natürlich sind spätestens seit der Corona-Pandemie Videokonferenzen keine allzu exotische Alternative mehr. Aber Heike Seibert legt Wert auf einen möglichst direkten Kontakt, gerade beim ersten Kennenlernen: Sie ist gerne mit Menschen zusammen, und dazu zählen natürlich auch ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mittlerweile hat sie alle kennengelernt, und sie hat gezielt in ihrer Anfangszeit häufig die diversen Referate aufgesucht und sich mit den dortigen Personen zusammengesetzt. Dies habe ihr am Anfang auch sehr geholfen, weil man so “ganz anders in die Themen reinkommt“: Man erfährt auf diesem Wege mehr über Hintergründe, Historien, Zusammenhänge und Entwicklungen. So hat Seibert zu Beginn ihrer Amtszeit zuweilen ganze Tage in anderen Referaten verbracht um die dortigen Strukturen kennenzulernen und einschätzen zu können, welche Impulse sie womöglich an anderer Stelle einsetzen kann oder wo eventuell Verbesserungsbedarf besteht.

Pläne und Veränderungen

In den vergangenen Monaten konnte sich Heike Seibert einen umfassenden Überblick über ihre Aufgabengebiete verschaffen, und natürlich hat sie dabei auch hier und da Verbesserungspotenziale ausgemacht. So will sie beispielsweise gerne besonders kräftig an der Stellschraube der Hattersheimer Musikschule drehen. Mit der aktuellen Örtlichkeit in der Mainzer Landstraße 36 ist sie nicht zufrieden. Stolze 310 Kinder besuchen die Kurse der Musikschule, die Nachfrage ist sogar noch deutlich höher. Und das Thema liegt Heike Seibert besonders am Herzen, die Bedeutung der musikalischen Früherziehung und generell der kulturellen Erziehung dürfe nicht unterschätzt werden. Deshalb würde sie die Musikschule gerne in Räumlichkeiten mit „ein bisschen mehr Gehalt und Wert“ unterbringen. Verschärfend kommt hinzu, dass die Leiterin der Musikschule, Beate Kunz, nächstes Jahr in Rente geht und die Erste Stadträtin davon überzeugt ist, dass ein Umzug die Chancen auf das zeitnahe Finden einer Nachfolgerin oder eines Nachfolger erheblich steigern würde.

Sehr erfreut ist die Erste Stadträtin darüber, dass die Jugendarbeit kürzlich bereits in neue Räumlichkeiten umziehen konnte. Und mittelfristig sieht Seibert auch Handlungsbedarf bezüglich der Hattersheimer Bücherei aufkommen, die angesichts ihres sehr breit gefächerten Angebots auch so langsam an ihre Kapazitätsgrenzen stößt.

Ein nächster großer Schritt wird für die Erste Stadträtin das Kennenlernen der hiesigen Vereinslandschaft darstellen. Hierfür hatte sie bislang noch kaum Zeit, natürlich abgesehen von besonderen Jubiläen oder Veranstaltungen in der jüngeren Vergangenheit. „Aber Hattersheim hat über 100 Vereine“, so Seibert, „das ist ein Riesenpfund und gleichzeitig auch eine große Verantwortung.“

Ebenfalls im Blick hat Heike Seibert die Schaffung eines Seniorenbeirats in Hattersheim. Bereits in ihrer Antrittsrede im Januar nach ihrer Wahl zur Ersten Stadträtin formulierte sie diese Zielsetzung gegenüber der Stadtverordnetenversammlung. Nach wie vor hält es für unabdingbar, dass ein solches Gremium in Hattersheim ins Leben gerufen wird. Die Zahl der älteren Menschen, die es aufzufangen gilt, steigt kontinuierlich, und Themen von der Patientenverfügung bis hin zur Digitalisierung, die gerade für Seniorinnen und Senioren nicht immer ein Segen sei, stellen zuweilen große Hürden dar, die Hilfestellungen notwendig machen. Gleichzeitig will Heike Seibert diesbezüglich aber auch zunächst eine grundlegende Vorarbeit leisten, und andere artverwandte Problematiken haben akut eine höhere Dringlichkeit: So sei in Hattersheim, wie in allen anderen Kommunen auch, "ein unfassbarer Umschwung an Personal" auszumachen. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen in Rente, insbesondere auch im Seniorenbereich der Altmünstermühle, die mit viel Leidenschaft diese Arbeit bislang abgedeckt haben, so Seibert. Die seien noch nicht ganz weg - und werden schon vermisst. Deshalb gilt es nun, diese Arbeitskräfte so schnell wie möglich zu ersetzen. Dem Thema Seniorenbeirat will sich die Erste Stadträtin dann voraussichtlich ab dem kommenden Frühjahr verstärkt widmen.

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