Musik von den Baumwollfeldern

5. Folk- und Blues-Festival im Alten Posthof – Erstklassige Bands, immer mehr Besucher

„Paul Lamb and The King Snakes” begeisterten das Publikum des 5. Folk- und Blues-Festivals mit guter Laune, Spielwitz und absoluter musikalischer Perfektion.
(Fotos: A. Kreusch)

HATTERSHEIM (ak) – Zum fünften Mal veranstaltete der Folk Club Hattersheim e.V. am Samstag, 8. Juli, in Kooperation mit dem KulturForum Hattersheim in diesem Jahr sein Folk- und Blues-Festival im Alten Posthof – und auch diesmal war die Auswahl der Bands wunderbar getroffen, der laue Sommerabend mit toller Musik hat allen Besuchern sehr viel Spaß gemacht. Nicht nur die Lokal-Matadoren des „International Cajun Trio“, auch die englische Bluesband „Paul Lamb and the King Snakes“ und der junge Bluesrocker „Little Dave“ mit seinem Trio brachten mit ihren Sounds ordentlich Stimmung ins Publikum.

Wenn Biber Herrmann, Helt Oncale und Yannick Monot als „International Cajun Trio“ auf der Bühne stehen (oder sitzen), dann ist nicht nur temperamentvolle Cajun-Musik aus Louisiana angesagt, sondern das Publikum bekommt auch Kostproben der Musikstile zu hören, welche die einzelnen Musiker in ihren eigenen Bands und solo gerne spielen – und man kann durchaus auch etwas dabei lernen. Zum Beispiel wenn Yannick Monot erklärt, dass der „Cherokee Waltz“ in Louisiana nichts mit einem Indianer-Stamm zu tun hat: „Cherokee heißen die wilden Rosen, die man dort in großen Sträußen pflückt, aber nicht um sie seiner Geliebten zu schenken, sondern um den Grill damit zu betreiben. Obendrauf kommt dann ein kleines Kaninchen oder ein Krokodil“, erklärte Monot schmunzelnd, „man ist dort eben der Ansicht, Liebe ist schon schön, aber erst nach dem Essen!“ Neben Yannick Monot auf der Bühne stehen mehrere Zieh- und Quetschinstrumente in verschiedenen Größen, das Akkordeon ist sein Instrument, aber auch das Mundharmonika-Spiel und den Chanson-Gesang versteht er meisterhaft zu intonieren.

Biber Herrmann spielte die Gitarre und auch die Dobro, unter deren Decke sich Resonatoren aus Aluminium verstecken, die die Schwingungen der Saite verstärken und so ein lauteres Spiel zulassen als akustische Gitarren. Wie perfekt Herrmann den Blues und seine Saiten-Instrumente beherrscht, durften die Zuhörer auch bei einem von ihm selbst geschriebenen (aber nicht autobiographischen!) Song über eine russische Liebesdame erfahren: „She had eyes like diamonds. Clear as the Tundra skies.“

Helt Oncale ist am Missisippi aufgewachsen, dort, wo er „einen Kilometer breit und so tief wie zehn Stockwerke ist.“ Wenn er die Gitarre zur Seite legt und seine Fiddel an die Schulter schmiegt, um etwa einen der „völlig unsinnigen Mardi gras-Songs“ mit dem Titel „Dirty Feet“, zu spielen, dann kann sich niemand der Melodie und der Stimmung entziehen, alle Füße wippen mit und alle Köpfe nicken im Takt.

Dass es ein Gerücht ist, wenn gemutmaßt wird, die Gruppe sei deshalb zusammen, weil Monot und Oncale Zwillinge seien, nimmt das Publikum mit einem Lachen zur Kenntnis – das sie alle drei aber tatsächlich auch grandiose Solisten sind, bewies Oncale mit einer ganz speziellen Version von „Blue Suede Shoes“, Monot mit einer an eine Renaissance-Melodie angelehnten, leisen und poetischen Melodie über „Amour et amicité“.

Herrmann stellte bei dieser Gelegenheit seine wirklich imponierende, perfekte Bluesband vor, in der er – angefangen von seinem auf den Boden stampfenden linken Fuß über seine auf das Griffbrett klopfende Hand – einen Bassisten, der sich mit einem Rhythmus-Gitarristen abwechselt, einen fünften Mann mit der Mundharmonika im Wechsel mit einem Sologitarristen und schließlich auch einen Sänger als sechsten Mann in sich selbst vereint und damit einen erstaunlich satten Blues-Sound erzeugt. Das war dem Publikum einen ganz besonderen Applaus wert! 

Das „International Cajun Trio“ hatte an diesem Abend nicht nur traditionelle Cajun-Musik mitgebracht, sondern natürlich auch neu geschriebene Songs aus der neuesten CD. Am Ende erklang sogar zweistimmig mit den Gästen der Cajun-Song „Toute la nuit“. Und eine Zugabe hatte sich das Publikum natürlich auch noch erklatscht, bei der die Musiker alle noch einmal mitnahmen zu den „großen Baumwollfeldern“ am großen Fluss: „Mississippi round my mind“.

Nach einer kurzen Umbauphase wurden auf der Bühne die Turnschuhe des Cajun-Trios von veritablen Cowboy-Stiefeln abgelöst: Einen Tag nach einem Auftritt in Schweden standen „Paul Lamb and the King Snakes“ bei einem von zwei Konzerten in Deutschland auf der Bühne im Posthof. Akkordeon und akustische Gitarren wurden von den klassischen Rock- und Bluesinstrumenten E-Gitarre, Bass und Schlagzeug abgelöst. Nur eine Instrumentenart, die auch schon die Cajun-Musik bereichert hatte, blieb dort vertreten: die Mundharmonika. 

Paul Lamb, geboren 1955 in Newcastle, gilt als einer der besten Blues-Harmonica-Spieler der Welt, und das sollten die Zuhörer auch bald zu hören bekommen. Zusammen mit seinem ausgezeichneten Sänger und Rhythmusgitarristen Chad Strentz, seinem Leadgitarristen und Sohn Ryan Lamb, dem Bassisten Rod Demick und dem Schlagzeuger Dino Coccia brachte Lamb nicht nur mit seiner Virtuosität auf der Mundharmonika, sondern auch durch viel Spielwitz und Spaß an der Musik Begeisterung ins Publikum. „I like to move and groove“ teilte er allen mit und hüpfte und stampfte mit seiner Mundharmonika voller Elan zwischen seinen Bandmitgliedern herum, etwa als sich seine Harp mit der Gitarre seines Sohnes unterhielt oder bei Songs wie „Jump little Judy“. Wenn sein kleines Instrument einmal leisere „rrrr“-Töne von sich gab, zirpte und schluchzte, dann wurden dem Meister auch schon mal äußerst effektvoll theatralisch von seinem Bassisten Tränen aus den dafür extra von der Sonnenbrille befreiten Augen gewischt, auf die Frage eines Liedes „There is someone who loves you – guess who?“ antworteten die grinsenden Bandmitglieder reihum auf sich selbst zeigend: „It’s me!“ 

Nachdem Paul Lamb noch einen Schluck aus seinem Glas genommen hatte, nahm er seine Gitarre und ging mit ihr – ohne elektrische Verstärkung – einfach von der Bühne hinunter mitten ins Publikum. Fasziniert lauschten alle den Tönen, die von der Band mit zurückgefahrener Lautstärke begleitet wurde. Das erlebt man nicht alle Tage, die Zuhörer waren einmal mehr begeistert von Paul Lamb und seinen „King Snakes“. Gute Laune auf der Bühne zieht eben auch gute Laune im Publikum nach sich.

Peter Wagner, der Erste Vorsitzende des Folkclub-Hattersheim e.V., freute sich über die tolle Performance der Bands an diesem Abend. „Die Lambs machen praktisch einen Familienausflug“, lachte er zufrieden, „gestern noch in Schweden sind sie morgen in England und dann auf dem Weg nach Norwegen, danach dann noch mal in Deutschland“, weiß Wagner. „Dass sie hier bei uns Station gemacht haben, verdanken wir nur unseren guten Connections!“ Dass trotz der Konkurrenz durch das Höchster Schlossfest so viele Cajun- und Blues-Liebhaber den Weg in den Alten Posthof gefunden hatten, machte ihn stolz: „Wir haben uns jetzt nach fünf Jahren doch einen gewissen guten Ruf geschaffen.“ Und da kann man ihm uneingeschränkt zustimmen, wenn man die letzten Konzerte erlebt hat – ein Besuch beim Folk- und Blues-Festival in Hattersheim hat sich bisher immer gelohnt.

Selbstverständlich wurde auch von Paul Lamb und seiner Band mit stehenden Ovationen eine Zugabe eingefordert, Vater Paul und Sohn Ryan kamen noch einmal auf die Bühne und spielten einen tollen Dialog vom Mundharmonika und Gitarre – der Sohn hat unbestritten nicht nur die Musikalität, sondern auch sein Showtalent vom Vater geerbt.

Auch an der dritten Band des Abends, dem „Little Dave Trio“ fanden die Zuhörer großen Gefallen. David Geis zeigte, wie er mit viel Musik-Gespür seinen eigenen musikalischen Stil gefunden hat, er wird von Bea Bach am Bass und Oliver Kölsch am Schlagzeug begleitet. Die jungen frischen Sounds des Trios sind geprägt von in Gitarren-Solos verwandelten Emotionen. Mit Leidenschaft und Spielfreude kann David Geis Elemente des Blues und des Rock seinem Publikum wunderbar näher bringen.

 

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