„Schon immer“ in Hattersheim

Absar-ul-Haq Malik hat den Vorsitz der Hattersheimer Ahmadyya-Muslim-Gemeinde übernommen

Seit Oktober 2020 hat die Hattersheimer Ahmadyya-Gemeinde einen neuen Vorsitzenden: der 44-jährige Hattersheimer Absar-ul-Haq Malik hat das Amt von Hafeez Awan übernommen.

Malik lebt seit 1997 in Deutschland, er betreibt ein Mietwagen- Unternehmen in Frankfurt. In seinem Geburtsland Pakistan hatte er Mathematik und Physik studiert, das Land Hessen hat seinen Bachelor-Abschluss in Naturwissenschaften anerkannt. Mit seiner Frau Rabia Malik hat er drei Kinder, von denen der Älteste auch schon im Vorstand der Gemeinde aktiv ist. Das Ehepaar Malik wohnt „schon immer“ in Hattersheim, seit sieben Jahren wieder in Okriftel, seit kurzem im eigenen Haus. „Wir haben hier im Haus der Vereine geheiratet“, erzählt Malik stolz lächelnd auf seine Ehefrau blickend, „unsere Kinder gehen in Hattersheim zur Schule, der Älteste macht schon eine Ausbildung.“ Seine Frau nickt bestätigend: „Und unser Ältester spielt auch 'schon immer' bei der Germania Okriftel Fußball“, ergänzt sie gerne. Die Familie fühlt sich wohl in der Stadt.

Auch Rabia Malik – in Hattersheim als Integrationslotsin und Mitarbeiterin im Stadtteilbüro bekannt - ist in der Ahmadyya-Gemeinde aktiv, sie ist Vorsitzende der Frauenorganisation in der Stadt. So war sie etwa dabei, als die Ahmadyya-Frauen zu Beginn der Pandemie-Zeit 500 Masken für Hattersheim nähten, von denen sie 250 dem Bürgermeister überreichten und die anderen selbst verteilten. Auch die Bewohner des EVIM-Altenheimes wurden nicht vergessen, obwohl es nicht möglich war, wie in jedem Jahr Rosen dort zu Weihnachten zu verteilen. „Wir haben zu Hause Karten für die Seniorinnen und Senioren gebastelt und sie dann dort in den Briefkasten geworfen“, erzählt Rabia Malik.

Suche nach neuen Räumlichkeiten

In Corona-Zeiten ist es sicher eine ganz besondere Herausforderung, einen Verein oder auch eine religiöse Gemeinde zu leiten. Die Ahmadyya-Gemeinde hat sich schon früh dafür entschieden, ihr Gemeindeleben auch online zu organisieren. „Unser Gebetsraum in der Sindlinger Straße ist zwar geöffnet, aber natürlich halten wir uns an alle Verordnungen“, erzählt Rabia Malik, „es wird selbstverständlich nicht mehr Schulter an Schulter gebetet, sondern mit dem vorgeschriebenen Abstand, wir führen Anwesenheitslisten und desinfizieren immer gründlich.“ Schon dreimal wurde der Raum für einige Tage „zugemacht“, weil Corona-Infektionen unter den Besuchern festgestellt worden waren. „Wir halten uns an alle Gesetze und Anweisungen“, bekräftigt Absar-ul-Haq Malik noch einmal ernst.

Traurig macht das Ehepaar Mailk allerdings, dass ihrer Gemeinde die Räumlichkeiten in der Sindlinger Straße nur noch bis Ende März zur Verfügung stehen. „Man hat uns leider gekündigt und suchen nun schon seit einiger Zeit vergeblich in der ganzen Stadt neue Räume für uns“, erzählt Rabia Malik, „wenn jemand eine Idee hätte, wir wären für jeden Hinweis sehr dankbar.“

Online-Treffen und Nachbarschaftshilfe

Um auch ohne persönliche Treffen ein Gemeindeleben aufrecht zu halten, bietet die Gemeinde nun monatliche Online-Treffen, eine Online-Koranschule und auch einen Kinder- sowie einen Mädchentreff über das Internet an. „Unsere Vorstandssitzungen finden natürlich auch online statt“, ergänzt der Gemeindevorsitzende, „und seit Dezember gibt es jeden Tag, außer am Freitag, von unserem Hauptsitz in Frankfurt aus gestreamte Informationen zum Koran.“ Diese kontaktlosen Kommunikationsmöglichkeiten untereinander wird die Gemeinde bis auf weiteres beibehalten.

Aber auch praktische Hilfe oder Unterstützung für alle Hattersheimer bietet man in dieser schwierigen Zeit gerne an. „Unsere Jugendorganisation hat eine Nachbarschaftshilfe ins Leben gerufen, wenn es in Hattersheim oder den Stadtteilen Okriftel und Eddersheim Menschen gibt, die Hilfe etwa beim Einkaufen oder anderen Dingen brauchen, können sie uns einfach anrufen“, erklärt Rabia Malik, „die Hattersheimer können sich etwa an Sohail Ahmad unter Telefon 0177/6059629 wenden, die Leute aus Okriftel und Eddersheim an Mohammad Laiq Shafig unter Telefon 0176/72138761.“ Flyer zu der Aktion liegen etwa im Hattersheimer Stadtteilbüro aus.

Vortrag über das Leben des Propheten Muhammad

In normalen Zeiten lud die Ahmadyya-Gemeinde ihre Hattersheimer Mitbürger mehrmals im Jahr zum Dialog und zum persönlichen Kennenlernen ein – es gab Tage der Offenen Moschee, es wurden Bäume in der Stadt gepflanzt und immer fand auch ein Neujahrsempfang statt, bei dem alle Hattersheimer Bürgerinnen und Bürger auch zum gemeinsamen Essen und zum Gespräch eingeladen waren.

Weil diese Art der Begegnung in diesem Jahr nicht möglich ist, hatte die Gemeinde zu einem Online- Vortrag per Internet-Konferenz eingeladen.

Mehr als 50 Teilnehmer, darunter auch Bürgermeister Klaus Schindling, Erster Stadtrat Karl Heinz Spengler sowie die ehrenamtliche Integrationsbeauftragte der Stadt, Helena Neumann-Dreyling, hatten sich eingewählt, um den Vortrag des neuen Ahmadyya-Imams Mustansar Amad über den Propheten Muhammad zu hören. Dabei betonte der Imam ganz besonders, welche Bedeutung der Prophet als Vorbild für das friedliche Zusammenleben aller Menschen hat. Auch der Begriff „Dschihad“ werde von den Muslimen selbst falsch interpretiert. „Muhammad sagt, der wahre Dschihad ist der Kampf gegen das eigene Ego“, korrigierte er die Auffassung derer, die meinen „für den Propheten in den 'heiligen Krieg' ziehen zu müssen. „Mohammad selbst wurde verspottet, verfolgt, vertrieben und hat dennoch erst, nachdem er und seine Gefolgsleute mit Waffen angegriffen wurden, erlaubt das Schwert zur Verteidigung zu erheben“, berichtete Mustansar Amad, „vorher ist er lieber ausgewandert als Krieg zu führen. Selbst als er den Verteidigungskampf erlaubte, durfte er sich nicht gegen Frauen, Alte, Kinder oder etwa Gebetsstätten anderer Religionen richten. Sobald der Gegner bereit war Frieden zu schließen, mussten die Waffen wieder niedergelegt werden.“ Nach Ansicht des Imams wird der Begriff „Heiliger Krieg“ auf der ganzen Welt missinterpretiert und missbraucht um eigene politische Ziele durchzusetzen. „Muhammad aber wurde als Barmherzigkeit von Allah zu uns gesandt“, ist sich der Imam sicher, „seine Wohltaten beschränkten sich nicht nur auf Muslime, sondern auf Menschen aller Religionen.“ Die „sogenannten Muslime“, welche über ihre Religion so wenig wüssten, dass sie die Welt mit ihrem Hass verfolgten, sollten nach Meinung das Imams mehr über Muhammad lernen. Zum Ende seiner Ausführungen beantwortete Mustansar Awan gerne noch Fragen zum Thema.

Nach dem aufschlussreichen Vortrag über das Leben des Propheten nahm Karl Heinz Spengler die Gelegenheit wahr, den neuen Vorsitzenden der Hattersheimer Ahmadyya-Muslim-Gemeinde, Absar-ul-Haq Malik, zu begrüßen.

Geschlossen wurde die Video-Konferenz in der allgemeinen Hoffnung darauf, dass man sich in nicht allzu ferner Zukunft wieder persönlich treffen und besser kennenlernen kann.

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