Schutz vor Hochwasser und Starkregen in Hattersheim

Bürgermeister Schindling erläutert den aktuellen Stand / Starkregengefahrenkarten zeigen Prognosen auf

Überschwemmungsgebiete in Hattersheim bei einem Starkregenereignis, wie es theoretisch alle 100 Jahre auftreten kann. Mehrere Starkregengefahrenkarten wie diese sind neuerdings auf der städtischen Homepage abrufbar.

Ausgelöst durch die verheerende Flutkatastrophe in diesem Sommer, unter der insbesondere Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zu leiden hatten, reichten die Hattersheimer Fraktionen zuletzt vermehrt Anträge und Anfragen zum Thema Starkregen ein. Bürgermeister Klaus Schindling zollte in der vergangenen Woche im Ausschuss Umwelt, Bauen und Verkehr diesem akut gestiegenen Interesse Tribut und stellte den Ausschussmitgliedern umfangreiche Informationen zu diesem Themenkomplex in Bezug auf Hattersheim vor, nachdem mittlerweile diverse erarbeitete Ergebnisse vorliegen.

Gerade nach der diesjährgen Flutkatastrophe stellen sich viele Bürgerinnen und Bürger Fragen zu den Themen Starkregen und Hochwasser: Was kann das für Hattersheim bedeuten? Wie ist man hier gewappnet? Kann das auch hier passieren?

Zunächst stellte Bürgermeister Schindling fest, dass man zwischen zwei Arten von Hochwasserschutz unterscheiden müsse: Auf der einen Seite wären da Hochwasserereignisse, die durch Main und Schwarzbach entstehen können, auf der anderen die sogenannten Starkregenereignisse.

Der Hochwasserschutz in Bezug auf Schwarzbach und Main hat eine lange Geschichte. Schon beim Magdalenenhochwasser 1342 wurde in Frankfurt ein Pegelstand von etwa 7,85 Metern gemessen. Dieser Wert liegt zwei Meter über dem Pegelstand, den man in Hattersheim bei einem errechneten Jahrhunderthochwasser hätte. Mit dieser Feststellung wollte Schindling ausdrücklich nicht die Auswirkungen des heutigen Klimawandels kleinreden oder verharmlosen. Man wisse - "alle wissen" - dass man in dieser Sache laufend etwas tun müsse, stellte der Bürgermeister fest. Vielmehr sollte dieser Ausflug in die Historie zusätzlich die Notwendigkeit untermauern, dass man sich mit diesem zweifellos nicht nur hypothetischen Thema beschäftigen muss.

Würde man nun sagen, dass man mögliche Hochwasserfolgen im Stadtgebiet absolut minimieren will, müsste man - wenn man die hiesigen Bodenarten mit ihren unterschiedlichen Versickerungsgeschwindigkeiten berücksichtigt - nahezu alle versiegelten Flächen entsiegeln, um das Wasser aus einem starken Hochwasserereignis versickern lassen zu können. Dies ist kein realistisches Szenario - also müssen andere Mittel und Wege zu einem effektiven Schutz führen.

Schindling führte auch den lokalen Vorteil an, dass Hattersheim - anders als die am meisten gebeutelten Gebiete in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz - in einem relativ flachen Land liege und das Wasser sich somit nicht punktuell stauen, sondern sich eher in die Breite verteilen würde.

Zuständigkeit des Abwasserverbands

Zudem sei für Hochwasser insbesondere auch der Abwasserverband zuständig, so Schindling. "Das macht ja auch Sinn, weil der Abwasserverband beispielsweise Schwarzbach, Sulzbach und Liederbach über die gesamte Länge betreut, und nicht nur über den Streckenabschnitt einer Kommune", gab der Bürgermeister zu Bedenken. Und zur effektiven Hochwasserbekämpfung sei nun mal auch die Erstellung eines gesamtheitlicher Planes notwendig.

Dies ist auch geschehen: Es wurden entsprechende Untersuchungen seitens des Abwasserverbandes durchgeführt. Im Jahr 2005 wurde ein umfassendes Hochwasserschutzkonzept für die besagten drei Bäche erstellt, gerade auch in Hinblick auf sogenannte hundertjährige Hochwasser. Es wurden daraufhin diverse zentrale und dezentrale Maßnahmen getroffen und umgesetzt.

Im Jahre 2013 hat das Land Hessen dann festgestellt, dass die bestehenden Hochwasserkonzepte vor dem Hintergrund des Klimawandels nicht ausreichend sind. Deshalb hat das Land einen Hochwasserrisikomanagementplan erstellen lassen. Dieser Plan hat ergeben, dass eine dezentrale Lösung alleine nicht genügt, sondern lokal begleitet werden muss.

Daraufhin habe man Schindling zufolge im Vorstand des Abwasserverbandes beschlossen, ein Ingenieurbüro mit einer Studie zur "Identifikation, Wirksamkeitsabschätzung und Effektivität potenzieller zentraler Rückhaltungen im Verbandsgebiet" zu beauftragen. Das Ergebnis dieser Studie soll Anfang nächsten Jahres vorliegen.

Zwar liegt die primäre Verantwortung bezüglich des Hochwassers aus Bächen und Flüssen beim Abwasserverband, aber dennoch wurden auch seitens der Stadt diverse Schutzvorkehrungen getroffen. Schindling verwies hierbei auf das neue Referat "Brand- und Bevölkerungsschutz, Arbeitsschutz" in der Stadtverwaltung. So habe man zum Beispiel im Feuerwehrhaus Okriftel immer 500 gefüllte Sandsäcke für sofortige Maßnahmen zur Hochwasserbekämpfung vorrätig, zudem 15.000 weitere ungefüllte Säcke. Zum Befüllen der Säcke verfügt man über eine entsprechende Anlage, in der diese Arbeit schnell und automatisiert erfolgen kann. Dies soll gewährleisten, dass man binnen weniger Stunden mehrere tausend Säcke zur Abdichtung besonders gefährdeter Stellen zum Einsatz bringen kann.

Im Vergleich zu einem Starkregenereignis kündigt sich eine Hochwasserlage früher an, diese sei meistens meteorologisch vorhersehbar, stellte Schindling fest. Entsprechende Verdachtsmomente können frühzeitig identifiziert werden, entsprechend früh könne man mit präventiven Maßnahmen beginnen.

Stichwort Starkregen: Abhängig von dessen Dauer und Intensität kann ein solches Ereignis auch Hattersheim mehr oder weniger heftig beuteln. Was man hier jedoch definitiv nicht haben werde, sind regelrechte Schlammfluten, so der Bürgermeister. Überschwemmte Keller und Erdgeschosse hingegen sind denkbar. Zur Verhinderung solcher Folgen können und sollen Eigentümer darauf achten, Rückschlagventile zu installieren, damit das Wasser nicht durch die Toilette ins Haus gelangen kann. Auch der Einbau ausreichend dichter Fenster kann entscheidend helfen, ebenso wie die Versiegelung von Türen im Keller.

Die Kanalisation bei Starkregen

Ein besonderes Thema, das auch die Stadtwerke betrifft, ist die Kanalisation. Man hat sich die Frage gestellt, ob eine drastische Vergrößerung der vorhandenen Kanalrohre deren Kapazität so weit erhöhen kann, dass bei Starkregenereignissen Wasser von dort erst deutlich später auf die Straße gelangt. Jedoch hat man festgestellt, dass die Größe dieser Rohre bewusst so gewählt ist: Das Wasser wird von dort in den Main geleitet, und würde man die Kapazität der Rohre nicht beschränken, würde man Gefahr laufen, zusätzlich zum Starkregen auch noch eine Hochwasserlage herbeizuführen. Die Bestimmungen über den dortigen Einleitepegel dürfen deshalb nicht überschritten werden. Ergo: Die Dimensionen des hiesigen Abwassersystems sind nicht für die Minimierung der unmittelbaren Folgen von Starkregenereignissen geeignet.

Bürgermeister Schindling verwies schließlich noch auf die sogenannten Starkregengefahrenkarten hin. Diese gibt es in drei Varianten, die aufzeigen, wie der maximale Wasserstand in allen drei Stadtteilen bei einem Starkregenereignis, wie es alle 30 Jahre, 100 Jahre oder bei einem sehr seltenen Extremregen vorkommen kann, ausfällt. Dieser theoretischen Wahrscheinlichkeitsberechnung liegen zurückliegende Ereignisse aus den Jahren 1950 bis 2010 zugrunde. Die Starkregengefahrenkarten sind auf der städtischen Homepage unter www.hattersheim.de/starkregen einzusehen.

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