Bauvorhaben wirft viele Fragen auf

IG Main Eddersheim bittet Bürgermeister und Ersten Stadtrat um Antwort

Mit einem offenen Brief zum laufenden Bauprojekt auf dem Gelände des Alten Friedhofs in Eddersheim wenden sich Vertreter der IG Main Eddersheim, die das Vorhaben scharf kritisiert, an die Rathausspitze:

„Sehr geehrter Herr Erster Stadtrat Spengler, sehr geehrter Herr Bürgermeister Schindling,

leider konnten Sie unsere Fragen vom 31. Juli 2017 und 2. August 2017 per Email offensichtlich aus Zeitgründen nicht beantworten. Wir baten um Antwort, bevor die Erdaushubarbeiten beginnen. Leider haben die Aushubarbeiten bereits am 15. August 2017 begonnen. Daher hier nochmals eine Zusammenfassung der Fragen, die Sie bitte beantworten möchten:

Gibt es Unterlagen darüber, ob der Friedhof jemals entwidmet wurde? Oder wurde der Friedhof lediglich geschlossen? Gibt es hierüber Unterlagen? Denn nur durch eine Entwidmung geht die Eigenschaft des Friedhofs als Ruhestätte der Toten verloren, Friedhofsordnung § 4 (2). Sämtliche Grabstätten bleiben bis dahin Eigentum der Stadt, Friedhofsordnung § 15 (1). Die Friedhofsordnung unterscheidet nicht, ob es ein städtischer oder kirchlicher Friedhof ist. Egal ob der Friedhof geschlossen oder entwidmet wurde, es müssten eigentlich schriftliche Unterlagen vorliegen, da laut Friedhofs- und Bestattungsgesetz (FBG) des Landes Hessen § 7 (2) Schließung und Entwidmung von Friedhöfen öffentlich bekannt gemacht werden müssen. Das funktioniert in der Regel nur durch Schriftverkehr.

Können Sie uns bitte auch darüber unterrichten, warum laut aktueller Liegenschaftskarte (Stand: 21. August 2017), also über drei Monate nach erteilter Baugenehmigung und trotz Neueintragung des neuen Eigentümers, eine Bebauung weiterhin nur für Gebäude für öffentliche Zwecke zulässig ist? Die Planung sieht den Neubau von sechs Reihenhäusern zu Wohnzwecken vor.

Was hat es damit auf sich, dass die beiden Flurstücke der Bahnhofstraße 1 Ende letzten Jahres von der katholischen Kirche Eddersheim an die katholische Kirche Hattersheim verkauft wurde, anstatt direkt an den Bauträger? Warum war laut Eigentümerverzeichnis (Amt für Bodenmanagement Limburg) bis zum 31. Juli 2017 weiterhin die katholische Kirche Hattersheim Eigentümerin des Grundstücks? Laut Presseberichten sollte das Grundstück bereits viel früher verkauft worden sein.

Was für ein Kaufvertrag wurde laut Bistum Limburg am 14. November 2016 abgeschlossen und mit welchen vertraglichen Auflagen?
Warum wurde für eine Neubebauung des Grundstücks vorab kein Bebauungsplan zur Klärung aller bereits vor einem Jahr absehbaren Schwierigkeiten zur Ausführung des geplanten Bauvorhabens erstellt? Ein Bebauungsplan hätte sämtliche Punkte erfasst und geregelt. Die historische Mauer hätte für das Bauvorhaben ohne weiteres belassen werden können. Der Umgang mit den Toten wäre ganz klar definiert gewesen. Auflagen in einem Kaufvertrag sind hier scheinbar nicht ausreichend.

Bitte legen Sie uns die Kostenschätzung über 3 Millionen Euro zur Sanierung des Kindergartens vor. Warum wurde das Projekt nicht konkretisiert, sodass die Fördermittel von 1,95 Millionen Euro in dieses Projekt hätten fließen können? Stattdessen hat man hierzu die Frist der Fördermittel zum 31. Dezember 2016 verstreichen lassen und eine Umwidmung der Gelder in die Stadthalle beschlossen.

Warum ist die katholische Kirche nicht bereit, auch wenn sie nicht mehr Eigentümerin des Grundstücks ist, sich der Sache der Ausgrabungen und der Toten anzunehmen? Bis heute gab es keine Stellungnahme der katholischen Kirche zum aktuellen Geschehen. Zum pietätvollen Umgang der Toten hätte sich die katholische Kirche mit einbringen können.

Warum gab es in Ihrer schriftlichen Stellungnahme an die Bauaufsichtsbehörde zum geplanten Bauvorhaben keine Bedenken? Die Planung der Neubebauung entspricht grundsätzlich nicht BauGB § 34. Die Bauweise fügt sich nicht der Umgebung an (BauGB § 34, (1)). Das Ortsbild wird beeinträchtigt (BauGB § 34, (1)). Die Planung ist städtebaulich nicht vertretbar (BauGB § 34, (3a, 2)). Die Würdigung nachbarlicher Interessen wird nicht eingehalten (BauGB § 34, (3a, 3)). Warum wurden die Nachbarn nicht gefragt?

Nach dem Abbruch des Kindergartens und dem Beginn des Erdaushubs war klar, in welchen Dimensionen und mit welchem Aufwand die Toten geborgen werden müssen. Warum gab es nicht den Gedanken, die Kellerplanung des Bauvorhabens zu ändern und die Toten dort zu belassen, so wie es üblich ist, auch nach einem „Abräumen“ der Gräber? Beim Abräumen werden normalerweise die Gebeine im Erdreich belassen und nicht anderorts wiederbestattet. Auf eine Unterkellerung der Neubauten hätte man verzichten können. 

Wir denken, die Öffentlichkeit hat ein Recht auf die Antworten dieser ungeklärten Fragen. Vielen Dank.“

Interessengemeinschaft Main Eddersheim
(A. Biebach-Chacón, C. Dörr, U. Höhne, U. Maginot, J. Petschick, R. Respondek, R. Schneider, R. Steinbrech)

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