Wann wird wieder gepicknickt?

Das eigentlich für den 30. Juni geplante Sommerfest/Picknick im Kastengrund, das Flüchtlinge und Einheimische einander näherbringen sollte, war in einer Pressemitteilung der Stadt Hattersheim am Main „aus organisatorischen Gründen“ abgesagt worden. Nichtsdestotrotz fand – wenngleich gewissermaßen unter Ausschluss der Öffentlichkeit – an jenem letzten Junitag ein Picknick im Kastengrund statt, bei dem Flüchtlinge und ehrenamtliche Helfer allerdings weitgehend unter sich blieben. Sechs Mitglieder der Flüchtlingshilfe Hattersheim berichten nun über das Kastengrund-Picknick; zugleich kritisieren sie, dass es nicht in der erwarteten Form stattfinden konnte.

Das kleine Sommerfest am Freitag, 30. Juni, wurde zu einem gelungenen Nachmittag und Abend für die Bewohner des Kastengrunds, ein paar Flüchtlingen aus anderen Unterkünften und den Ehrenamtlichen. Es wurde viel gelacht, die Slackline ausprobiert und über die Ehe für Alle diskutiert.

Ein Mann aus Eritrea sang für alle traditionelle Lieder, untermalt mit einer selbst gebauten Krak, einem Saiteninstrument aus seiner Heimat. Bespielt wurde es mit einem Kabelbinder – auch mit einfachen Mitteln lassen sich gute Ergebnisse erzielen. Sein Auftritt endete mit einem Reggae-Song, der zu Frieden in den einzelnen Herkunftsländern der Flüchtlinge aufrief. Die begeisterten Zuhörer stimmten ein und klatschen mit. Danach gab es eine Tanzvorstellung eines pakistanischen Tänzers und ein kleines Mädchen übte sich in der Luftgitarre. Ein Mann aus Afghanistan, der erst vor zwei Tagen in den Kastengrund gezogen war, freute sich sehr, als die Ehrenamtlichen ihn zu dem Fest einluden. Er wollte gleich über alle Möglichkeiten zum Deutschlernen und über Anlaufpunkte in der Stadt informiert werden.

Es gibt verschiedene Anlaufstellen in der Stadt. In der Unterkirche der Evangelischen Kirche Hattersheim bietet Frau Lentz vom Dekanat Kronberg eine Fachberatung für Flüchtlinge (mittwochs 10 bis 13 Uhr, donnerstags 13 bis 15 Uhr und 17 Uhr bis 18.30 Uhr), das Bewerbercafé (mittwochs 10 bis 13 Uhr) und das Café Asyl zum Deutschlernen und Austauschen (donnerstags 15 bis 17.30 Uhr) an. Zudem bieten die Ehrenamtlichen Unterstützung beim Deutschlernen und Hilfe beim Papierkram an. Wer Unterstützung braucht, kann ins Jugendzentrum Hattersheim (montags 16 bis 18 Uhr), ins Gemeindehaus der katholische Kirche in Okriftel (mittwochs 16 bis 17.30 Uhr), in den Kastengrund (donnerstags 15 bis 18 Uhr) oder in die Stadtbücherei (samstags von 11 bis 13 Uhr) kommen. Auch Interessierte können gerne montags vorbeischauen und sich informieren.

Mit jedem Bus, der einmal pro Stunde zum Kastengrund fährt, kamen mehr Menschen zum Sommerfest. Die Flüchtlinge kamen von ihrer Arbeit oder ihren Deutschkursen. Leider haben viele der Flüchtlinge im Kastengrund keinen Anspruch auf Deutschkurse, da sie aus den „falschen“ Herkunftsländern kommen. Viele können sich den Bus, der genauso viel kostet wie alle anderen Busse des MTV, nicht leisten. Somit sind sie aufs Rad angewiesen oder gehen zu Fuß. Die Entfernung zur Stadt ist für viele weiterhin ein Problem. Bewohner aus anderen Gemeinschaftsunterkünften der Stadt äußerten sich, dass sie Angst haben, in Zukunft auch in den Kastengrund verlegt zu werden und dann genauso isoliert wohnen zu müssen.

Um 17 Uhr, zu der ursprünglich geplanten Führung über das Gelände, kamen sechs Gäste, die nicht wussten, dass das Fest abgesagt wurde. Sie stellten viele Fragen und freuten sich, dass sie die Möglichkeit hatten, mehr über die Flüchtlinge zu erfahren. Sie drückten ihr Bedauern über die Absage des Festes aus. Es zeigt, dass entsprechendes Interesse am Austausch vorhanden ist, die Begegnungsmöglichkeiten aber leider fehlen.

Das leckere internationale Buffet, das sich aus Spenden von Flüchtlingen und Ehrenamtlichen zusammensetzte, hätte auch noch für einen Vertreter der Stadt oder des Kreises und weitere 50 Gäste aus Hattersheim gereicht. Den Ehrenamtlichen ist immer noch nicht klar, wieso weder der Kreis noch die Kommune die Haftung für das Fest übernehmen wollten. Seit Beginn der Planung war für den Kreis klar, dass Hattersheimer zu dem Fest eingeladen werden sollten. Nur unter dieser Voraussetzung haben die Ehrenamtlichen die Planung überhaupt begonnen. Die Security, die sowieso auf dem Kastengrundgelände ein Büro hat, hätte lediglich für ein paar Stunden aufgestockt werden müssen und so für die gewünschte Sicherheit sorgen können.Die Chance, neue Ehrenamtliche für die Flüchtlingshilfe zu gewinnen, wurde leider vertan. Da in Kürze doppelt so viele Bewohner im Kastengrund leben werden als zurzeit, wird die Arbeit der Ehrenamtlichen nicht weniger werden. Leider wird die Arbeit erschwert durch bürokratische und für Außenstehende schwer durchschaubare Strukturen. Gerne kommen die Ehrenamtlichen auf das Angebot der Stadt zurück und wären sehr erfreut, wenn die Stadt Hattersheim noch in diesem Jahr ein Internationales Fest zum Kennenlernen und Austausch am Weiher organisieren würde.

Hermine Gärtner, Kerstin Hamann, Andrea Maher, Christel Reinhardt, Clara Schuster und Gabriele Sellmann (Flüchtlingshilfe Hattersheim)

Noch keine Bewertungen vorhanden


X