Das Herz am rechten Fleck

Weilbacher Traditionskerb feierte Jubiläum - Mit dabei: 91er-Jahrgang „Sternegugger“

WEILBACH (drh) – Lange stand der Weilbacher Kerbebaum nicht. Am Sonntagnachmittag, 21. August, riefen die Kerbeborsch selbst die Freiwillige Feuerwehr um Hilfe, da sich der riesige Koloss nach heftigen Windböen durch eine Gewitterzelle gefährlich schräg neigte. „Sicherheit geht vor Symbolkraft“, sagte der Vorsitzende der Kerbeborsch, Hendrik Schmidt, der das Risiko eines fallenden Kerbebaumes nicht eingehen wollte und die Feuerwehr um Hilfe rief. Mit ihrem Teleskopfahrzeug kürzten die Wehrleute den Baum kurz darauf Ast für Ast und Meter für Meter mit der Kettensäge. Kerbepuppe „Olympia“ wurde behutsam abgeseilt. Die Sicherungskeile waren aufgrund der starken Windböen und des mächtigen Stammes im Aufstellloch gebrochen und so neigte sich der Baum mehr und mehr. „Vor vielen Jahren musste schon einmal ein Kerbebaum nachträglich gerichtet werden“, erinnerte sich die Nachbarschaft. 

Ob das 20-jährige Jubiläum oder der weibliche Blick bei der Baumauswahl für den immens großen Kerbebaum der Weilbacher Kerb verantwortlich waren, war nicht eindeutig zu klären. Doch die gut zwei Dutzend Kerbeborsch und Kerbemädchen brauchten schon am Samstagfrüh vier Stunden, um den auserwählten Riesen vom Flörsheimer Wald nach Weilbach zu schaffen. „Der Baum war so unglaublich schwer. Ohne Traktor und die Hilfe aller Traktorfahrer hätten wir den Baum nicht gepackt“, erzählte Frauke Murray, „ein Kürzen im Wald scheiterte an einer fehlenden Säge“.

Der von Wickerer Kerbeborsch angedachte Schabernack, das Baumstell-Loch mit Beton zu verschließen, schoss ins Leere. Denn die Gesellen aus dem Nachbarort füllten schlichtweg den falschen Kanalschacht. „Schon im letzten Jahr scheiterten sie mit ihrem Versuch, den Kanaldeckel des Aufstell-Loches mit einem Zweikomponentenkleber zu verschließen“, erinnerte sich Kerbevadder Alexander Winkler.

In diesem Jahr bildeten fünf Mädchen und fünf junge Herren das aktive Kerbeborsch-Team. Vorsitzender Hendrik Schmidt kommentierte das ausgewogene Geschlechterverhältnis mit: „Die Frauenquote ist bei uns angekommen“. Die 16 bis 21 Jahre alten Mitstreiter schätzen vor allem das gute Miteinander und haben Freude daran, die Kerbetradition zu pflegen. Für Steffen Einweck und Nils Eszenyi war es gar schon die fünfte Aktiven-Amtszeit, während Michelle Bächler, Lena Werner und Liliana Wiesmann zum ersten Mal die lila-gelben Farben trugen.

Beim Einmarsch der Kerbeborsch auf dem Festplatz am Haus am Weilbach wurden die Aktiven von den „Sterneguggern“ unterstützt, die ihr 25-jähriges Kerbeborsch-Jubiläum feierten. „Mit 15 ahnten wir alle nicht, dass uns das Kerbeborsch-Dasein unser ganzes Leben lang prägt. Wir haben Freundschaften geknüpft, die uns all die Jahre schon begleiten“, so die neun „Sternegugger“, die ihre Jubiläumskerb gemeinsam feierten. 1991 gehörten zwölf Burschen zum Jahrgang, die insgesamt sechs große Kerbediscos organisierten. Beim Kerbetanz in der Weilbachhalle zählte der Jahrgang noch mehr als 400 Besucher. „Wie wir zur Bauchtänzerin als Programmeinlage beim Kerbetanz gekommen sind, ist uns heute allerdings ein Rätsel“, so die Ex-Kerbeborsch im Rückblick. Wenige Wochen vor ihrer Kerb war das katholische Gemeindezentrum abgebrannt und so spendeten die Burschen den gesamten Erlös einer Kerbedisco (damals 1100 DM) für den Neuaufbau. „Kerbeborsch haben das Herz am rechten Fleck“, ist sich der Jahrgang bis heute sicher, denn damals wie heute wurde schon der Kerbekaffee-Erlös der Kinderkrebshilfe gespendet. Viele des Jahrgangs engagieren sich bis heute bei den „6091ern“, packen mit an, wo Hilfe gebraucht wird und führen mit Stolz auch ihren eigenen Nachwuchs an die Weilbacher Kerbetradition heran. Zum Jubiläumsjahrgang „Sternegugger“ gehören: Stefan Becker, Andreas Dörhöfer, Tobias Flach, Stefan Flettner, Walter Fuchs, Sascha Kleemann, Tobias Lauck, Matthias Mohr, Ronald Press, Marcus Reif, Patrick Seefelder und Heiko Zeilinger.

Gemeinsam mit den Aktiven (Alexander Winkler, Nadja Wolff, Nils Eszenyi, Steffen Einweck, Jonas Weilbächer, Michelle Bächler, Lena Werner, Liliana Wiesmann, Max Sieber und Amelie Niebergall) stießen die „Sternegugger“ auf eine erfolgreiche Kerb 2016 an, nachdem Bürgermeister Michael Antenbrink das Apfelweinfass angestochen hatte. Lediglich die fehlende musikalische Unterstützung ließ den Kerbetanz-Auftakt etwas geschwächt erscheinen. Die Band „Spit“ sorgte sich aufgrund der dunklen Regenwolken des Nachmittags um ihre Technik und verweigerte ein Spielen unter dem Pavillon auf der parat gestellten Bühne. Die Band baute im überdachten Innenhof auf, sodass es rund um den Kerbebaum am Samstagabend eher ruhig und beschaulich blieb. „Wir machen das Beste draus. Unterhalten ist so besser möglich“, so Vorsitzender Hendrik Schmidt, der das Positive im Außergewöhnlichen sah.

Am Sonntagmorgen setzten die Kerbeborsch ihre Feier am Haus am Weilbach mit einem ökumenischen Gottesdienst fort, bevor die Küchencrew zum Mittagessen des Frühschoppens einlud. Der Kerbekaffee und der bei Kindern beliebte Luftballon-Wettbewerb schloss sich an und viele Familien machten noch einen Ausflug zum kleinen Rummelplatz in der Schulstraße, wo Wurf- und Zuckerbuden, Autoscooter und ein Kinderkarussell lockten.

 

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