In der Altenpflege ist die professionelle Begleitung und Anleitung von Auszubildenden ein zentraler Baustein zur Verbesserung der Lebensqualität von Senioren. Praxisanleiterinnen und -anleiter übernehmen dabei eine Schlüsselrolle. Sie sind Vorbilder, die den Nachwuchskräften fachliche Kompetenzen vermitteln und mit ihnen darüber sprechen, wie wichtig Empathie und Leidenschaft im Pflegeberuf sind. Im Kursana Domizil Kriftel gestaltet Praxisanleiter Steffen Schmidt mit Auszubildenden praxisorientierte Lerneinheiten. Beim jüngsten Schulungstag ging es um die Sensibilisierung für die Bedürfnisse sehbehinderter und blinder Menschen.
Kriftel. Wer ein Handicap selbst erlebt, hat mehr Verständnis für die Behinderung anderer, entwickelt mehr Empathie und kann besser damit umgehen. Die jüngste Schulungseinheit mit Praxisanleiter Steffen Schmidt war für drei Auszubildende im Kursana Domizil am Freizeitpark ein Tag voller Selbsterfahrung. Der Fokus lag auf den Schwierigkeiten, die sehbehinderte oder blinde Menschen in ihrem Alltag haben. Das Nachwuchskräfte-Trio Deeqo Bashir Adan, Amaal Gesey Abdallah und Semira Jemal Ahmed hatte die Möglichkeit, Handicaps zu erleben und zu spüren, wie man damit klarkommt, wenn das Augenlicht schlechter wird.
Über die unterschiedlichen Probleme im Alltag einer Sehbehinderten berichtete Karin Muhr, die im Kursana Domizil zuhause ist, den Auszubildenden und ihrem Praxisanleiter Steffen Schmidt. Soweit die Theorie, nach dem Gespräch und den Erläuterungen ging es in die Praxis. Das Quintett traf sich zum Frühstück, bei dem die drei Auszubildenden spezielle Brillen trugen, die verschiedene Augenerkrankungen bis hin zur völligen Blindheit simulieren.
Die jungen Leute erlebten, wie es anfühlt, sozusagen mit verschlossenen Augen anderen und sich am Tisch eine Tasse Kaffee einzuschenken, ohne Blickkontakt miteinander zu sprechen oder anderen die Butter zu reichen, wenn sie darum bitten. „Wir können in der Ausbildung viel erklären und erläutern, wie eine Situation aus Sicht der Betroffenen aussieht, doch wer es selbst erlebt, hat einen ganz anderen Bezug und versteht besser, wie man mit einer sehbehinderten Person umgehen muss und sie unterstützen kann“, sagt Praxisanleiter Steffen Schmidt.
Gemeinsam mit Karin Muhr und den drei Schülern sprach der Ausbilder darüber, wie man beschreiben kann, wo sich das Essen bei den Mahlzeiten befindet und welche Ordnungsprinzipien im privaten Umfeld für die Platzierung der Möbel oder Aufbewahrung von Gegenständen wichtig sind. Hilfreiche Tipps aus dem Alltag kamen dabei von Karin Muhr, die seit Jahren zum Thema Sehbehinderung in der Öffentlichkeit aktiv ist und von ihren Herausforderungen mit Vorurteilen und Barrieren erzählt. Als „Co-Dozentin“ bereicherte sie die Unterrichtseinheit mit praktischen Beispielen. Durch die authentischen Schilderungen konnten die Nachwuchskräfte besser nachvollziehen, auf welche Hindernisse Sehbehinderte im öffentlichen Raum stoßen. „Wir sind dankbar, dass Frau Muhr sich so stark eingebracht hat. Ich denke, der Praxistag war auch für sie ein besonderes Erlebnis und somit für beide Seiten ein Gewinn“, so Steffen Schmidt.
Karin Muhr, die keine Berührungsängste mit hilfreicher Technik hat, erläuterte dem Kursana-Team, was sie gern nutzt, um ihre Selbstständigkeit zu wahren. Sie beschrieb den Umgang mit den Geräten zur Licht- und Farb-Erkennung, zum Lesen von Etiketten, den Umgang mit dem Smartphone für Blinde und ihrem speziellen Zollstock mit Braille-Schrift.
Zu den persönlichen Erlebnissen der Auszubildenden gehörte auch ein Rundgang durch das Kursana Domizil, vorbei an Sitzgruppen mit Stühlen und Tischen und treppauf, treppab – immer mit der „Simulationsbrille“ auf der Nase, durch die die Welt ganz anders aussieht. „Das persönliche Erleben fördert das Verständnis für die individuellen Bedürfnisse, Wünsche und Schwierigkeiten anderer Menschen mit Handicaps. Das ist vor allem in der Altenpflege und da in der Ausbildung wichtig, denn dadurch können wir uns besser in die Lage anderer hineinversetzen und ihnen auf Augenhöhe begegnen“, betont der Praxisanleiter. Steffen Schmidt bereitet schon die nächste Lerneinheit mit einem praktischen Thema, das die Schülerinnen und Schüler motiviert, vor, „denn bei uns soll die Ausbildung trotz aller damit verbundenen Herausforderungen Spaß machen“.
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