Es war ein großes Fest, das in Kriftel am letzten Sonntag gefeiert wurde. Dabei wurde an den Glauben und die Tatkraft der Menschen erinnert, die vor 70 Jahren voller Stolz ihre „Gustav-Adolf-Kirche“ einweihten. Der Neubau war auf dem ehemaligen Friedhof der Gemeinde Kriftel entstanden. 1970, nach der Renovierung, wurde die Kirche in „Auferstehungskirche“ umbenannt.
Schon lange hatte das Festkomitee der Auferstehungsgemeinde mit zahlreichen Helfern den Jubiläums-Pfingstsonntag geplant. Eröffnet wurde die Feier mit einem Festgottesdienst. Beim Einzug in die Kirche folgten auf Pfarrerin Carmen Schneider neun Kinder des Kindergartens Vogelnest, die ein Kissen mit einem Schlüssel trugen und damit an die feierliche Prozession zur Einweihung am 24. Mai 1953 erinnerten. Viele Mitglieder der Kirchengemeinde, mehr als 120 Menschen wurden gezählt, hatten sich auf den Weg gemacht, um den „70. Geburtstag“ zu feiern. Schön war, dass auch die meisten ehemaligen Pfarrer der Gemeinde anwesend waren: Max Goldbach, Christa und Michael Lohenner und Rasmus Bertram. Aber auch Vertreter der weltlichen Gemeinde, wie Bürgermeister Christian Seitz und der Erste Beigeordnete Franz Jirasek, sowie Mitglieder der Gemeindevertretung, hatten es sich nicht nehmen lassen, dabei zu sein. Auch die Erste Stadträtin aus Hattersheim, Heike Seibert, war zu einem Besuch in die Nachbargemeinde gekommen.
Der Brief des Paulus auf die heutige Zeit bezogen
Die Predigt wurde in Form eines Dialogs zwischen Pfarrerin Carmen Schneider und Thomas Milkowitsch, dem Vorsitzenden des Kirchenvorstands, gehalten. Ziel war es, die Worte, die Paulus an die Gemeinde in Korinth gerichtet hatte, auf die heutige Zeit zu übertragen. Auch damals, 55 nach Christus, gab es viele Umbrüche und Gedankenströme in der Hafenstadt Korinth. „Was macht uns Christen aus?“, fragte Pfarrerin Carmen Schneider. Thomas Milkowitsch antwortete in der Rolle des Paulus: „Es geht um das Verständnis des Kreuztodes Christi, Gottes Geist schenkt Erkennen. Jeder Mensch ist ein geliebtes Kind Gottes und wird nicht von Gott beurteilt.“ Für die heutige Kirche gilt immer noch, dass Christus das Haupt der Gemeinde ist und sein Sinn als Orientierung und Richtschnur gilt. Von daher haben die Worte des Paulus nicht an Aktualität verloren.
Grußworte während des Gottesdienstes
Der Dekan, Martin Fedler-Raupp, freute sich in Kriftel zu sein und bewunderte das Mosaik über dem Altar, seiner Meinung nach die schönste Christusdarstellung im Dekanat. Er erinnerte an die Grundsteinlegung zur evangelischen Kirche 1952 und die Vollendung des Baus nur ein Jahr später. Inzwischen sei die Kirche ein wichtiger Teil des Orts geworden für alle Menschen, vom Kind bis zum Senior. Er dankte den Pfarrern und betonte, wie wichtig es sei, bei der Bildung der neuen Nachbarschaftsräume, zu denen die Landeskirche nachdringlich aufgefordert hat, die Menschen vor Ort nicht zu vergessen.
Enrico Wagner, Pastoralreferent der Katholischen Pfarrei St. Elisabeth Hofheim Kriftel Eppstein, überbrachte die Glückwünsche der katholischen Christen und betonte, dass in Kriftel schon immer ein gutes Miteinander gelebt würde. Er überbrachte als Geschenk keine Weinflasche, wie die rote, längliche Tüte zuerst vermuten ließ, sondern eine sehr schöne Kerze, die noch lange auf die erfolgreiche ökumenische Arbeit in Kriftel hinweisen wird.
Feier auf der Kirchwiese
Nach dem Gottesdienst wurden alle Gäste auf die Kirchwiese gebeten und mit einem Glas Sekt versorgt. Pfarrerin Carmen Schneider und Thomas Milkowitsch sprachen einen Toast auf das Jubiläum aus und eröffneten das Buffet. Süße und salzige Speisen luden zum Zugreifen ein. Bänke unter einem Zelt und Stehtische boten Gelegenheit zum Verweilen und zum Plaudern. Die Menschen freuten sich, sich intensiv miteinander austauschen zu können und alte Bekannte wiederzutreffen. In dieser angenehmen Atmosphäre wurden auch noch einige weitere Grußworte gesprochen.
Bürgermeister Christian Seitz betonte, dass die Kirchengemeinde für ihn ein Stück Familie sei, die den Menschen eine Heimat gebe. Man wächst auf vom Kindergarten zur Konfirmation und trifft sich bis ins hohe Alter immer wieder bei den Gottesdiensten und Gemeindefesten. Er dankte allen, die sich in der Gemeinde engagieren.
Der Küster der Auferstehungsgemeinde, Dr. Udo Heep, erinnerte an Pfarrer Max Goldbach, der einmal den Konfirmanden echte Hufeisen zum Geschenk machte, die Heep selbst habe sandstrahlen lassen, um ihnen ein blankes Aussehen zu verleihen. Die Familie Lohenner habe sich für die Zusammenarbeit mit der Gemeinde Tottleben in Thüringen eingesetzt. Pfarrerin Schneider fiel besonders durch ihre guten, herausfordernden Predigten auf und dadurch, dass sie die Kirchwiese für Gottesdienste benutzte. Pfarrer Bertram brachte der Gemeinde eine Neuerung durch die Sublan-Gottsdienste im Internet.
Theo Fetzer erinnerte an die Organisation eines Kirchentages, bei dem 1100 Menschen für drei Tage in Kriftel untergebracht wurden. Aber er ging auch noch weiter zurück und erzählte davon, als die evangelischen Krifteler und Kriftelerinnen vor dem Bau der eigenen Kirche nach Hofheim zu Gottesdiensten gingen. Damals gab es dort eine Frauengruppe mit 300 Teilnehmerinnen. Er sprach seinen Dank aus an alle Christen, die die Kirche in Kriftel haben wollten und dieses so zielstrebig umgesetzt haben.
Als einer der ältesten Kreise gratulierte der 1983 gegründete Gesprächskreis der Auferstehungsgemeinde mit dem Wunsch, dass alle Gläubigen gemeinsam eine große Begeisterung für Gottes Wort entwickeln.
Neben dem regen Austausch untereinander standen noch eine Kirchenführung und eine Bilderausstellung mit Fotos aus 70 Jahren Gemeindeleben auf dem Programm. Erinnerungen an die Konfirmationen, aber auch an zahlreiche Gottesdienste und Gemeindefeste, wurden wieder wach. So konnte fast jeder Gast sich selbst und liebe alte Bekannte auf den Fotos wiederfinden.
Ausklang des Abends mit der Band Habakuk
Um 18 Uhr hatte die Gemeinde noch einmal eingeladen zu einem ganz besonderen Highlight, einem Auftritt der Band Habakuk. Schon vor fast zehn Jahren hatte Pfarrerin Schneider Eugen Eckert und seine Band nach Kriftel eingeladen. „Gerne“, hatte er ihr geantwortet, „wenn ihr die Bude voll bekommt.“ Die Bude war voll, und wie! Auch viele Menschen, die morgens noch nicht mitgefeiert hatten, gesellten sich abends hinzu. „So geht ein kleiner Traum für mich in Erfüllung“, betonte Carmen Schneider.
Die Band Habakuk entstand 1975, Stadionpfarrer Eugen Eckert war Gründungsmitglied. Momentan besteht sie aus acht Mitgliedern, die alle in Kriftel dabei waren. Die Liedertexte werden von Eugen Eckert geschrieben, seine Quellen sind „die Bibel, die Tageszeitung und das Lebensgefühl“. Die Vertonung der aktuellen Songs wird von Andreas Neuwirth (Keyboards) oder Jan Koslowski (Gitarren) vorgenommen. Bei den Liedern handelt es sich um kirchliche Gesangstücke, die mit mitreißenden Melodien dem Publikum präsentiert werden. Zahlreiche Titel sind inzwischen in die katholischen und evangelischen Gesangbücher eingegangen. So war auch das Lied „Eingeladen zum Fest des Glaubens“ morgens schon im Gottesdienst von der Gemeinde gesungen worden. Den Titel hatte Habakuk zum Motto des Konzertes gemacht und das Lied wurde gleich zu Beginn gespielt. Sofort war Stimmung da, die vielen Menschen sangen und klatschten mit. So ging es weiter bis zur Pause, in der man sich noch einmal zu einem kleinen Umtrunk auf der Kirchwiese versammelte. Auch der zweite Teil des Konzerts verging viel zu schnell. Immerhin konnte das heftig applaudierende Publikum noch drei Zugaben aus den Musikern herauslocken. Es musste sich dann aber zufrieden geben, da die Band erklärte, sie habe am nächsten Tag schon wieder in der Frühe einen Auftritt am Römerberg. So machte man sich beschwingt auf den Heimweg. Der schöne Tag wird sicher noch lange nachklingen.
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