In der Ausschussrunde in der vergangenen Woche sowie in der gestrigen Sitzung der Gemeindevertretung (nach Redaktionsschluss für diese Ausgabe der Krifteler Nachrichten) wurde unter anderem der Plan der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft Kriftel mbH (Gewobau) behandelt, der Rhein-Main Wohnen GmbH (ein Unternehmen der Vonovia SE) das Apartmenthaus mit 105 Einheiten und einer Hausmeisterwohnung in der Krifteler Paul-Duden-Straße 29 für 3.590.000 Euro zuzüglich aller Erwerbsnebenkosten (etwa acht Prozent Grunderwerbsteuer und Notar/Grundbuch) abzukaufen. Der Gesamterwerbspreis liegt somit bei voraussichtlich 3.877.200 Euro.
Das Gebäude aus dem Jahr 1961 mit etwa 1.885 Quadratmetern Wohnfläche und 23 Stellplätzen auf circa 2.335 Quadratmetern Grund wurde einst als Wohnhaus für Auszubildende der Hoechst AG genutzt und dient heute als Männerwohnheim. Der Gebäudezustand könne, trotz eines gewissen Sanierungsbedarfs, als gepflegt beschrieben werden, heißt es in den Antragserläuterungen.
"Die Erwägungen der Gewobau basieren auf der wirtschaftlichen Bewertung des Erwerbs und sind eng mit der Frage der künftigen Entwicklung dieser Spezial-Liegenschaft verknüpft. Das ursprünglich als Männerwohnheim konzipierte Apartmenthaus muss mit Bedacht und einem hohen Maß an Verantwortung in die Zukunft geführt werden", heißt es in den Erläuterungen weiter.
Hintergrund dieser Kaufabsicht sind vor allem Überlegungen zum Nicht-Erwerb der Liegenschaft. So bestehe die Gefahr, dass das Objekt in „nicht verantwortungsvolle“ Eigentümerhände gelangen und eine "unachtsame Klientelauswahl" und fehlende Mieterbetreuung zum sozialen „Kippen“ dieser Landmarkimmobilie führen könnte.
Die potenzielle negative Strahlkraft eines derart großen und neuerdings problematischen Objekts ins umliegende Wohnquartier wäre vorprogrammiert und ließe sich nur allzu leicht ausmalen.
Als Chancen des Erwerbs für die Gewobau sieht man den Zugewinn von 1.885 Quadratmetern Wohnfläche zur freien Verwendung durch die Gemeinde. Auch zukünftige und gegebenenfalls auch nicht geplante Flächenbedarfe könnten mit dem Apartmenthaus in der Paul-Duden-Straße gut befriedigt werden.
Zusätzlich obliege die "Chance der Quartiersprägung und der Raum für immobile Zukunftsprojekte an diesem Standort" dann der Gewobau als künftiger Eigentümerin.
Eine mögliche Umwandlung in großflächigere Raumkonzepte und -angebote zu erschwinglichen Mietpreisen auch für mehrköpfige Familien und Lebenspartnerschaften sei ebenfalls denkbar.
Aufsichtsrat und Gesellschafter haben zugestimmt
Der Aufsichtsrat der Gewobau hat in seiner Sitzung am 11. Februar dem Erwerb der Liegenschaft zugestimmt, ebenso die Gesellschafterversammlung in deren Sitzung am 11. März. Beide Gremien haben die Geschäftsführung der Gewobau beauftragt, für das Kreditgeschäft die Übernahme einer Ausfallbürgschaft durch die Gemeinde Kriftel einzuholen.
Da es sich bei der Gewobau um eine kommunale Gesellschaft sowie den landesrechtlichen Vorschriften nach um eine privilegierte Gesellschaft handelt, die durch einen öffentlichen Betrauungsakt mit der Versorgung der örtlichen Bevölkerung mit angemessenem Wohnraum zu sozial verträglichen Preisen beauftragt ist, sei für die Absicherung des Darlehens eine gemeindliche Bürgschaft hinreichend.
Kauf könnte noch in diesem Jahr über die Bühne gehen
Die Finanzierung des Kaufpreises inklusive aller Erwerbsnebenkosten in Höhe von voraussichtlich 3.877.200 Euro soll über ein Darlehen zu einem Zinssatz in Höhe von 2,9 Prozent und 2,0 Prozent Tilgung dargestellt werden.
Angesichts der engen Bindung der Gewobau an die Gemeinde, der Besetzung der Kontrollorgane durch Mitglieder des Gemeindevorstandes und der Gemeindevertretung (Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat) sowie des von der Gemeindevertretung beschlossenen Betrauungsakts sei umfassend geregelt, dass die Geschäftsgrundlage von den gemeindlichen Organen bestimmt wird. Deshalb habe die gemeindliche Bürgschaftsurkunde nur formalen Charakter, da die materiellen Beziehungen zwischen der Gemeinde und der Gewobau durch den Gesellschaftsvertrag und den öffentlichen Betrauungsakt verbindlich geregelt wurden, heißt es in den Antragserläuterungen.
Bezogen auf den weiteren Ablauf könnte die Beurkundung des Kaufvertrages nach Erhalt des Negativattestes von der kommunalen Aufsichtsbehörde beim Main-Taunus-Kreis erfolgen. Die Kaufpreisfälligkeit und der Objektübergang auf die Gewobau könnten dann voraussichtlich gleichzeitig im vierten Quartal des laufenden Jahres erfolgen
Darüber, ob die Gemeinde im Rahmen der Erfüllung Ihrer Aufgaben und zur Absicherung des Bankdarlehens für den Erwerb der Paul-Duden-Straße 29 die Ausfallbürgschaft gemäß § 104 Hessische Gemeindeordnung (HGO) bis zu einer Summe in Höhe von 3.877.200 Euro übernimmt, vorbehaltlich der Genehmigung der Aufsichtsbehörde und ohne zeitliche Beschränkung, wurde in der gestrigen Sitzung der Gemeindevertretung abgestimmt. In der kommenden Ausgabe werden wird hierüber berichten. Von einem positiven Votum ist fest auszugehen, nachdem bereits alle Fraktionen zuvor im Planungsausschuss und im Haupt- und Finanzausschuss für den Antrag gestimmt hatten.
Vorarbeit erfolgte bereits im Februar
Bereits in der Sitzung der Gemeindevertretung am 13. Februar 2025 wurde eine neue Satzung für ein besonderes Vorkaufsrecht für Grundstücke in der Paul-Duden-Straße und im Robert-Schuman-Ring einstimmig verabschiedet. Der Gemeindevorstand hatte diese der Gemeindevertretung zur Abstimmung vorgelegt.
Mit dieser Maßnahme wollte man den Weg dafür ebnen, dass es "zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung des Gebiets im nördlichen Bereich der Paul-Duden-Straße zwischen Damaschkestraße und Leicherstraße sowie des südlichen Bereichs des Robert-Schuman-Rings bis zur Sittigstraße" notwendig sei, eine Satzung über ein besonderes Vorkaufsrecht gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Baugesetzbuch (BauGB) zu erlassen.
Gemäß der damaligen Antragsbegründung verfolgt die Gemeinde Kriftel das Ziel, den besagten Bereich "städtebaulich zu bewahren und die soziale Struktur des Gebiets aufrechtzuerhalten". Die besagten Grundstücke liegen allesamt in zentraler Lage im Ortskern der Gemeinde, das gesamte Areal besitze zudem ein "hohes Nachverdichtungspotenzial".
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