Leserbrief Den Klimawandel auf dem Teller stoppen

Am Freitag, 24. September ist globaler Klimastreik. Hunderttausende Menschen werden für den Erhalt unserer Ökosysteme und das Aufhalten des Klimawandels auf die Straße gehen. Sie fordern ein rasches Handeln der Politik. Mit dabei: Ich. Ich setze mich dafür ein, dass wir darüber nachdenken, welchen Einfluss alltägliche Dinge auf das Klima haben – wie zum Beispiel unser Essen.

Dass es eine Klimaerwärmung gibt, darüber ist sich die Wissenschaft längst einig. Ebenso besteht Konsens darüber, dass der Mensch der Hauptverursacher des Klimawandels ist. Ich bin selbst vom Fach, habe Meteorologie in Berlin studiert und früher in der Forschung und Entwicklung beim Deutschen Wetterdienst gearbeitet. Die Auswirkungen sind nicht mehr zu übersehen. Ich habe die Elbeflut 2002 hautnah miterlebt, doch die Katastrophen werden immer schlimmer. Die jüngste Flut haben wir alle noch in guter Erinnerung. Dazu kommen immer häufigere und verheerendere Dürren und Brände in aller Welt. Die Gletscher schmelzen und lassen den Meeresspiegel immer weiter ansteigen. Die Existenzgrundlage von Millionen, wenn nicht sogar Milliarden von Menschen ist in den nächsten Jahrzehnten bedroht.

Es gibt viele Möglichkeiten, unseren persönlichen Einfluss auf das Klima zu verringern. Meine Karriere als Meteorologe habe ich an den Nagel gehängt, seither widme ich mich einem häufig stark unterschätzten Bereich: unserer Ernährung. Das, was wir auf unsere Teller legen, macht mindestens 26 Prozent des menschengemachten Klimawandels aus. Und das ist konservativ gerechnet. Wenn die Abholzung der tropischen Regenwälder mit einberechnet wird, kommen weitere 9 Prozent hinzu.

In der Tat fallen im Amazonas die Wälder weniger für Mahagoni, sondern vielmehr für Rinderweiden. 80 Prozent des Regenwaldes werden dafür gefällt. Nicht selten werden einige Jahre später diese Flächen in Sojaplantagen umgewandelt. Aus dem Soja wird dann aber nicht Tofu hergestellt. Stattdessen landet die proteinreiche Bohne zum allergrößten Teil in den Futtertrögen der Massentierhaltung. Auch hierzulande wird das Gen-Soja aus Lateinamerika im großen Stil verfüttert. Nur 3 Prozent des in Europa verfütterten Sojas wird auch in Europa angebaut, 97 Prozent werden importiert. Das sind 30 Millionen Tonnen. Der Großteil sind Sorten, die in Europa nicht für den Anbau zugelassen sind.

Für unsere Ernährung bedeutet dies, dass wir einen wichtigen Einflussfaktor buchstäblich vor uns liegen haben – und zwar dreimal täglich! Jedes Mal, wenn wir Tierprodukte auf unseren Teller legen, sorgen wir dafür, dass der Klimawandel verstärkt wird. Wurst, Fleisch, Käse, Milch oder Eier benötigen in der Produktion deutlich mehr Wasser, CO2 und Landfläche als pflanzliche Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Getreide oder pflanzliche Proteinquellen. Wer mehr Obst und Gemüse anstelle tierischer Produkte einkauft, verringert damit seinen Einfluss auf das Klima und schützt den Regenwald.

Die Effekte sind weitreichend. Bei einer Ernährungsweise ohne Tierprodukte verringert sich der Einfluss der Ernährung auf das Klima um 49 Prozent, 76 Prozent der weltweiten landwirtschaftlich genutzten Fläche werden frei und 19 Prozent des gesamten verbrauchten Frischwassers werden gespart. Was sich für den Planeten als gesund herausstellt, ist dies auch für den Menschen. Eine vollwertig pflanzliche Ernährung senkt nachweislich das Risiko für zahlreiche Zivilisationskrankheiten wie Diabetes Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und manche Krebsarten.

Ich gehe am Freitag für die Gesundheit des Planeten auf die Straße.

Thomas Rohlfing, Kriftel

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