„Als ich bei meinem Amtsantritt im Sommer 2011 das Gutachten zum Fußgängersteg erstmals sah, dachte ich auch, dass so etwas einfach nicht wahr sein kann“, schildert Steinbach ihren ersten Eindruck. „Da bekommt die Gemeinde 1994 durch ein Bundesgesetz ein Geschenk, das sie nicht ablehnen kann und soll alleine alle Folgekosten tragen.“ Ihre Kritik richtet sich vor allem deshalb „nach oben“, weil die Städte und Gemeinden immer wieder aus Wiesbaden und Berlin aufgefordert werden zu sparen – es ihnen aber mit solchen Gesetzen unmöglich gemacht wird.
Nun spricht das Gutachten der Bahn, das vom Fachbeauftragten für Brücken und konstruktiven Ingenieurbau erstellt wurde, eine eindeutige Sprache und setzt der Gemeinde Bischofsheim enge Fristen. Um überhaupt den Steg weiter in Betrieb halten zu können, mussten schnell Sicherheitsreparaturen ausgeführt werden, aber am Ende des Jahres 2013 soll endgültig damit Schluss sein den Steg nutzen zu können – dann muss er verschwinden.
Ulrike Steinbach verkennt nicht die schwierige Versicherungssituation, schließlich fahren täglich nicht nur S-Bahnen und Güterzüge durch Bischofsheim, sondern auch ICEs. Auch deshalb macht die Deutsche Bahn Druck. „Aber noch sind es 19 Monate – und noch steht unser Steg“, zeigt sich Steinbach kämpferisch. So lässt sie zurzeit die Angaben in dem Bahngutachten überprüfen. Sowohl die Abrisskosten mit 750.000 Euro, als auch die geschätzten Neubaukosten in Höhe von drei Millionen Euro erscheinen ihr zu hoch. Ebenso will sie von einem Zweitgutachter wissen, ob die baulichen Schäden wirklich als irreparabel eingestuft werden müssen, oder ob es zum Abriss noch eine Alternative geben kann.
Parallel dazu will Steinbach die Zeit aber nutzen, um Alternativen und Finanzierungsmöglichkeiten auszuloten. Dabei geht ihr Blick zuerst einmal nach Frankfurt. „Da sollen wir den maroden Steg der Bahn abreißen oder sanieren, und dann will man dort von uns noch sechsstellige Summen für Streckensperrungen“, schüttelt sie verständnislos den Kopf, dass die Gemeinde auch noch für das „vergiftete Geschenk“ der Bahn an diese zahlen soll. Auch sieht sie die örtlichen Bundestags- und Landtagsabgeordneten in der Verantwortung. Sie werden von ihr in den nächsten Tagen ein diesbezügliches Schreiben erhalten.
Damit soll aber nicht Schluss sein – wenn über Nutzungen nach 2013 nachgedacht wird, „dann müssen wir überlegen, ob wir historisch gerecht sanieren“ oder „funktional neu bauen“, so Steinbach mit Blick auf Nutzer mit Kinderwägen, Rollatoren und Fahrrädern.
Für Ulrike Steinbach sind die kommenden Wochen von entscheidender Bedeutung, und sie freut sich, dass sie viele engagierte Menschen – nicht nur aus der Böckler-Siedlung – an ihrer Seite weiß. Sie hofft, dass bis zum Sommer alle Fakten auf dem Tisch liegen und politisch eine Entscheidung im Interesse der Menschen getroffen werden kann. Sie weiß aber auch, dass sich ohne finanzielles Engagement der Gemeinde überhaupt nichts machen lässt. Und so hat sie in einem ersten Sondierungsgespräch der Kommunal- und Finanzaufsicht die Fakten geschildert.
Neben dem Steg belastet ein zweites Thema die Menschen zwischen Rüsselsheimer Straße und Pappelallee: die Schließung des Schlecker-Marktes. Heftige Kritik übte die sozialdemokratische Bürgermeisterin daran, dass an der Starrköpfigkeit der FDP die Bildung einer Auffanggesellschaft gescheitert ist –„da geht es nicht um Schlecker, sondern um die Menschen, die dort arbeiten“, erzürnt sich Steinbach über die Wirtschaftsminister aus Bayern, Sachsen und Niedersachsen.
Für die Böckler-Siedlung hilft das aber nicht weiter. Alle Bemühungen, dort eine Einkaufsmöglichkeit – neben dem Bäcker und der Schneiderei – anzusiedeln, scheiterten an der zu kleinen Verkaufsfläche, und auch jetzt gibt es dafür keine Interessenten. So schnell möchte Steinbach aber nicht aufgeben, „schließlich wohnen dort 2500 Menschen, und für die rechnet sich auch ein Einkaufsmarkt“. Auch hat Ulrike Steinbach ersten Kontakt zu Planern und Investoren aufgenommen um mögliche Chancen auszuloten. „Vielleicht schaffen wir es ja bis zum Sommer auch hier einen Schritt weiter zu sein“, gibt sie sich zumindest vorsichtig optimistisch.
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