Debatte über Bürgerhausneubau voll entbrannt

Heftige Diskussion um konkurrierende Pläne für die Neugestaltung des Areals im Ausschuss – Sitzung vertagt

 

Bleibt es oder muss es weichen? Mit dem Bürgerhaus muss etwas geschehen, so viel steht angesichts der enormen Mängel besonders im Bereich Brandschutz fest. Die politischen Mehrheitsverhältnisse in der Gemeindevertretung deuten zwar eher auf einen Beschluss zum Neubau denn auf Sanierung hin, doch bei der Gesamtkonzeption für die Neubebauung des Bereichs Attich/Schulstraße vertreten SPD und GALB unterschiedliche Positionen.?(gus/Foto: Steinacker)

 

 

BISCHOFSHEIM (gus) – Jetzt war der Zeitpunkt einfach reif für Tacheles. Die unterschiedlichen Ideen und Vorschläge für die zukünftige Gestaltung des Bürgerhausareals inklusive Kita prallten bei der Sitzung des Bauausschusses am Dienstagabend heftig aufeinander. Über die vorliegenden Anträge von SPD und GALB konnten auch nach über vier Stunden Debatte keine Einigkeit erzielt werden. Daher musste die Sitzung um kurz vor Mitternacht abgebrochen werden, die Fortsetzung wurde umgehend auf Montagabend (19.30 Uhr) terminiert.
Aufschieben von Entscheidungen – darin sind die Bischofsheimer Gremien bestens geübt. Doch diesmal war es nur allzu verständlich, dass es zu keinem Beschluss kam. Erstens geht es um das Thema, das finanziell wie städtebaulich die Zukunft Bischofsheims stärker prägen wird als alles andere. Und zum anderen war keine Mehrheit für die beiden vorliegenden, in vielen Punkten konkurrierenden Anträge von SPD und GALB in Sicht.
Es zeigt sich derzeit, dass beide Fraktionen nach der Kommunalwahl offenbar gut beraten waren, keine förmliche Koalition einzugehen, sondern es bei einer Zusammenarbeit zu belassen. Sonst hätte es wohl in den vergangenen Wochen heftig gekriselt bei der Mehrheit. In zwei essenziellen Punkten will die GALB einen anderen Weg gehen als die SPD. Zum einen will die grüne Fraktion die Kita Schulstraße erhalten und auf die Vermarktung des Geländes verzichten. Zum anderen hat die Ratsstube in dem Konzept der GALB keinen Platz mehr. „Die Ratsstube hat Bischofsheim kein Geld gebracht, wir haben nur draufgelegt“, begründete Jürgen Hasper (GALB) die Abwendung vom Ausbildungsrestaurant.
Die Kita Schulstraße sei „grundsaniert und darf nicht aufgegeben werden“, stellte Hasper zudem klar. Damit aber bräche das gesamte Finanzierungskonzept der SPD zusammen, die das Grundstück teuer vermarkten will, um die Kosten für das bewältigen zu können, was Fraktionschef Andreas Gand als „die Große Lösung“ erläuterte. Die Sozialdemokraten verfolgen im Prinzip weiterhin das Konzept, das die WEP Projekt im vergangenen Jahr vorgelegt hatte. Da regelt die Kitafrage über den Ringtausch mit dem Kreisgelände, auf dem seit dem Abbruch der ehemaligen Theodor-Heuss-Schule das Gestrüpp blüht.
WEP-Geschäftsführer Holger Kopp war nach Bischofsheim gekommen und erlebte einen Abend, den er wohl so schnell nicht vergessen wird. Er hatte das Konzept aus dem Jahr 2012 auf die aktuellen Vorschläge angepasst, die von SPD, GALB sowie von der Initiative zum Bürgerbegehren gegen den Bürgerhausabriss vorliegen. Dass die neu berechneten Zahlen nahezu identisch mit den Werten waren, die Gand vorstellte, kam manchem komisch vor. CDU-Fraktionschef Helmut Schmid wagte sich schließlich aus der Reserve und sprach von einer „verdächtigen Zahlengleichheit“. Gand, in dem Moment gerade mal außerräumig, zeigte sich nach seiner Aufklärung über den soeben erhobenen Vorwurf erschüttert über die Unterstellung einer Absprache, die mithin den Vorwurf eines Gefälligkeitsgutachtens in sich trägt. „Ich habe selbst gar keine Zahlen genannt.“
„Ich lasse mir nicht unterstellen, dass hier gemauschelt wird“, betonte auch Bürgermeisterin Ulrike Steinbach (SPD). „Alle hatten dieselben Zahlen vorliegen.“ Nur die SPD hatte sich offenbar die Mühe gemacht, alle verändernden Faktoren auf die alten Zahlen anzuwenden. Kopps neue Berechnungen reduzieren die bisherigen Kosten des Bürgerhausneubaus um rund 1,1 Millionen Euro, weil der Baukörper kleiner und flacher ausfallen soll als bisher, rund 2000 zu umbauende Kubikmeter spart dies ein. Dazu werden die seit 2012 gestiegenen Grundstückspreise und eine doppelt so hoch anzusetzende Förderung vom Landkreis – wenn die Grundschulmensa in den Bürgerhausbau integriert wird (eine Million Euro nun) – die Rechnung zugunsten des SPD-Modells verändern.
Das Problem, dass das GALB-Modell im Vergleich dazu aus Kopps Sicht hat: die fehlenden Einnahmen aus den Grundstücksverkäufen, wenn die Kita stehen bleibt, wo sie ist. Statt der 6,6 Millionen blieben dann, vor allem wegen des von der Fraktion geplanten, zweigeschossigen Parkdecks, 9,8 Millionen Euro Finanzierungsanteil an der Gemeinde hängen, glaubt Kopp. GALB, CDU und BFW sahen hier eine grobe Verzerrung, weil Kopp das Parkdeck mit 200 Stellplätzen kalkuliert, während die GALB von 120 bis 140 Plätzen ausgeht.
Bei der Position des Bürgerbegehrens geht Kopp von 6,5 Millionen Euro Sanierungskosten aus. Maniers Annahme, dass durch einen Verzicht auf eine Dachsanierung und die Dämmung der Gebäudehülle 2,1 Millionen Euro einzusparen wären, widersprach Kopp, er geht von 1,1 Millionen Euro aus. „Und es wäre auch mehr eine Ausbesserung als eine Sanierung.“
Interessant waren Kopps Berechnungen zu den jährlichen Folgekosten pro Variante. Das SPD-Modell benötigt demnach 350.000 Euro, das GALB-Modell 436.000 Euro, das Bürgerbegehren 286.000 Euro. Tut die Gemeinde gar nichts, blieben immer noch 200.000 Euro Reparaturaufwand jährlich einzukalkulieren. Auf Nachfrage von Wolfgang Schreiber (BFW) gestand Kopp zu, dass alle Berechnungen mit einer Toleranz von 15 Prozent nach oben oder unten zu nehmen seien. „30 Prozent sind realistisch“, widersprach Schreiber dem Planer selbst in diesem Punkt.
Die Diskussion um die Zukunft des Bürgerhauses hat offenbar noch einen Weg vor sich, auch wenn die Zeit wegen des drohenden Verfalls von Fördermitteln eigentlich drängt. Beim Thema Kita und Mensa ist dagegen offenbar bereits manches schon verpasst worden. Es trieb den Schulelternbeirat (SEB) der Georg-Mangold-Schule am Dienstag in den Sitzungssaal. SEB-Vorsitzender Ulrich Scherer kritisierte in der Bürgerfragestunde, dass die Schule entgegen der Zusagen der Verwaltung in die Planungen zuletzt nicht mehr einbezogen worden sei. „Wo finden sich die Interessen der Schule im SPD-Konzept wieder?“, fragte Scherer. Im vergangenen Jahr hätten Politiker der Schule samt dem SEB die Umwidmung der Grundschule zur Ganztagsschule schmackhaft machen wollen. Davon sehe er im SPD-Entwurf wenig. „Für eine Ganztagsschule braucht man Ressourcen, aber es gibt hier ja gar keinen Platz.“
Auch Ulrich Kühlburg als Vorsitzender des Ortsgewerbevereins äußerte sich enttäuscht darüber, dass die Verwaltung nicht auf die Fachkompetenz der örtlichen Betriebe zurückgegriffen habe, um sich über die Möglichkeiten einer Sanierung des Bürgerhauses ein Bild zu verschaffen. „Unsere Handwerker haben die Erfahrung.“
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