Für die CDU beginnt die Bürgerhaus-Debatte jetzt erst

Im Bauausschuss kritisiert Fraktionschef Helmut Schmid die Basis des jüngsten Vergleichsgutachtens zum Neubauprojekt

Wie schlimm steht es nun um das Bürgerhaus? Wenn man es wüsste. Laut dem Gutachten aus dem Jahr 2012 so schlimm, dass von einer Sanierung abgesehen werden sollte. Dass das Beratungsbüro Schüllermann Consulting dieses Gutachten ohne tiefergehende Überprüfung zur Grundlage seiner jüngsten Kostenprognose machte, kritisierte im Bauausschuss die CDU.
(gus/Foto: Steinacker)

Wie schlimm steht es nun um das Bürgerhaus? Wenn man es wüsste. Laut dem Gutachten aus dem Jahr 2012 so schlimm, dass von einer Sanierung abgesehen werden sollte. Dass das Beratungsbüro Schüllermann Consulting dieses Gutachten ohne tiefergehende Überprüfung zur Grundlage seiner jüngsten Kostenprognose machte, kritisierte im Bauausschuss die CDU.
(gus/Foto: Steinacker)

BISCHOFSHEIM (gus) – Muss es wirklich das ganze Programm sein oder geht es nicht auch etwas weniger aufwendig? Daran hangelt sich die Diskussion um das Für und Wider des Abrisses des bestehenden und Neubau des Bischofsheimer Bürgerhauses entlang. Welcher Sanierungsbedarf beim Bischofsheimer Bürgerhaus besteht, sollte 2012 ein Gutachten ermitteln und die Erkenntnisse in eine Einschätzung einfließen lassen, ob es wirtschaftlich vertretbar wäre, das Gebäude zu sanieren, oder ob ein Neubau finanziell gesehen nicht die bessere Entscheidung für die Gemeindekasse wäre.

Das relativ eindeutige Fazit dieses Gutachtens, dass von Investitionen in den 50 Jahre alten Bau abgesehen werden sollte, stützte die vor allem von der SPD favorisierte Variante des Neubaus des Bürgerhauses auf dem benachbarten Attichgelände. Auch die GALB, zunächst mehrheitlich kritisch gegenüber der Abrissempfehlung eingestellt, schwenkte letztlich durch die Aussagen der Kostenanalysen um, sodass im vergangenen Sommer eine Mehrheit für einen Grundsatzbeschluss zustande kam, den Neubau anzugehen. Das Bürgerhaus soll im zweiten Schritt abgerissen werden, um auf dem Grundstück einen neuen Kindergarten mit Familienzentrum zu errichten.

Die CDU schießt nun gegen die Gutachten, die die wirtschaftlichen Vorteile des Neubaus belegen sollen, so auch gegen die in der vorigen Sitzungsrunde vorgelegte Vergleichsaufstellung der Unternehmensberatung Schüllermann Consulting. Die Mainzer Niederlassungsleiterin des Unternehmens, Mirjam Naß, ist keine Baufachfrau und stützte sich bei ihrem Auftrag, den Kostenvergleich zwischen Sanierung und Neubau anhand des Fördermittel- und Kreditfinanzierungsvolumens miteinander zu vergleichen, auf dieses vier Jahre alte Gutachten. Dafür erntete sie im Bauausschuss am Dienstagabend Kritik von CDU und BFW.

CDU-Fraktionschef Helmut Schmid äußerte den Verdacht, dass die Kalkulation im WEP-Gutachten aus dem Jahr 2012 künstlich so gestaltet wurde, dass die magische 70-Prozent-Marke knapp überschritten wurde. Der Hintergrund: Die Wirtschaftlichkeit einer Gebäudesanierung gilt als nicht mehr gegeben, wenn die Kosten mehr als 70 Prozent der Investitionen in einen vergleichbaren Neubau betragen. Denn dann besteht aufgrund der Richtlinien keine Chance auf Fördermittel aus dem Programm Soziale Stadt, und die machen beim Bischofsheimer Projekt rund 2,8 Millionen Euro aus.

Die 70-Prozent-Marke sei nur überschritten worden, betonte Schmid, weil man – wie der CDU-Fraktionschef vermutete, gezielterweise – die Sanierungskosten anhand eines Projektvolumens ermittelte, das das Bürgerhaus in einen neuwertigen Zustand versetzen würde. „Hätte man jedoch auch die bereits im Nachgang des WEP-Gutachtens errechneten Einsparungsmöglichkeiten, die bei einer Renovierung möglich sind, berücksichtigt, hätte man ein ganz anderes Ergebnis erhalten“, erläutert Schmid daher.
Der Vorwurf an Naß: Sie habe die Daten des WEP-Gutachtens ungeprüft als gegeben und wahrhaftig übernommen und sei so zwangsläufig bei dem von ihr vorgelegten Zahlenwerk angekommen, das eine Sanierung als rund eine Million Euro teurer für die Gemeindekasse ausweist.

„Das WEP-Gutachten basiert auf Zahlen, bei denen man nicht auf Prozente geachtet hat, die kamen erst viel später ins Spiel“, widersprach Bürgermeisterin Ulrike Steinbach (SPD) der Interpretation Schmids, die sie als Unterstellung zurückwies. Naß bestätigte zwar, dass sie als Nicht-Baufachfrau die Zahlen des Fachgutachtens ungeprüft in ihre Berechnungen übernommen habe. Doch da fühlt sie sich auf der sicheren Seite. „Das Gutachten von 2012 hat davon abgeraten, auf Teile der Sanierung zu verzichten“, hielt sie dem Argument Schmids entgegen, dass das WEP-Werk sich nur mit einer Sanierung auf Neubauniveau befasst habe. Vielmehr sei aufgeführt, dass beim Verzicht auf Sanierungen an Dach und Boden rund eine Million Euro eingespart werden könnten – aber eben mit der Empfehlung, genau dies nicht zu tun.

„Daher sind wir bei unserem Gutachten von einer neuwertigen Sanierung ausgegangen“, erläuterte Naß. Zu bedenken gab sie zudem, dass die vier Jahre alten Kostenangaben inzwischen überholt seien und die Sanierung noch einmal spürbar teurer würde als laut WEP-Guatchten. „Und wir kennen auch nur den baulichen Zustand des Jahres 2012“, ergänzte Naß, dass auch weitere Überraschungen bei einer Sanierung nicht auszuschließen wären.

Schmid überzeugt dies alles nicht. Mit den Fördermitteln der Sozialen Stadt wäre eine Sanierung gegenüber dem Neubau um rund zwei Millionen Euro günstiger, betont er. Auf die 50 Jahre Abschreibungszeit des Neubaus bezogen, errechnet er vier Millionen Euro Kostenvorteil bei einer Sanierung.
Aber Schmid macht in der Diskussion noch ein ganz anderes Fass auf. Denn würde eine Sanierung des Bürgerhauses beschlossen, könnte sofort mit dem Bau einer neuen Kindertagesstätte auf dem Attichgelände begonnen werden. Beim von der Mehrheit geplanten Ablauf wird das heutige Bürgerhaus erst mit der Fertigstellung des Neubaus abgerissen. Die Neubebauung mit Kita und Familienzentrum könne dann nicht vor 2020 beginnen.

Dieses Thema blendeten SPD und GALB derzeit völlig aus, kritisiert Schmid. „Bereits vor zwei Jahren hatte die Gemeindeverwaltung dargelegt, dass in Bischofsheim zusätzlicher Bedarf von fünf Gruppen in Kindertagesstätten besteht und damit ein Neubau erforderlich sei“, betonte Schmid. Einem Konzept „Bürgerhausneubau möglichst bald und eine Kindertagesstätte im nächsten Jahrzehnt“ werde die CDU nie zustimmen, betont Schmid. Deshalb sei nicht das Ende der Debatte um das Bürgerhausprojekt erreicht, wie es die SPD gern hätte, „sie beginnt jetzt erst richtig“, stellt der Fraktionschef klar.

 

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