In Guatemala mal eben Weltmeisterin werden

Die Bischofsheimerin Hannah Trommer kämpft mit ihrer Schulmannschaft um den WM-Titel

BISCHOFSHEIM (gus) – Einmal an einer Weltmeisterschaft teilnehmen, vielleicht sogar den Pott in die Höhe strecken – das ist doch der ultimative Traum eines jeden Fußballers. Und der einer jeden Fußballerin. Die Bischofsheimerin Hannah Trommer arbeitet mit deutlich besseren Chancen als die allermeisten deutschen Kickerinnen an diesem hohen Ziel, denn mit ihren 15 Jahren ist die im Dezember 1999 geborene Schülerin auf dem besten Weg in die Fußball-Bundesliga der Frauen. Voraussetzung für alle weiteren Entwicklungen wie eine Nationalmannschaftslaufbahn.

 

Ob ihr die ganz große Karriere in ihrem Sport bevorsteht, kann derzeit natürlich noch niemand genau abschätzen, aber an einer WM darf Trommer dennoch jetzt bereits dank ihrer Künste am Ball teilnehmen. Am heutigen Donnerstag nämlich startete die Schulmannschaft des Frankfurter Carl-von-Weinberg-Gymnasiums mit Trommer, 17 weiteren Spielerinnen sowie sechs Betreuern an Bord in Richtung Guatemala, wo in Retalhuleu vom 12. bis 20. April die Weltmeisterschaft der Fußball-Schulmannschaften ausgetragen wird.
Qualifiziert für die Reise hatte sich das Team der Carl-von-Weinberg-Schule, eine Eliteschule des Sports, in drei Vorturnieren: über den Frankfurter Stadtentscheid, an dem allerdings nur eine weitere Schule teilnahm, den Landesentscheid in Grünberg, bei dem Trommers frühere Schule, das Wiesbadener Sportgymnasium Elly-Heuss-Schule, ein starker, aber letztlich chancenloser Gegner war, und schließlich den Bundesentscheid in Berlin.
Dass Trommers Team sich in der Bundeshauptstadt durchsetzen würde und somit das WM-Ticket zieht, war nicht unbedingt ausgemacht, aber nach einem 2:0-Finalsieg gegen das „Gymnasium am Rotenbühl“ aus Saarbrücken perfekt. Die Qualifikationsturniere zur Schulweltmeisterschaft laufen in Deutschland unter dem Label „Jugend trainiert für Olympia“, der Fußball ist da nur eine von 17 Sportarten, die in Berlin ihren Bundessieger ausspielen. Abonnementsieger des Wettbewerbs bei den Fußballerinnen ist eigentlich die Sportschule Potsdam, wo die meisten Nachwuchsspielerinnen von Turbine Potsdam ihren Schulabschluss machen. Doch im Halbfinale war gegen Trommers Team in diesem Jahr Schluss, die Vertreterinnen Hessens siegten 1:0.
Bei der vorigen WM 2013 in Bordeaux holten die Brandenburgerinnen für Deutschland den 5. Platz. Den Stellenwert des deutschen Frauenfußballs in der Welt betrachtend, ist das gar nicht mal so gut, da geht mehr. Und so fahren die Frankfurter Schülerinnen mit dem klaren Ziel nach Guatemala, es besser zu machen, was bei einer guten Leistung auch gelingen sollte.
Die Mannschaft des Schwanheimer Gymnasiums besteht zu einem Großteil aus den Spielerinnen, mit denen Trommer sonst auch im Vereinssport zusammenspielt. Die Bischofsheimerin kickt nämlich bereist in der Bundesliga, mit den B-Juniorinnen des 1. FFC. Zu dem Topverein im deutschen Frauenfußball war sie im vergangenen Sommer vom auch nicht schlecht aufgestellten, aber doch nicht ganz so leistungsstarken Lokalkonkurrenten Eintracht Frankfurt gewechselt. Während der Schulwettbewerb in diesem Jahr die Jahrgänge 1999 bis 2001 zusammenfasst und Trommer somit zum reifsten Jahrgang zählt, gehört die Mittelfeldspielerin mit Offensivdrang bei den B-Juniorinnen des 1. FFC in dieser Saison zur jüngeren Garde.
Dennoch bekommt Trommer aber zumindest als Einwechselspielerin immer ihre Einsatzzeiten und steht mit vier Treffern gar auf Platz zwei der mannschaftsinternen Torjägerliste. Auch FFC-Topschützin Kim Olafsson (12 Treffer) gehört zum deutschen Schulteam in Guatemala. „Ich hatte eigentlich damit gerechnet, in dieser Saison nur auf der Bank zu sitzen, aber derzeit bekomme ich immer meine 20 bis 40 Minuten Einsatzzeit, das ist schon toll“, sagt Trommer.
Der 1. FFC ist nach dem jüngsten Punktspiel, dem 1:0-Erfolg bei Verfolger Bayern München, fast schon durch mit dem Titel in der Südstaffel der dreigeteilten Juniorinnen-Bundesliga. Trommer kann in der kommenden Saison ein weiteres B-Juniorinnenjahr spielen, dann geht es in eine der Aktivenmannschaften des 1. FFC – eine A-Jugend gibt es bei den Frankfurterinnen bewusst nicht, die Spielerinnen werden über die klassentieferen Teams frühzeitig an den Aktivenbereich herangeführt. „Wer in der U 17-Bundesliga gespielt hat, sollte anschließend auch auf Bundesliganiveau sein“, erläutert Trommer die Erwartungen an die Spielerinnen. Viele ihrer Mitspielerinnen beim 1. FFC haben schon Nationalmannschaftsberufungen in der Tasche, Trommer wurde schon zu Sichtungen eingeladen und kann damit rechnen, dass ihre Entwicklung von den DFB-Trainern genau verfolgt wird.
Es sieht also so aus, als könnte Trommer ernsthaft an einer Fußballerinnenkarriere basteln. Eingestiegen in ihren Sport l ist die Bischofsheimerin mit acht Jahren bei TuS Rüsselsheim. „Anfangs habe ich das eigentlich nur als Hobby angesehen“, schildert sie. Ballett, wie es die meisten Schulkameradinnen bevorzugten, „das war mir zu langweilig, zu mädchenhaft“. Sie mag am Fußball das gemeinsame Gewinnen, die Anforderung an Laufen, Kondition und Sprungkraft – und dass Fußball im Gegensatz zu Hallensportarten draußen gespielt wird – und das bitte, nicht bei Sonnenschein. „Ich liebe es bei Regen zu spielen, da kann man so gut grätschen“, betont die 15-Jährige.
Eine Mitschülerin der Elly-Heuss-Schule schleuste Trommer schließlich nach Frankfurt zur Eintracht, im Sommer gelang dann der Sprung zum 1. FFC. Der damit verbundene Wechsel auf die Carl-von-Weinberg-Schule hat auch den Vorteil, dass diese kein G8-Gymnasium wie die Wiesbadener Sport-Eliteschule ist. Das nimmt den Leistungsdruck, der sich bei den Sportgymnasiasten sowieso schon auf zwei Bereiche bezieht, etwas weg.
Auf vier Trainingseinheiten im Verein und drei weitere in der Schule kommt Trommer in einer normalen Woche. Wenn es mal weniger ist, schlägt sie zusätzlich bei der männlichen B-Jugend der SV 07 auf. Das ist sinnvoller als beim Mädchen- oder Frauenteam ihres Wohnortvereins mitzumischen, die nicht das Niveau haben, als dass dies Trommer etwas bringen würde.
Ohne, dass Vater Christian Trommer mitziehen würde, vor allem als Familientaxi ist er zuletzt stark gefragt gewesen, wäre das Pensum kaum zu stemmen, das der Fußball der Tochter abverlangt. Das Lernen für die Schule findet teilweise während der Fahrten im Auto statt, berichtete Trommer. In den kommenden acht Tagen allerdings fallen sämtliche Fahrdienste für den Vater und Lerneinheiten für die Tochter aus.
In Guatemala tritt das deutsche/Frankfurter Team in der Vorrunde auf die Schulmannschaften aus Finnland, Puerto Rico und China. Elf Mannschaften aus aller Welt und zwei Vertretungen der Gastgeber sind bei der Schul-WM am Start, die am 20. April mit dem Finale endet. 
Zwischendrin ist auch ein Ausflugstag im Bus vorgesehen, aber allzu viel Freizeit wird es für die Spielerinnen in Guatemala nicht geben. Seltsam ist die Finanzierungsfrage: Sollte man annehmen, der Olympische Sportbund finanziert solche Projekte, die er anleiert, auch durch, müssen die Schulen alles selbst finanzieren, „das sind 30.000 bis 40.000 Euro“, betont Christian Trommer. Der DFB stellt das Equipment, für den Rest hat auch die Schule nicht dem Etat zur Verfügung, den es bräuchte. Daher waren die Eltern in den vergangenen Wochen stark mit der Anwerbung von Spenden eingebunden.
Wenige Tage nach der Rückkehr geht es für Trommer bereits in der Liga weiter, mit dem nachgezogenen Spiel des drittletzten Bundesligaspieltags. Dann geht es gegen die U17 ihres alten Klubs Eintracht Frankfurt, in der zwei Spielerinnen stehen werden, mit denen die FFC-Mädchen gerade noch in Mittelamerika zusammen um den Schülertitel gekämpft haben. Da müssen Freundschaften wieder Rivalitäten weichen. Und Hannah Trommer und ihre Mitspielerinnen werden keine Probleme damit haben, dies auch so auf den Platz zu bringen.

 

 

 

 

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