Ohne Streichkatalog keine Grundsteuer-Erhöhung

Haushaltsaufstellung für 2015 verzögert sich in Bischofsheim durch Erlass des Innenministeriums

Unter den Dächern von Bischofsheim wird es in Zukunft mit Sicherheit teurer zu wohnen. Die Erhöhung der Grundsteuer B ist unausweichlich, im Jahr 2016 sind laut Verwaltungsvorlage 800 Prozentpunkte (2014: 440) vorgesehen. Dieser Beschluss soll aber mit Einsparbeschlüssen einhergehen, betonten im Finanzausschuss nun die Fraktionen.?(gus/Foto: Steinacker)

 

BISCHOFSHEIM (gus) – Mit rund 70 Prozent Zustimmung bei der Abstimmung in den Wahlkabinen hat das hessische Wahlvolk am 27. März 2011 die Schuldenbremse für die öffentlichen Haushalte des Landes in den Verfassungsrang gehoben. Die Hessinnen und Hessen sorgen sich mit großer Mehrheit um die künftigen finanziellen Spielräume von Land und Kommunen, stellten die Parteien durch die Bank zufrieden fest.

 

Eine Frage der Generationengerechtigkeit, denn derzeit sieht es so aus, als lebten die heutigen Bürger nicht nur ökologisch, sondern auch volkswirtschaftlich doch arg auf Kosten der künftigen Generationen.
Was damals schon zu erahnen war, wird jetzt deutlich: In dem Moment, in dem die Politik ernst macht mit der Umsetzung des Beschlusses, ist es mit dem Konsens vorbei. Landauf, landab und auf allen Politikebenen wird über das richtige Maß beim Voranschreiten auf dem Weg, den im Prinzip alle gehen wollen, gestritten. Der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) hatte sich schon im Spätsommer gegen Überlegungen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gewendet, der Bund könne mit Finanzhilfen den Ländern die Entscheidung erleichtern, ihre Schuldenbremsenprogramme zu lockern. Die sieht in Hessen ab 2020 verpflichtend ausgeglichene Haushalte auch in den kommunalen Etats vor.
Solche Gedanken machen die Politik unglaubwürdig, kritisierte Schäfer seinen Parteifreund und verwies stolz auf die breite Zustimmung zur Einführung der Schuldenbremse bei der Volksabstimmung. Nun aber hat Innenminister Peter Beuth (CDU) einen draufgelegt und besonders in den Kommunen, die nicht zu den Schutzschildgemeinden gehören, Schockreaktionen ausgelöst. Per Erlass wird diesen Nicht-Schutzschirmkommunen vorgeschrieben, den ersten ausgeglichenen Haushalt bereits für 2017 vorzulegen. Davon sind an der Mainspitze sowohl Ginsheim-Gustavsburg als auch Bischofsheim betroffen.
Besonders für die Bischofsheimer ist der Erlass ein Schlag, denn die Gemeinde hätte bekanntlich Schutzschirmgemeinde werden können. Eine Mehrheit in der Gemeindevertretung hatte dies aber abgelehnt, weil mit dem Eintritt in den Schutzschirm harte Sparauflagen umzusetzen gewesen wären, die von einem öffentlichen Leben in der Gemeinde – wie etwa die Bücherei – wohl nicht mehr viel übrig gelassen hätten. Durch den Erlass hat sich die Situation freilich so weit geändert, dass Bischofsheim nun wegen dieser Vorgabe zwei Jahre früher zum Ausgleich kommen muss als es als Schutzschirmgemeinde hätte sein können.
Bürgermeisterin Ulrike Steinbach (SPD) verkündete als erste Reaktion nun im Haupt- und Finanzausschuss, dass die Vorlage des Etatentwurfs für 2015 nicht mehr in diesem Jahr erfolgen kann, „ der Erlass hat uns vor neue Aufgaben gestellt“. Sprich: Die Zahlen müssen angesichts des schnelleren Weges, den der Bischofsheimer Etat zum Defizitabbau nehmen muss, anders konstruiert werden. Das Sparen muss noch radikaler, die Erhöhung der Einnahmen noch deutlicher ausfallen als die Fraktionen sich das bisher vorstellen konnten.
Schon die Ablehnung der Haushaltsgenehmigung für 2014 durch die Kommunalaufsicht im Kreis zeigte deutlich, dass es der Verwaltung wie den Fraktionen, die die Etats und Konsolidierungskonzepte beschließen müssen, jetzt schon nicht hinreichend gelingt, den Weg zu einer spürbaren Verbesserung der Zahlen aufzuzeigen. Die Hebesatzsatzung ist der einzige greifbare Hebel, durch den die Politik auf einen Schlag nennenswerte Effekte erzielen kann, deshalb stand sie auch jetzt bereits wieder auf der Tagesordnung des Ausschusses. Auf Antrag von Wolfgang Bleith (GALB) wurde der Beschluss zur Neufassung der Hebesatzsatzung aber verschoben.
Das hatte für ihn, wie er erläuterte, mit einer gewissen taktischen Vorgehensweise gegenüber den Bürgern zu tun. Ihnen die höheren Kosten für ihre Grundstücke zuzumuten, aber die Einsparungen, die die Verwaltung ebenso vorlegen muss, noch nicht parat zu haben, das könnte beim Bürger das Bild erwecken, dass dem Politikern nichts anderes einfällt, als sich das Geld bei ihnen zu holen. „Den Beschluss sollten wir daher verschieben, bis der Streichkatalog des Gemeindevorstands und der Verwaltung vorliegt, als Signal an den Bürger, dass dieser Prozess auch mit Einsparungen einhergeht“, erläuterte Bleith.
Der Argumentation konnten alle Fraktionen folgen, dennoch eignet sich das Thema durch die Schutzschirmgeschichte natürlich wunderbar zum Nachkarten. Helmut Schmid (CDU) rechnete vor, dass die Gemeinde alleine 100 Punkte bei der Grundsteuer B draufpacken muss, um die entgangenen Gelder aus dem Schutzschirmprogramm auszugleichen. „Es war eine Fehleinschätzung zu sagen, die Nichtteilnahme erhöhe den Spielraum für die Gemeinde – in Wirklichkeit wird jetzt alles noch viel enger“, kritisierte der Fraktionschef den rot-grünen Ablehnungsbeschluss erneut.
Den „Blick in eine andere Richtung“ zu richten empfahl Helmut Döß (BFW) bei den Einnahmeerhöhungen. Neben den Hebesätzen gebe es noch andere Möglichkeiten die Einnahmen der Gemeinde zu erhöhen. Höhere Kitagebühren, eine Zweitwohnsitzsteuer, Gebühren für die Nutzung des Bürgerhauses und der öffentlichen Plätze sowie eine Straßenbeitragssatzung führte Döß ins Feld. Die Erhöhung der Grundsteuer B belaste dagegen die Mieter, da die Grundstücksbesitzer die Erhöhungen weiterreichen würden.
Döß verwies auch auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom Mai, das den Klagen von Eigentümern gegen die Erhöhung der Grundsteuer B in Bad Nauheim stattgegeben hatte. Dies mit der Begründung, dass die Stadt – wie Bischofsheim auch – über keine Straßenbeitragssatzung verfüge, obwohl die Kommunalaufsicht diese eingefordert habe. Auf die Grundsteuer B dürfe die Stadt nur zurückgreifen, wenn andere Einnahmen zur Deckung des Haushalts nicht ausreichten. Der Haken bei dem Beispiel: Im August hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel das Gießener Urteil wieder einkassiert.
Es bleibt ein schwieriges Geschäft, die Bischofsheimer Finanzen auf Vordermann zu bringen, der Erlass des Innenministers hat diese Aufgabe zweifellos noch schwieriger gemacht. Auch Karsten Will (SPD) plädiert dafür, weitere Satzungen neben der Hebesatzung in Augenschein zu nehmen und ein Herangehen an Einnahmequellen wie Hunde- und Spielapparatesteuer in Erwägung zu ziehen. „Man muss das richtige Maß finden“, plädiert er dafür, einen ausgewogenen Katalog an Kostenerhöhungen für die Bürger und Einsparungen zu erarbeiten. „Daher ist es eine gute Idee, die Einsparvorschläge der Verwaltung abzuwarten.“ Die, stellte Steinbach in Aussicht, könnten im Gegensatz zum Haushaltsentwurf noch in diesem Jahr vorgelegt werden.

 

 

 

 

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