Von wegen optimistisch ins Jahr vorausblicken: Schulz-Asche, deren Spezialgebiet eigentlich die Gesundheitspolitik ist, hätte sich für ihren Besuch kaum ein traurigeres Referatsthema aussuchen können als die klammen Kassen der öffentlichen Hand. Als Eschbornerin lebt die gebürtige Berlinerin in einer der wenigen Städte Hessens, die wegen der überquellenden Gewerbesteuereinnahmen nicht wissen, wohin mit dem Geld.
Vielleicht ist es dieser Hintergrund, der sie überzeugt sagen lässt: „Der Schuldenstopp 2020 ist möglich.“ Die Einigung von Bund und Ländern darauf, in acht Jahren Schluss mit dem Produzieren neuer Schulden zu machen, sprich, fortan immer einen zumindest ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, klingt für den Normalbürger wie eine drohende Wiederholung von Hans Eichels Flop als Bundesfinanzminister, der einst im Jahr 2000 ankündigte, 2006 den ersten Bundeshaushalt ohne Nettokreditaufnahme seit Ewigkeiten vorlegen zu wollen. Da kam nicht nur eine Wahl dazwischen sondern auch die Realität.
Schulz-Asches Landtagsfraktion hat unverdrossen einen Leitfaden auf dem Weg zum ausgeglichenen Landesetat mit einer Sammlung von Konzepten erstellt. Dabei konzentrieren die Grünen sich auf die Einnahmeseite der Medaille, denn mit Ausgabenkürzungen, also Sparen alleine ist nach Ansicht der Partei das Ziel nicht zu erreichen. Dass die ärmere Hälfte der Bevölkerung mit 16 Prozent aller Einkommen auskommen muss, 34 Prozent aber bei den oberen zehn Prozent einlaufen, ist für die Grünen nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit. Auch finanz- und wirtschaftspolitisch ist es schwierig, dann auf die nötigen Einnahmen für die Staatshaushalte zu kommen, weil dieses Ungleichgewicht der Binnennachfrage schadet. „Die Reicheren können das ganze Geld gar nicht ausgeben.“ Nicht ausgegebenes Geld nutzt der Volkswirtschaft aber wenig.
Für die Kommunen droht bei solchen ehrgeizigen Zielen der Landespolitik immer die Rolle als die unterste Ebene, auf die alles abgeschoben wird. „Das Land baut letztlich keine Schulden ab, wenn es die Kommunen zusätzlich belastet“, warnt Schulz-Asche. Der Rettungsschirm des Landes für die verschuldeten Kommunen umfasst den Plänen der Landesregierung nach 3,2 Milliarden Euro, davon 400.000 Euro als Zinsbeihilfen, die über stolze 30 Jahre verteilt werden sollen. Die angestrebte, 40-prozentige Schuldenentlastung durch das Programm wird mit Sparprogrammen für die Kommunen einher gehen.
„Das wird noch große Diskussionen in den Gemeinden geben“, sieht die Stellvertretende Fraktionschefin die Ankündigung zwiespältig. Dazu kam es nach dem Vortrag sofort, denn der Landrat schaltete sich ein. Für Thomas Will ist die Schuldenbremse kein Königsweg für die Kommunen. Als Beispiel nannte er die Schulsozialarbeit, die der Landkreis in diesem Jahr verstärkt fördern wolle. „Unsere Aufsicht sagt aber, das sollten wir streichen und unser Geld ausschließlich für die gesetzlichen Anforderungen verwenden“, beichtete er. Wenn die Entschuldungspolitik sich so auswirke, sei dies „der falsche Weg“. An der prekären Haushaltssituation haben für Will seine Partei und die Grünen durchaus mitgewirkt. „Es war ein Fehler 1998 von der rot-grünen Bundesregierung, den Spitzensteuersatz zu senken.“
Schulz-Asche setzt jedoch nicht nur auf die deutsche Politik, sondern besonders auf Europa um bei der Schuldenbremse ans Ziel zu kommen. „Eine abgestimmte Wirtschafts- und Sozialpolitik und ein stärkeres EU-Parlament“, empfiehlt sie. Eine Finanzaufsicht und eine Finanztransaktionssteuer sollen stabilere Verhältnisse im europäischen Wirtschaftsraum garantieren.
Auch auf die demographische Falle, die besonders in Deutschland droht, ging die Politikerin ein. Hier glaubt sie nicht, dass sich in unserer hoch spezialisierten Wirtschaftswelt das bereist zu spürende Fehlen von gut ausgebildeten Fachkräften durch Zuzug aus dem Ausland gänzlich bewältigen lässt. „Durch die Sprachanforderungen wird das nur schwer zu erfüllen sein.“ Natürlich empfiehlt sie in Hessen als ersten Schritt zur Besserung einen Regierungswechsel. „Nichts erreicht und nicht vor“ habe die Regierung um Volker Bouffier, glaubt die grüne Landesscheffin. Angesichts 21 Prozent Zustimmung zu ihrer Partei in der Januarumfrage macht sie sich verstärkt Hoffnung, in Wiesbaden bald ans Ruder zu kommen.
Die Bischofsheimer Parteifreunde sind auf ihre 18,2 Prozent und zwei hinzugewonnenen Sitze bei der Kommunalwahl 2011 allerdings auch schon recht stolz. Auf Gemeindeebene wird die grüne Politik sich ganz an den Themen orientieren, die in der Kooperationsvereinbarung mit der SPD festgehalten sind, kündigte Vorsitzender Wolfgang Bleith an. Natürlich bleibt der Fluglärm vorerst ein wichtiges Kampffeld für die Grünen. Als größeres Projekt ist die Analyse der Verkehrsströme in Bischofsheim und die Umsetzung der sich dabei ergeben den Erkenntnisse vorgesehen, mit dem Ziel – da bliebt die GALB hartnäckig – der Verkehrsberuhigung in der Schulstraße.
Die Aufstellung des kommenden Etats als Bürgerhaushalt sowie die Förderung und der Ausbau der erneuerbaren Energieerzeugung sind weitere Themen, die die Kooperation erreichen will. Ziel für die GALB ist auch ein Ganztagsangebot in der Georg-Mangold-Schule. „Das muss aber letztlich die Schulgemeinde entscheiden, wir wollen den Schritt unterstützen“, sagte Bleith.
Beim Programm „Soziale Stadt“ ist das Bestreben der GALB, „den Schwerpunkt mehr auf den sozialen Bereich zu legen“. Weitere Themen sind der Ausbau der Kinderbetreuungsangebote, für den es in einem Mangelbereich auf dem Arbeitsmarkt Personal zu gewinnen gelte. „Die Angebote müssen bezahlbar sein“, setzt sich Bleith als Ziel.
Beim kalten Büffet durfte im Foyer vor und nach Vortrag und Diskussion auch über anderes als Politik gesprochen werden.
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