Auch eine Kommune braucht Klimaziele SPD will den Klimanotstand in Ginsheim-Gustavsburg beschließen lassen - Abstimmung vertagt

Die Bäume im Burgpark haben den erneut viel zu trockenen und warmen Sommer ganz gut überstanden, einzelne Exemplare wie deses fallen daher besonders auf. Durch den Beschluss des Klimanotstandes in der Stadt soll die Aufmerksamkeiit für das Thema im Verwaltungshandeln stärken.

SPD will den Klimanotstand in Ginsheim-Gustavsburg beschließen lassen - Abstimmung vertagt

Eine Entscheidung mochte die Stadtverordnetenversammlung in diesem ersten Anlauf nicht fällen. Das Thema ist kompliziert und der Antrag der SPD-Fraktion ungewöhnlich detailreich ausgefallen. Zudem stand der Tagesordnungspunkt ganz am Schluss der jüngsten Sitzung des Gremiums, die Zeit fehlte am Ende eines langen Abends, um das Thema ausführlich zu diskutieren.

Dabei läuft die Zeit uns allen auf der Erde gerade davon, ist die Grundnannahme des Antrags „Klimanotstand – Es ist mehr als an der Zeit nicht mehr tatenlos zuzusehen“. Die Sozialdemokraten schlagen einen elf Punkte umfassenden Beschlusskatalog vor, der zusammengefasst die Anerkennung der kritischen klimatischen Entwicklung durch die Stadtpolitikerinnen und -politiker verlangt, wie sie auf den globalen Konferenzen etwa der UN zuletzt formuliert wurden, so auch im UN-Klimabericht vom März diesen Jahres.

Die Stadtverordnetenversammlung erkenne an, „dass die Eindämmung des von den Menschen verursachten Klimawandels in der zukünftigen Politik höchste Priorität besitzt und grundsätzlich zu beachten ist“, heißt es in einem der Punkte. Als Konsequenz müssten in Zukunft „alle Entscheidungsvorlagen mit einer Folgeneinschätzung bezüglich des Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel versehen und auf klimafreundliche Alternativen prioritär geprüft“ werden, konkretisiert das Papier die praktsichen Auswirkung auf das Verwaltungshandeln. Die Konsequenz für die Arbeit der Rathausabteilungen in der Zukunft: „Darauf aufbauend soll zukünftig ein Nachhaltigkeits-Check für alle Beschlussvorlagen entwickelt und eingeführt werden.“

„Die Folgen des Klimawandels betreffen auch Ginsheim-Gustavsburg“, begründet die SPD ihren Vorstoß, wie er so oder in ähnlicher Form derzeit in vielen kommunalen Gremien in Anträge gegossen und in vielen Fällen auch beschlossen wurde. „Die beispiellose Hitze- und Trockenperiode 2018 sowie auch die Stürme und mit Hochwasser verbundenen Starkregen der vergangenen Jahre haben uns bereits deutlich spüren lassen, was dieser Stadt bei zunehmender Klimaerhitzung in verstärktem Ausmaß droht“, betonen die Sozialdemokraten.

Vor diesem Hintergrund müsse die Stadt Ginsheim-Gustavsburg den Klimaschutz stärker als prioritäre Aufgabe behandeln. „Klimaschutz ist nicht nur eine nationale, sondern auch eine kommunale Aufgabe, insbesondere in den Bereichen Wohnen, Verkehr und Wirtschaft/Industrie“. Weltweit hätten mittlerweile über 500 Kommunen den Klimanotstand ausgerufen. „Ein wegweisendes Beispiel, dem Ginsheim-Gustavsburg als Stadt folgen sollte.“

Die Stadtverordneten sollten „ein eindeutiges Zeichen setzen“ und der verbreiteten Lobby der Klimaskeptiker und -leugner Paroli bieten. „Es ist dringend erforderlich, jetzt auf allen Ebenen von Gesellschaft und Politik zu effizienten und konsequenten Maßnahmen zu greifen, um die Katastrophe noch aufzuhalten." Insbesondere Kinder und Jugendliche „werden die Auswirkungen weiterer Handlungslosigkeit in aller Deutlichkeit verspüren“, schließt die Argumentationskette im SPD-Antrag.

Die Freien Wähler stellten dem einen Änderungsantrag entgegen, der keineswegs einen Beschluss zum Klimathema verhindern will, aber ohne Notstandsbeschluss auskommen will. „Der Begründung des SPD-Antrags wird gefolgt“, stellte Fraktionschef Jochen Capalo klar. Beim Vorgehen sieht er dagegen das Pferd von hinten aufgezäumt. „Die Beauftragung zur Erstellung eines Klimaschutzkonzeptes kann erst nach Vorlage eines zielgerichteten Berichts erfolgen“, betonen die Freien Wähler. „Ebenso ist die Schaffung von entsprechenden Verwaltungsstrukturen ohne einen solchen Bericht nicht zielführend.“

Anstatt den Klimanotstand zu beschließen – eine rein symbolische Handlung, wie auch die Sozialdemokraten klarstellen, die vor allem „keine juristische Grundlage für die Ableitung von Notstandsmaßnahmen“ wollen – möchten die Freien Wähler, dass die Stadtverordnetenversammlung von der Bundesregierung die Einführung eines Klimaschutzgesetzes einfordert, „dessen Maßnahmen an den Forderungen des Pariser Abkommens ausgerichtet sind.“

Bundesregierung wie Landesregierung sollen zudem aufgefordert werden, „umfassend über den Klimawandel, seine Ursachen und Auswirkungen sowie über die Maßnahmen, welche gegen den Klimawandel ergriffen werden, zu informieren“. Einig sind sich beide Anträge, dass der Magistrat den Fraktionen künftig regelmäßig berichten soll, was sich zu dem Thema in der Stadt tut. Einmal jährlich, beginnend mit der ersten Sitzung im Jahr 2020, schlagen die Freien Wähler vor, soll im Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschuss und in der Stadtverordnetenversammlung über die aktuellen Klimaschutzziele, die Maßnahmen und ihre Erfolge und Schwierigkeiten bei der Erreichung berichtetet werden.

Antrag und Alternativantrag sollen in der kommenden Sitzungsrunde nicht erneut aufgerufen werden, vielmehr wurde von den beiden Fraktionen kundgetan, dass sie einen gemeinsamen Antrag vorlegen wollen, der entsprechend gute Aussichten auf einen Beschluss hat.

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