Von verklebten Türschlössern und Maden

Widerspenstige gekündigte Mieter oder Psychoterror? Hotelier Schäfer macht sich unbeliebt

GIN SHEIM (ag) – „Es ist wie in einem Psychothriller, oder einem bitter bösem Alptraum“, sagt Monika Lenk, Mieterin einer Vierzimmerwohnung in der Dammstraße 33 in Ginsheim, „nur, dass man aus einem schlechten Traum erwacht und sein normales Leben weiter leben kann“. An ein normales Leben, erklärt die 52-jährige Ginsheimerin, sei jedoch seit geraumer Zeit nicht mehr zu denken.

 

Seit ihr neuer Vermieter, der Hotelier Thomas Schäfer, das große Miethaus an der Dammpromenade, in Höhe des Seniorentreffs an der Altrheinfähre, gekauft und Ende Februar mit der Renovierung des Gebäudes begonnen hat, haben auch die „unsäglichen Schikanen“ gegen die Mieter des Gebäudes begonnen, sagt Lenk.
Das Mauerwerk unter ihren Fenstern, war von außen herausgebrochen worden, die gesamte Wohnung ist über und über von feinem Baustaub bedeckt. Die Wohnungstür hat keine Türschlösser mehr. „Die waren“, erklärt Lenk, „zweimal mit Sekundenkleber verklebt“. Jetzt sei sie auf Vorhängeschlösser umgestiegen.
Als sie jüngst von einer berufsbedingten Reise zurückkehrte, waren ihr „Heimchen“ oder Grillen in der Wohnung ausgesetzt worden. Das war aber nur der Anfang, am 1. August waren es „Maden“. Die ständige Angst vor unangenehmen Überraschungen habe ihr völlig die privaten Ruhe und den Erholungsraum geraubt. Seit 27 Jahren wohne sie jetzt schon in der Wohnung, mit dem herrlichen Blick auf den Altrhein, und jetzt wolle man sie und die übrigen Mieter mit Gewalt vertreiben. 
„Ich bin mit den Nerven völlig runter“, berichtet auch ein anderer Mieter, Mike Straub, der ein 24 Quadratmeter-Apartment in dem Gebäudekomplex bewohnt. Dauernd seien die Türschlösser verklebt, Stromausfall habe es ständig, zu jeder Tages- und Nachtzeit gegeben und seit Wochen habe man kein warmes Wasser mehr.
Den ständigen Stromausfällen sind die Bewohner in der Zwischenzeit mit Hilfe einer Elektrofirma auf die Spur gekommen. Der Monteur habe ein Relais entdeckt, das im Stromkasten nichts zu suchen hatte, sagt Lenk. Seit der Elektriker das Kästchen entfernt habe, habe man auch wieder kontinuierlich Strom. Auch der nächtlichen Ruhestörung durch laute Musik nach Mitternacht kam die Polizei in der Nacht vom 1. auf den 2. August auf die Schliche, Aktenvermerk „SPH/0894420/2012“. Nachdem die Polizeistreife zum zweiten Mal in der Nacht angerückt war, entdeckten die Beamten um 4.30 Uhr ein Radio mit Zeitschaltuhr in einer bereits geräumten Wohnung im Obergeschoss.
Eine polnische Familie, die ihren Namen nicht öffentlich genannt haben möchte, berichtet von den gleichen Schikanen. „Als wir aus dem Urlaub zurückkamen, war unsere Wohnungstür mit Sekundenkleber verklebt und das bereits zum vierten Mal“, schildert sie. Wegen der ständigen Stromausfälle konnte man die ganze Zeit nichts mit ruhigem Gewissen im Kühlschrank liegen lassen, erklärt die Frau. „Warmes Wasser haben wir seit Wochen nicht und keiner hilft uns, wir sind doch hier in Deutschland!“ 
Manfred Hübner, der durch einen Presseartikel von den Vorgängen in dem Mietshaus erfahren hat, wollte sich Vorort ein Bild machen. Hübner zeigt sich von der Situation der Mieter zutiefst schockiert: „Das muss man öffentlich machen, das ist ja völlig unsozial, was hier passiert, das kann ich als Ginsheimer nicht akzeptieren!“. Auf Facebook, verurteilt „Schlonz“ die Vorgehensweise des Hoteliers schärfer. „Menschen drohen, aus dem Fenster halten und massiv einschüchtern.....das nimmt mafiöse Ausmaße an! Und hier darf einfach nicht weggesehen werden!!!!“
Die Familie Nicoli leidet unter den gleichen Schikanen, wie die übrigen Mieter. Ihre Wohnung, so Irene Nicoli, war seit dem 12. Juni drei Wochen lang komplett dunkel. Die heruntergelassenen Rollläden waren von außen fixiert worden. „Die Madenwürmer“ berichtet sie „ waren auch in unseren Eingangsbereich ausgesetzt worden.“
Den Entschluss sich an die Öffentlichkeit zu wenden, erklärt Lenk, habe sie gefasst, nachdem sich Thomas Schäfer höchstpersönlich mit einem Vorschlaghammer Zugang zu einem strittigen Vorraum verschafft habe, der ihre beiden Mietwohnungen miteinander verbinde. 
Thomas und Birgit Schäfer sehen sich völlig zu Unrecht an den Pranger gestellt und widersprechen den Vorwürfen vehement. Das mit der rohen Gewalt sei ja „völlig aus der Luft gegriffen“, empört sich Thomas Schäfer. Letztlich habe er sich nur Zugang zu seinem Eigentum verschafft, dieses Recht sei ihm per Urteil vom 26. Juni vom Amtsgericht Groß-Gerau zugesprochen worden, betont er und zeigt auf das Schreiben mit dem Aktenzeichen 66C104/ 12(21).
Den Mietern wirft Schäfer vor, die Bauarbeiten absichtlich zu behindern. Allen habe er ordnungsgemäß gekündigt und lange im Voraus auf die geplante Sanierung hingewiesen, selbst um Ersatzwohnung habe er sich gekümmert. Ein „blöder Formfehler“ sei ihm beim Anschreiben an Frau Lenk unterlaufen, statt Lenk habe er Klenk geschrieben, das habe jetzt die Frist nochmal um drei Monate hinaus gezögert.
Aus seiner Sicht sei das aber kein Grund nun die Arbeiten zu verhindern und den Zeitplan völlig durcheinander zu bringen. Da er, erzählt Schäfer, per gerichtlicher Verfügung nicht in die Wohnung durfte, habe er alles Notwendige von außen machen lassen. „Die Fenster stehen im Hof, einbauen dürfen wir sie aber erst im Oktober“. Bis dahin sei es jedoch kalt, „das ist doch Wahnsinn“.
Die Stromausfälle hingen mit dem maroden, zweiadrigen Leitungssystem zusammen. Warmes Wasser sei da, aber die Umlaufleitung habe man aufgrund des maroden Leitungssystems und der Umbauarbeiten abgeklemmt. Es stehe aber immer noch ein kleines Rohr für die Warmwassernutzung zur Verfügung, dauere aber, bis es in den entsprechenden Stockwerken sei.
Mit Maden, verklebten Türschlössern und nächtlicher Musik habe er nichts zu tun, außerdem sei er nicht der einzige Leidtragende der Bauverzögerung, gab er zu bedenken. Auch seine Handwerker würden unter der Bauverzögerung leiden. Um aus der verfahrenen Situation herauszukommen, könnte sich Birgit Schäfer eine Art Mediation vorstellen, um wieder miteinander ins Gespräch zu kommen.
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