In Wien wird vor allem gestorben

Ludwig Riederer und Alex Zimmer präsentierten in den Burglichtspielen „Wiener G‘schichten 2.0“

Der eine begleitet musikalisch, was der andere rezitiert: Alex Zimmer am Keyboard und Ludwig Riederer boten in den Burglichtspielen die Version 2.0 der „Wiener G‘schichten“.
(gus/Fotos: Steinacker)
 

GUSTAVSBURG (gus) – Sie haben schon eine besondere Form des Humors entwickelt, diese Wiener. Scheinbar harmlos daherkommende Kaffeehausmusik verbreitet manchmal schlicht herzergreifende Liebesbotschaften, wie es Hermann Leopoldi schon in den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunderts erfolgreich darbot. Gerne verderben die Wiener Künstler ihre Botschaften jedoch durch einen morbiden Charme, jedenfalls, wenn sich ein Georg Kreisler oder auch Georg Danzer literarisch-musikalisch ausdrücken. Der Bischofsheimer Künstler Ludwig Riederer kennt und liebt sie alle, diese kruden Wiener Lieder, und bastelte das Programm „Wiener G’schichten 2.0“ daraus, das er nun in den Burglichtspielen mit seinem Kompagnon Alex Zimmer vor gut gefüllten Reihen im Gustavsburger Kinosaal zum Besten gab.

„Wie schön wäre Wien ohne Wiener“, sang einst Georg Kreisler, der sich konsequenterweise zeitlebens dagegen verwahrte, als „Wiener“ bezeichnet zu werden – und 2011 ebenso konsequent als amerikanischer Staatsbürger in Salzburg starb. Sein musikalisches Erbe ist vielfältig, aber in Erinnerung bleibt vor allem, wie viele Frauen er in einem einzigen Lied um die Ecke brachte. „Der „Bidla-Buh“ schildert es lakonisch. „Adelheid warf ich in die Donau, gleich nach Dürrenstein, niemand hat‘s gesehen, und auch sie wird mir verzeih‘n, denn grad bei Dürrenstein ist die Donau doch so wunderschön“, singt Riederer nach Kreisler – das klingt frauenfeindlich, ist aber vornehmlich ein Akt seelischer Befreiung. Auch Danzer ist in der „Moritat vom Frauenmörder Wurm“ explizit gemein zum weiblichen Geschlecht, allerdings wird hier fachgerecht von Frauenhand gemordet, wie sich im Laufe des Liedes herausstellt.

Und selbst der so unschuldig wirkende Reinhard Fendrich hat es drauf, sein „Damenkränzchen Tarantula“ verbreitet als Witwentreff jede Menge Geschichten, wie die lästigen Gatten aus dem Weg geräumt werden könnten – ein Frauenschwarm eben, dieser Fendrich. Eher ungeschickt der Liebhaber Schurli, der auf der Suche nach einem „Geburtstagsgeschenk“ für seine Angebetene den Tipp befolgt „Schick Dich doch selber Deiner Freundin in an Packerl“. Nur dass diese das Packerl partout nicht aufkriegt und die Hacke wählt – „das war das Ende von meinem Freund, dem Schurli-Bua“, bedauert Ludwig Hirsch.

Aber in Wien wird nicht nur gemeuchelt, die Wiener wissen auch ganz harmlos zu leben. Riederer zelebriert so den „Uhudler-Dudler“, in dem Roland Neuwirth einem durstigen Außerirdischen, der mitten in Wien seinem Ufo entsteigt, das komplette Angebot der Wiener Weinwirtschaften nahebringt. Das geht dann weit über das burgenländische Erzeugnis hinaus.

Wein, Weib und Gesang – letztlich eine Traumwelt für echte Männer, die die Wiener aufbauen und die von Riederer/Zimmer in ihrem Programm eineinhalb Stunden lang zelebriert wird. Deprimiert, dem Tode nahe, geht man anschließend als Zuhörer keineswegs nach Hause, wenn man ein bisschen den schwarzen Humor der Wiener versteht, der doch etwas ganz anderes ist als der brave deutsche Kalauer und genau deshalb auch hierzulande viele Freunde hat.
 

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